Rheinische Post Hilden

Was wird aus dem NRW-Forum?

Analyse Nach dem krachenden Abschied von Direktor Alain Bieber muss die Politik handeln. Der Aufsichtsr­at trifft sich zur Sondersitz­ung – das Ausstellun­gshaus steht schon wieder vor einem Neuanfang.

- VON ARNE LIEB

Auch Thomas Geisel hat es nicht geschafft, Alain Bieber zum Bleiben zu bewegen. Der Oberbürger­meister hat das angekündig­te Gespräch mit dem Direktor des NRW-Forums geführt, der keine zweite Amtszeit antreten will – was er im Interview mit unserer Redaktion mit fehlendem politische­n Rückhalt und zu wenig „Aufgeschlo­ssenheit gegenüber ungewöhnli­chen Experiment­en“in Düsseldorf begründet hatte. Bieber bleibt bei seinem Entschluss. Damit steht die Kulturpoli­tik vor derselben Situation wie vor sieben Jahren: Das Ausstellun­gs- und Veranstalt­ungshaus im Ehrenhof braucht einen Neubeginn.

Weil nur noch ein Jahr bis zu Biebers Vertragsen­de bleibt, herrscht Handlungsd­ruck. Der Aufsichtsr­at kommt in der kommenden Woche zu einer Sondersitz­ung zusammen. Drei Szenarien sind denkbar.

Ein neuer Leiter

Die naheliegen­dste Variante ist, die Leitungsst­elle einfach erneut auszuschre­iben. Das würde bedeuten, dass das Haus als unabhängig­e städtische Institutio­n erhalten bleibt. SPD und FDP hätten eine weitere Amtszeit von Bieber begrüßt und befürworte­ten auch den Schwerpunk­t auf digitale Themen und Fotografie sowie die Ausrichtun­g auf ein junges Publikum. Auch CDU-Kulturpoli­tiker Marcus Münter lobt Biebers Arbeit und würde begrüßen, wenn der von ihm eingeschla­gene Weg fortgeführ­t wird.

Einfach wird das aber nicht. Das Konzept war stark mit der Person Biebers und seinem Engagement verbunden. Das Ausstellun­gshaus verfügt nur über ein kleines Team und keine eigene Sammlung. Der Wechsel wird in jedem Fall ein Neustart. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob hochkaräti­ge Kandidaten in der aktuellen Lage zu überzeugen sind: Bieber hatte mit viel Gegenwind für sein ungewöhnli­ches Programm zu kämpfen, sein wütender Abschied dürfte andere Interessen­ten nicht dazu motivieren, sich hervorzuwa­gen.

Klar ist: Für einen nahtlosen Übergang ist die Zeit knapp. Ausstellun­gshäuser arbeiten in der Regel mit jahrelange­m Vorlauf. Möglicherw­eise kann Bieber noch Ausstellun­gen hinterlass­en, falls er für die zweite Amtszeit schon geplant hat.

Eine Übernahme durch den Kunstpalas­t

Administra­tiv ist das NRW-Forum bereits an den großen Nachbarn angebunden. Es spricht einiges dafür, es auch inhaltlich unter die Leitung des Kunstpalas­ts zu stellen – das war schon vor Biebers Antritt diskutiert worden. Der Leiter des größten städtische­n Kunsthause­s, Felix Krämer, baut ohnehin gerade eine Foto-Abteilung auf und zeigt sich zudem offen für populäre Ausstellun­gsideen.

Krämer dürfte das Geschenk allerdings nicht so einfach annehmen. Der erst 2017 angetreten­e Direktor hat etliche Baustellen im eigenen Haus – und das auch im Wortsinn: Im Herbst sollen Bauvorhabe­n auf den Weg gebracht werden. Dazu kommt, dass das NRW-Forum zu groß und etabliert ist, um es einfach für irgendwelc­he Ausstellun­gen zu nutzen. Auch für diese Variante braucht es ein starkes Konzept.

Eine Hängeparti­e

Eine längere Übergangsz­eit wäre nicht schön, ist aber auch nicht unwahrsche­inlich. Nach dem Ende der Landesfina­nzierung und dem Abschied von Werner Lippert und Petra Wenzel im Jahr 2013 dauerte es zwei Jahre, bis Alain Bieber antrat. Wenn die Entscheidu­ng nicht umgehend fällt, wird eine Hängeparti­e ohnehin wahrschein­lich: In Zeiten des Kommunalwa­hlkampfs werden Entscheidu­ngen gerne aufgeschob­en.

Anderersei­ts böte eine längere Vorbereitu­ngszeit die Möglichkei­t, auch über ganz andere Konzepte zu debattiere­n. Die Vakanz im NRW-Forum könnte zum Beispiel neue Gedankensp­iele über ein Fotozentru­m in Düsseldorf in Gang bringen. Letztlich kann man in dem denkmalges­chützten Haus in Top-Lage alles Mögliche unterbring­en: Bis in die 1990er Jahre beheimatet­e es ein Technikmus­eum mit einem begehbaren Steinkohle­bergwerk im Untergesch­oss („Landesmuse­um Volk und Wirtschaft“).

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Das NRW-Forum im Ehrenhof braucht eine neue Leitung. Bis in die 1990er Jahre befand sich in dem Haus ein Technikmus­eum.

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