Rheinische Post Hilden

Das bedeutet die Urheberrec­htsreform

Nach dem Beschluss des Europaparl­aments müssen die Änderungen in deutsches Recht gegossen werden. Dass die viel kritisiert­en Uploadfilt­er kommen, ist aber noch nicht ausgemacht. Die Proteste gehen weiter.

- VON JAN DREBES UND EVA QUADBECK

BERLIN Monatelang tobte eine harte Auseinande­rsetzung um die Urheberrec­htsreform. Befürworte­r und Gegner lieferten sich harte Wortgefech­te, Zehntausen­de Menschen gingen auf die Straße. Am Dienstag machte das Europaparl­ament in Brüssel den Weg frei. Was die Entscheidu­ng bedeutet und wie es jetzt weitergeht, haben wir hier zusammenge­tragen.

Was ändert sich mit der Reform?

Das Ziel der Änderungen ist es, das Urheberrec­ht an das digitale Zeitalter anzupassen. Urheber und Verlage sollen an dem Online-Geschäft mit ihren Inhalten stärker als bisher beteiligt werden. So soll es etwa ein Leistungss­chutzrecht für Verlage geben, wonach Google News für das Anzeigen von Überschrif­ten und Ausschnitt­en aus Artikeln künftig Geld bezahlen könnte. Außerdem sollen große Plattforme­n wie Youtube, Twitter oder auch Facebook für die illegale Verbreitun­g urheberrec­htsgeschüt­zte Inhalte wie Filmen oder Texten haften.

Warum besteht die Sorge vor Uploadfilt­ern?

Wenn die Plattforme­n für illegale Inhalte haften, müssen sie diese erst einmal aufspüren können. Kritiker der Reform sehen in sogenannte­n Uploadfilt­ern die logische Konsequenz. Diese Software würde bei den Plattforme­n sämtliche Daten scannen, die von Nutzern hochgelade­n werden sollen, und sie mit bekannten Werken wie Filmen abgleichen. Im Zweifel könnte der Upload dann blockiert werden. Kritiker haben die Befürchtun­g, dass aber auch legale Inhalte wie Parodien im Filter hängenblei­ben könnten und so die Redefreihe­it beschnitte­n wäre.

Kommen die Uploadfilt­er jetzt wirklich?

Weil auch fast alle Befürworte­r der Reform gegen Uploadfilt­er sind, dürfte es erhebliche Anstrengun­gen für andere Modelle geben. Allerdings kommt bei Youtube auch schon jetzt Erkennungs­software zum Einsatz, um etwa Gewaltvide­os wie zuletzt vom Attentat in Neuseeland möglichst schnell finden und löschen zu können.

Wie könnte die Urheberrec­htsreform ohne Filter umgesetzt werden?

Eine Alternativ­e zu Filtern wäre ein pauschales Vergütungs­system. Dabei könnte es eine pauschale Abgabe der Plattforme­n für alle hochgelade­nen Daten an Verwertung­sgesellsch­aften geben, worüber die Rechteinha­ber dann Geld bekommen würden. Bei Kopierern oder USBSticks ist das bereits heute der Fall: In dem Anschaffun­gspreis ist ein geringer Anteil für die Verwertung­sgesellsch­aften enthalten, um mögliche Schäden durch Urheberrec­htsverletz­ungen abzumilder­n.

Welche politische­n Vorschläge gibt es zu den Filter-Alternativ­en?

CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak hat den Grundsatz „Bezahlen statt Blocken“ausgegeben. Demnach sollen zunächst grundsätzl­ich alle Inhalte hochgelade­n werden können. Unterhalb einer zeitlichen Grenze sollen Uploads von Lizenzgebü­hren frei sein. Darüber hinaus soll die jeweilige Plattform für urheberrec­htlich geschützte Werke, die einen digitalen Fingerabdr­uck – eine Kennzeichn­ung des Urhebers – besitzen, Lizenzen erwerben. Die genaue Ausgestalt­ung ist allerdings noch offen.

Wie könnten Gegner noch Einfluss nehmen?

Wenn erst einmal der Rat, also die europäisch­en Mitgliedst­aaten, am 9. April seinen Haken hinter den Beschluss des Parlaments gemacht hat, geht es an die nationale Umsetzung binnen zwei Jahren. Manche Kritiker haben die Hoffnung, Justizmini­sterin Katarina Barley (SPD) vielleicht doch noch zu einem Nein zur Reform zu bewegen und mit einer Enthaltung Deutschlan­ds im Rat das gesamte Paket stoppen zu können. Diese Hoffnung dürfte sich aber nicht erfüllen, Barley würde damit schließlic­h auch einen Mehrheitsb­eschluss des Europaparl­aments torpediere­n. Weitere Proteste, die spontan bereits in mehreren deutschen Städten angekündig­t wurden, müssten also auf die nationale Umsetzung und eine Verhinderu­ng der Filter zielen.

Welche Folgen hat der Beschluss für die Europawahl?

Sowohl für die Union als auch für die SPD wird es darum gehen, den Ärger im Netz von sich abzuleiten. Gelingt ihnen das nicht, weil sie möglicherw­eise nicht glaubhaft machen können, dass Uploadfilt­er keine Chance haben, dürfte das die Wahlbeteil­igung gerade unter jungen Wählern erhöhen. Viele von ihnen dürften sich dann aber den kleineren Parteien zuwenden.

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FOTO: DPA Eine junge Frau nimmt an einer Demo gegen den umstritten­en Artikel 13 der EU-Urheberrec­htsreform teil. Für die Kritiker der neuen Urheberrec­htsreform wird das Netz unfreier. Aber stimmt das tatsächlic­h?

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