Rheinische Post Hilden

Ein neues Team, ein paar alte Probleme

Dem deutschen Fußball-Nationalte­am ist der Neustart beim Sieg gegen Holland weitestgeh­end geglückt.

- VON GIANNI COSTA

DÜSSELDORF Es gab an diesem Abend vieles, was zuversicht­lich gemacht hat für die Zukunft der deutschen Fußball-Nationalma­nnschaft. Deutschlan­d siegte zum Auftakt der Qualifikat­ion zur Europameis­terschaft 3:2 gegen die Niederland­e. Etwas glücklich? Vielleicht. Unverdient? Keinesfall­s. Zufällig? Ganz bestimmt nicht. Die erste Halbzeit der DFB-Auswahl in Amsterdam war vermutlich die beste in den vergangene­n Jahren. So druckvoll, so aggressiv in den Zweikämpfe­n. Kleinere Anfälligke­iten in der Defensive konnten spielerisc­h durch die Offensivkr­äfte übertüncht werden. Also alles Friede, Freude, Eierkuchen?

Der Bundestrai­ner jedenfalls verspürte offenbar noch ein wenig Lust an öffentlich­er Reibung, als er auf die Einwechslu­ng des leicht angeschlag­enen Marco Reus in den Schlussmin­uten angesproch­en wurde. „Also die Verantwort­lichen von Borussia Dortmund interessie­ren mich in dem Moment nicht“, sagte Joachim Löw. „Ich glaube, dass es sinnvoll war, Marco nicht von Anfang an zu bringen. Da muss ich den Glauben haben, dass er 90 Minuten durchspiel­en kann. Wenn der Muskel müde wird, kann etwas passieren. Das Risiko wollte ich für mich nicht eingehen. Das Risiko, dass was passiert, wenn er kommt, war nicht so groß.“Immerhin: Reus hat sich in den Augenblick­en seines Schaffens nicht verletzt und obendrein auch noch den Siegtreffe­r für Nico Schulz vorbereite­t. Weshalb die Personalie Reus so brisant ist: Reus war zuletzt in der Bundesliga wegen einer Muskelverl­etzung ausgefalle­n. Der BVB spielt als Tabellenzw­eiter im Fernduell mit dem FC Bayern München um die Meistersch­aft am Samstag gegen Wolfsburg. Eine Woche später kommt es dann in München zum Topspiel gegen die Bayern.

Es gab in diesem Spiel ein paar erwartbare Gewinner. Leroy Sané hat über weite Teile gehalten, was man sich von ihm versproche­n hat. Wenn man ihn an der langen Leine lässt, ist er ein unberechen­barer Quälgeist für jede Hintermann­schaft. Dazu noch Serge Gnabry. Bei Sané deutete sich indes in der Körperspra­che zumindest zart an, dass er für eine Mannschaft auch eine Last sein kann, wenn er abwinkt, weil ein Pass nicht richtig angekommen ist und nicht bei jedem Umschaltsp­iel auch in der Rückwärtsb­ewegung gewillt ist mitzumache­n. Man ist vor allem fasziniert davon, wie durchdacht seine Offensivak­tionen für einen 23-Jährigen sind, gekrönt gegen Holland mit dem Führungstr­effer.

Manuel Neuer hat sich eindrucksv­oll zurückgeme­ldet. Einen Ball hat er in alter Manier herausgefi­scht, bei einem anderen stand er einfach gut. Aber auch sich anschießen lassen, ist durchaus eine Leistung. Die Torhüterpo­sition war nie die Schwachste­lle im deutschen Team – auch wenn Marc-André ter Stegen längst eine Chance verdient gehabt hätte. Deutlich wackliger ist das Gebilde davor. Niklas Süle soll mit 23 Jahren Chef der Defensivab­teilung sein. Man kann ihm nun einzelne Fehler anrechnen, was er braucht, ist vor allem Spielpraxi­s in diesem Umfeld. Die Anlagen sind allemal da, um ihn herum eine rustikale, aber auch spielstark­e Verteidigu­ng zu bauen. Spannend wird sein, wie die junge Mannschaft mit zu erwartende­n Rückschläg­en umgehen wird. Denn erst daraus wird sich die Chance ergeben, wieder eine richtig große Mannschaft zu entwickeln.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Marco Reus jubelt mit seinen Teamkolleg­en über den Sieg gegen die Niederland­e. Reus kam in den Schlussmin­uten und bereitete den Siegtreffe­r vor.
FOTO: IMAGO Marco Reus jubelt mit seinen Teamkolleg­en über den Sieg gegen die Niederland­e. Reus kam in den Schlussmin­uten und bereitete den Siegtreffe­r vor.

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