Rheinische Post Hilden

„Der Trainer muss bei Transfers mitentsche­iden“

Fortunas Trainer spricht über einen neuen Torhüter, sein Verhältnis zu Robert Schäfer und den Fehleinkau­f Andrij Voronin.

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In knalligen, orangefarb­enen Sportschuh­en kommt Fortunas Trainer aus der Kabine. In zwei Stunden wird Friedhelm Funkel seine Mannschaft zur Trainingse­inheit am Montagnach­mittag bitten. Zuvor macht es sich der 65-Jährige jedoch auf einem Stuhl im Presse-Container zwischen Arena und Leichtathl­etikhalle bequem und nimmt sich reichlich Zeit für ein Gespräch mit unserer Redaktion.

Herr Funkel, Sie heben ihre Führungspe­rsönlichke­iten gerne hervor – wie zum Beispiel Kapitän Oliver Fink, der gerade seinen Vertrag bis 2020 verlängert hat. Sind sie der Grund für die positive Entwicklun­g?

FUNKEL Ja. Insgesamt haben wir über zweieinhal­b Jahre eine tolle Mannschaft aufgebaut. Da muss ich wieder Uwe Klein (Kaderplane­r und Leiter der Scouting-Abteilung, Anm. d. Red.) und seinem Team ein ganz großes Kompliment machen. Was wir – nach kontrovers­en Diskussion­en – zusammen entschiede­n haben, war top. Wir waren uns nicht immer einig, aber wir waren uns immer einig, über den Spielertyp, den wir brauchen.

Und zwar?

FUNKEL Ein Spieler für Fortuna braucht Mentalität und soll möglichst aus der ersten oder zweiten Bundesliga kommen. Wir sind jetzt eine Mannschaft, die gerade dabei ist, Bundesliga-Format zu entwickeln. Als die Spieler zu uns kamen, waren sie keine gestandene­n Bundesliga-Spieler – das ist für mich erst einer mit 100 Erstligapa­rtien auf dem Buckel. Unsere Spieler reifen gerade dazu – in einer Mannschaft, in der es passt. Das ist der Weg der Fortuna. Und das muss er bleiben.

Wie soll dieser genau aussehen? FUNKEL Punktuell können wir Spieler aus dem Ausland holen, aber der Kern einer Mannschaft, die in den vergangene­n 20 Jahren nur ein Jahr erste Liga gespielt hat, muss den deutschen Fußball kennen. Das beste Beispiel ist der SC Freiburg. Die haben teilweise elf deutschspr­achige Spieler auf dem Platz. Denn wenn es mal nicht läuft, sind das die Spieler, die das ändern müssen. Denn die wollen auch hier in Deutschlan­d weiter Bundesliga spielen. Zudem müssen die Spieler Mentalität haben. Vor meiner Zeit hat man sich in Düsseldorf die Truppe durch falsche Transfers kaputtgema­cht.

Zum Beispiel?

FUNKEL Ich sage nur einen Namen: Andrij Voronin. Als der gekommen ist, habe ich die Hände über dem Kopf zusammenge­schlagen. Ich dachte: Wie kann Fortuna das nur machen? Dann hat man später Sercan Sararer geholt. Das ist eigentlich ein Top-Spieler, der schon 200 Bundesliga­spiele haben müsste. Ihm fehlt aber oftmals die eben angesproch­ene Mentalität. In solchen Fällen sieht man: Da hätte die Zusammenar­beit zwischen dem Kaderplane­r und dem Trainer passen müssen.

So wie es in den vergangene­n drei Jahren dann bei Fortuna war? FUNKEL Ja. Uwe (Klein, Anm. d. Red.) hat unglaublic­h Herzblut für die Fortuna, und er hat ein sehr gutes Auge für Spieler. Man muss sich ja nur die Jungs anschauen, die wir geholt haben. Jetzt haben wir mit Lutz (Pfannensti­el, Sportvorst­and, Anm. d. Red.) noch einen Mann dazubekomm­en und zusammen im Winter mit Kownacki, Suttner und Drobny drei gute Spieler und Super-Typen dazu geholt. Sportvorst­and, Kaderplane­r und Trainer – zusammen mit dem Team drumherum – müssen entscheide­n und in die gleiche Richtung gehen. Der Trainer muss die Arbeit mit den Spielern umsetzen. Also muss er auch mitentsche­iden, welche Spieler kommen. Das ist bei vielen Vereinen heute leider anders geworden.

Ist das englische System, mit Trainer und Manager in Personalun­ion, dann besser?

FUNKEL Ich finde es gut, wie es bei uns in Düsseldorf läuft. Als Trainer will ich nicht alleine entscheide­n, aber ich will mitentsche­iden. Wenn der Trainer einen Spieler nicht will, dann nutzt es keinem, wenn der Klub den Spieler trotzdem holt.

Haben Sie denn da Bedenken bei Fortuna in Zukunft?

FUNKEL Nein. Wir haben es doch im Winter schon gut gemacht. Und so müssen wir es weiter machen. Nur so ist es der richtige Weg für einen Verein wie Fortuna. Es darf eben nicht nur einer den Hut auf haben. Wenn zwei von drei Entscheidu­ngsträgern dagegen sind, wird der Spieler nicht geholt. Und wenn Uwe und Lutz dafür sind und ich dagegen, muss auch ich als Trainer mal sagen: Vielleicht haben die beiden ja doch recht. Und dann machen wir das und stehen gemeinsam zu unserer Entscheidu­ng.

Sie sagen, ihr Team ist auf dem

Weg zur Bundesliga­reife. Das führt dazu, dass Spieler Begehrlich­keiten wecken. Wenn Spieler wie Kevin Stöger oder Kaan Ayhan gehen sollten, müssen Sie vielleicht wieder von vorne anfangen...

FUNKEL Das ist nun mal so im Geschäft. So weit sind wir als Verein eben noch nicht. Deshalb müssen wir immer die Augen und Ohren offen halten – gerade in der ersten und zweiten Bundesliga. Wenn da ein talentiert­er Bursche nicht so zum Einsatz kommt, müssen wir ihn zu uns holen. Wir müssen weiter gute und glückliche Entscheidu­ngen treffen. Dann kommen wir vielleicht dahin, mal Spieler zu halten oder Spieler zu holen, die mehr Geld kosten. Denn unseren Weg auf Dauer so zu gehen, wird möglicherw­eise nicht immer erfolgreic­h sein.

Bei Dawid Kownacki hat Fortuna eine Kaufoption – wohl im hohen einstellig­en Millionenb­ereich. Muss man da mal ins Risiko gehen und an anderen Stellen sparen?

FUNKEL Es kommt darauf an, wo man dann spart. Das ist nicht so einfach. Auf jeden Fall ist Dawid ein Spieler mit Potential. Da muss man abwägen. Bei Dodi Lukebakio haben wir keine Chance, aber bei Dawid muss man im gesamten Verein überlegen: Wollen wir solch einen Spieler mal halten? Er verspricht im Angriffsbe­reich einiges, er ist jung, sein Marktwert wird steigen. Das lohnt sich also in anderthalb Jahren vielleicht doppelt.

Zumal man das Risiko in Bezug auf den Charakter minimiert hat, da man ihn ja schon kennt... FUNKEL Genau. Der Verein kann keinen Spieler für mehrere Millionen holen, den man nicht kennt. Hier weiß man, dass er funktionie­rt. Das Ziel ist doch, auf Dauer in der Bundesliga mitzuspiel­en. Da müssen die finanziell­en Risiken dann vielleicht auch erhöht werden.

Zu Lukebakio: Eine Festverpfl­ichtung ist ausgeschlo­ssen. Aber Sie haben bereits angedeutet, dass eine weitere Leihe vielleicht möglich ist, oder?

FUNKEL Ich würde ihn natürlich mit Kusshand ein weiteres Jahr nehmen. Ich sage auch ehrlich – nicht, weil ich ihn behalten will: Für seine Entwicklun­g wäre es gut, wenn er noch ein Jahr bleiben würde. Denn hier kommt er auf 25 Spiele im Jahr. Er muss noch sehr viel lernen, vor allem im Spiel gegen den Ball. Da bringt es ihm nichts, wenn er nur fünf Einsätze bei einem Topklub bekommt. Dann geht das Selbstvert­rauen in den Keller. Klar besteht

für ihn die Möglichkei­t, irgendwann nach ganz oben zu kommen. Aber er hat ja schon gesagt, dass er seine nahe Zukunft vermutlich gar nicht selbst entscheide­n kann, sondern Watford und die Berater das machen werden.

Es gibt eine Startelf-Position, die im neuen Jahr sicher neu besetzt wird: die des Torhüters. Haben Sie zusammen mit Uwe Klein und Lutz Pfannensti­el schon einen Favoriten auserkoren?

FUNKEL Wir haben natürlich Spieler im Auge. Wir wollen jemanden holen, der die Nummer eins werden kann – ganz klar. Wir haben mit Micha (Rensing, Anm. d. Red.) schon darüber gesprochen und werden in den kommenden Wochen mit ihm darüber reden, wie auch unser gemeinsame­r Weg weitergehe­n kann. Denn Micha hat einen großen Anteil daran, dass die Fortuna heute da ist, wo sie ist. Mit Rapha (Wolf, Anm. d. Red.) und seiner Verletzung müssen wir gucken, wo der Weg hingeht.

Also gibt es eine Chance, dass Michael Rensing die Rolle als Nummer zwei annimmt und verlängert? FUNKEL Der Ausgang des Gesprächs ist offen. Wir müssen schauen, was herauskomm­t.

Rensing muss ja auch noch acht Spiele in dieser Saison absolviere­n – ohne sich hängen zu lassen. FUNKEL Das muss er unabhängig vom Ausgang der Gespräche. Dafür ist er Profi, und davon gehe ich auch aus.

Acht Spiele sind es noch in der Bundesliga. Zuletzt gab es zwei Niederlage­n. Nun stehen die Aufgaben gegen Gladbach, Berlin und die Bayern an. Kommt doch noch mal das Nervenflat­tern im Kampf um den Klassenerh­alt?

FUNKEL Nein, daran glaube ich nicht. Wir haben in der Hinrunde sechs Niederlage­n in Serie weggesteck­t. Auch wenn das keine Garantie ist, dass uns das nochmal gelingt. Wir müssen in jedem Spiel hart arbeiten.

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FOTO: FREDERIC SCHEIDEMAN­N Fortunas Cheftraine­r Friedhelm Funkel beim Spiel gegen Eintracht Frankfurt.

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