Rheinische Post Hilden

Ab morgen: Widerstand­skämpfer von Husen

- VON LOTHAR SCHRÖDER

Die Memoiren des Münsterane­r Juristen sind eine spannende Lebens- und ein Stück Zeitgeschi­chte.

MÜNSTER Unser neuer Fortsetzun­gsroman – der ab morgen an dieser Stelle erscheint – ist streng genommen kein Roman. Doch die Memoiren von Paulus von Husen (18911971) lesen sich wie ein Roman; und manchmal sogar wie ein Krimi. Was für ein Leben, unvergleic­hlich, mitunter weltgeschi­chtlich und am Ende glücklich!

Dass seine spannende und fürs 20. Jahrhunder­t auch sinnfällig­e Lebensgesc­hichte überhaupt bekannt werden konnte, ist Manfred Lütz zu verdanken. Der bekannte Kölner Psychiater und Bestseller­autor entdeckte im Schrank seines Großonkels dessen Memoiren: 900 Seiten, verstaubt und von der Familie vergessen, doch randvoll mit Lebensund Zeitgeschi­chte. In gekürzter Fassung sind die Erinnerung­en des Paulus von Husen kürzlich erschienen und werden ab morgen auch in unserer Zeitung zu lesen sein.

Wer dieser Paulus von Husen eigentlich gewesen ist? Er war so manches, doch immer war er es durch und durch: ein Münsterane­r aus Heimatlieb­e, ein glaubensfe­ster Katholik, ein Jurist aus Leidenscha­ft, ein Konservati­ver aus Überzeugun­g, ein Monarchist in jungen Jahren. Dieser Paulus von Husen wird ein unglaublic­hes Leben führen, das friedlich beginnt: Als Sohn einer großbürger­lichen Familie kann er in Oxford und Genf studieren, genießt die Sommerfris­che auf Borkum. Der Erste Weltkrieg macht ihn zum Soldaten. Er wird später Landrat, Generalbev­ollmächtig­ter des Prinzen Hohenlohe, Richter am Oberverwal­tungsgeric­ht in Berlin. Wo man ihn hinstellt, macht er seinen Dienst nach bestem Wissen, aber auch Gewissen. In die NSDAP tritt er nicht ein; er bleibt immun gegenüber der Nazi-Ideologie. Es gibt andere Kreise, denen er näher steht. So gehört zum Umfeld des Widerstand­skreises um Claus Schenk Graf von Stauffenbe­rg, Und dass er von der Gestapo nach dem gescheiter­ten Attentat nicht sofort abgeholt und exekutiert wird, bleibt unerklärli­ch. Paulus von Husen wird dennoch später verhaftet, ins KZ Ravensbrüc­k gebracht und im April 1945 vor dem Volksgeric­htshof zum Tode verurteilt. Das Urteil wird nicht mehr vollstreck­t. Auch dieses Glück scheint ihm zur Verpflicht­ung geworden zu sein, am Nachkriegs­deutschlan­d mitzuwirke­n – unter anderem als erster Präsident des NRW-Verfassung­sgerichtsh­ofes. Das alles erzählt Paulus von Husen mit seinem sehr eigenen Sinn für Humor. So erinnert er sich an die Worte des Bischofs Clemens August Graf von Galen kurz vor dem Attentat: „Ich bete auch, dass der Kopf draufbleib­t.“

Info Manfred Lütz/Paulus van Husen: „Als der Wagen nicht kam. Eine wahre Geschichte aus dem Widerstand“. Herder, 384 Seiten, 25 Euro

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