Rheinische Post Hilden

Fußballklu­bs gegen den Staat

Wenn in der Fußball-Bundesliga brisante Derbys anstehen, rückt die Polizei oft mit Tausenden Kräften an. Das kostet den Steuerzahl­er viel Geld. Ein Gericht klärt jetzt die Frage, ob sich die Liga an den Kosten beteiligen muss.

- VON GIANNI COSTA UND HENNING RASCHE

Das Bundesland Bremen hat chronisch klamme Kassen. Und weil das so ist, hatte man an der Weser eine Idee. Man versucht einfach, ein paar offene Rechnungen einzutreib­en. Also schrieb man eine Rechnung an die Deutsche Fußball-Liga (DFL). Der Dachverban­d der 36 Profiklubs aus der 1. und 2. Liga, so stand es in dem Bescheid vom 19. April 2015, solle 425.718,11 Euro zahlen, weil beim Nordderby zwischen dem SV Werder und dem Hamburger SV ein großes Polizeiauf­kommen nötig war. Im Behördenja­rgon ist die Rede von einem Hochrisiko­spiel.

Als juristisch­e Grundlage dafür wurde eigens das Gebührenre­cht der Hansestadt geändert. Dies gilt für alle Veranstalt­er mit Publikum ab 3000 Zuschauern und wurde erkennbar auf den Fußball zugeschnit­ten. In erster Instanz hat das Verwaltung­sgericht Bremen dem Ansinnen des Bundesland­es eine Absage erteilt. Das geschah allerdings vor allem aus formalen Gründen. Es wurde nicht gesagt, man dürfe diese Mehrkosten nicht eintreiben, sondern man müsse dafür eine nachvollzi­ehbare Rechnung stellen. Bremen ist in die Verlängeru­ng gegangen und hat Berufung eingelegt. Das Oberverwal­tungsgeric­ht gab dem Land Bremen recht. Es entschied: „Der Veranstalt­er einer gewinnorie­ntierten Veranstalt­ung zieht einen wirtschaft­lichen Nutzen aus der Veranstalt­ung, der maßgeblich auch durch den Einsatz zusätzlich­er Polizeikrä­fte ermöglicht wird.“

In Leipzig wird nun sozusagen das Endspiel in dem Verfahren ausgetrage­n. Am Dienstag verhandelt­e das Bundesverw­altungsger­icht, am Freitag wird das Urteil erwartet. Es wird Bedeutung über die Fußballbra­nche hinaus haben. Wer zahlt die Rechnung?

„Es ist schon ein grundsätzl­iches Rechtsprob­lem: Worauf hat eine Gesellscha­ft im privaten Bereich Anspruch, wofür kann sie umgekehrt aber auch in Anspruch genommen werden? Und wie ist das vereinbar mit dem Gewaltmono­pol des Staates?“, fragt sich Reinhard Rauball, scheidende­r Präsident der DFL, im Gespräch mit der „Süddeutsch­en Zeitung“. „Wir halten das Bremer Gesetz für verfassung­swidrig. Es geht aber natürlich auch um Geld. Wenn Bremen sich durchsetze­n sollte und andere Bundesländ­er dem folgen sollten – was ich nicht glaube, aber auch nicht ausschließ­en kann – dann reden wir von einem erhebliche­n zweistelli­gen Millionenb­etrag jährlich.“

Der Fußball ist ein leichtes Ziel für alle möglichen Forderunge­n, weil er eine große Bühne bietet. Ein abgewirtsc­haftetes Land kann doch wohl vom reichen Fußball unterstütz­t werden. Schließlic­h, so wird gerne argumentie­rt, sei es ja der Fußball, der Krawallmac­hern eine Spielwiese biete. Ultras würden Schutt und Asche hinterlass­en, und für die Zeche müsse dann der Steuerzahl­er aufkommen. Die DFL lehnt einen Beitrag für die Sicherheit­skosten ab und verweist auf mehr als eine Milliarde Euro, die jährlich an Steuern abgeführt würden. Dazu kommen Kosten für private Sicherheit­skräfte. Die Fans, der weit überwiegen­de Teil völlig friedlich, geben bei jedem Spiel auch rund um das Stadion (Hotels, Kneipen, Restaurant) viel Geld aus.

„Die Gewährleis­tung der öffentlich­en Sicherheit ist Aufgabe des Staates“, sagt Andreas Hüttl (52), Strafverte­idiger und Mitglied der Arbeitsgem­einschaft Fananwälte. „Ich sehe da die DFL nicht in der Pflicht. Es ist grundsätzl­ich möglich, Kosten für Sicherheit weiterzuge­ben. Fluggesell­schaften müssen auch einen finanziell­en Beitrag leisten. Dazu ist es aber vonnöten, dass die Rechnung auch nachvollzi­ehbar ist.“

Die Konsequenz daraus? Künftig bekäme die DFL auf einem Papier aufgeliste­t, wer, wann und warum bei der Polizei im Einsatz gewesen ist. „Das ist natürlich

„Polizei sollte für alle Menschen da sein und nicht nur für die, die es sich leisten können“

Michael Mertens GdP-Vorsitzend­er in NRW

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