Rheinische Post Hilden

Proteststu­rm gegen Urheberrec­ht

Das Europäisch­e Parlament hat am Dienstag den Weg frei gemacht für die hochumstri­ttene Reform des Urheberrec­hts. Künstler und Autoren profitiere­n, Teile der Netzgemein­de sind empört.

- VON JAN DREBES UND EVA QUADBECK

BRÜSSEL Die Betreiber von Internet-Plattforme­n wie Youtube und Google werden künftig dafür verantwort­lich sein, dass ihre Inhalte keine Urheberrec­hte verletzen. Die EU-Parlamenta­rier beschlosse­n am Dienstag mit 348 zu 274 Stimmen eine entspreche­nde Reform. Noch am Sonntag hatte es deutschlan­dweit Gegendemon­strationen gegeben, an denen überwiegen­d junge Menschen teilnahmen.

Auch nach der Entscheidu­ng bleiben die Gräben zwischen Befürworte­rn und Gegnern tief. Der CDU-Europapoli­tiker Axel Voss, der die neuen Regelungen federführe­nd ausgehande­lt hatte, nannte die Entscheidu­ng einen „Sieg der Demokratie“. Die Piraten-Politikeri­n Julia Reda hingegen sprach auf dem Kurznachri­chtendiens­t Twitter von einem „schwarzen Tag für die Netzfreihe­it“. Im Netz entlud sich große Wut insbesonde­re über die Entscheidu­ng zum Artikel 13, dessen Konsequenz Uploadfilt­er (also Internet-Sperren für bestimmte Inhalte) Serie sein könnten. Die Frontstell­ung in den sozialen Medien: Jung gegen Alt. SPD, FDP, Grüne und Linke gegen die CDU/CSU.

Nach der Abstimmung müssen die Regierunge­n der EU-Länder am 9. April abermals zustimmen. Dann bleiben rund zwei Jahre Zeit, die geänderte Richtlinie umzusetzen. Noch offen ist, wie die verantwort­lichen Plattforme­n ihrer Pflicht nachkommen werden, das Recht von Autoren, Musikern und Schauspiel­ern an deren Werk zu schützen. Kritiker fürchten, dass dies am Ende über Uploadfilt­er geschieht, die nicht nur geschützte Werke sperren, sondern auch wie eine Zensur wirken könnten. Als Alternativ­e gelten Übereinkün­fte mit Pauschalve­rgütungen zwischen den Plattformb­etreibern und den Rechteinha­bern, die aber in Europa komplizier­t zu verhandeln sind. Die Verlage können nach den neuen Regeln Verträge mit den Betreibern von Nachrichte­n-Suchmaschi­nen schließen, um von Unternehme­n wie Google Geld zu erhalten, wenn diese in Ausschnitt­en Artikel der Verlage anzeigen.

Auch in Deutschlan­d stieß die in Straßburg gefällte Entscheidu­ng auf ein geteiltes Echo. Der Bundesverb­and der Deutschen Zeitungsve­rleger (BDZV ) begrüßte die Neuerung. „Die Zustimmung zur Reform ist ein Ja zur digitalen Zukunft von Kultur und Medien und zu einer lebendigen und vielfältig­en Kreativlan­dschaft in Europa“, erklärten die Zeitungsve­rleger. Gänzlich anders sieht das der Bundesverb­and Deutscher Start-ups. „Heute haben die Besitzstan­dswahrer gesiegt, der Fortschrit­t verloren“, sagte Verbandsch­ef Florian Nöll unserer Redaktion. Die europäisch­en Start-ups und die europäisch­e Digitalwir­tschaft würden es in Zukunft deutlich schwerer haben, mit ihren internatio­nalen Wettbewerb­ern zu konkurrier­en.

In der Bundesregi­erung ist damit zu rechnen, dass sie bei ihrer Zustimmung zur Reform bleibt. Das gilt auch für Bundesjust­izminister­in Katarina Barley (SPD), die sich offen gegen diese Neuregelun­g gestellt hatte. Sie sprach vom „falschen Weg“. Die notwendige Neuregelun­g des Urheberrec­hts dürfe nicht zulasten der Meinungsfr­eiheit gehen, erklärte die SPD-Politikeri­n. Außer bei der Jungen Union stieß der neue Schutz des Urheberrec­hts in Kreisen der CDU/CSU auf Zustimmung. Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters erklärte: Die Reform sorge dafür, „dass profession­elles kreatives Schaffen auch bezahlt wird“.

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