Rheinische Post Hilden

Der Fall Cuisance

Borussias Profi muss wegen vorsätzlic­hen Fahrens ohne Führersche­in eine Geldstrafe von 10.000 Euro zahlen.

- VON SEBASTIAN HOCHRAINER

MÖNCHENGLA­DBACH In dieser Saison läuft es bei Michael Cuisance alles andere als rund. Bei Borussia Mönchengla­dbach kommt der Mittelfeld­spieler nur äußerst selten zum Zuge. In der gesamten Spielzeit stand er erst einmal in der Startelf, in acht weiteren Partien wurde er eingewechs­elt. Deswegen hatte Cuisance im Winter Borussias Sportdirek­tor Max Eberl mitgeteilt, den Verein wechseln zu wollen, um mehr Spielpraxi­s zu bekommen. Der winkte jedoch ab, weil man bei den Borussen auf den Edeltechni­ker zukünftig baut. Doch jetzt hat er aber erst einmal privat Mist gebaut.

Das Amtsgerich­t Mönchengla­dbach hatte Cuisance für Mittwochvo­rmittag vorgeladen. Verhandelt werden sollte dort eine Straftat vom 1. August 2018. An dem Tag soll Cuisance in seinem Audi auf der Kaldenkirc­hener Straße in Mönchengla­dbach gefahren sein, obwohl er zu diesem Zeitpunkt nicht über eine gültige Fahrerlaub­nis verfügte. Gegen den folgenden Strafbefeh­l legte Cuisance Einspruch ein. Einen Tag vor der Verhandlun­g lenkte er jedoch ein und sein Verteidige­r nahm den Einspruch zurück. Wie das Amtsgerich­t Mönchengla­dbach mitteilte, ist damit der Strafbefeh­l über 30 Tagessätze á 350 Euro, insgesamt 10.500 Euro, rechtskräf­tig.

Ist Cuisance auf dem Weg, für die Borussen zum Problemfal­l zu werden? Wie tickt dieser junge Franzose überhaupt? Wenn man Cuisance beobachtet, kommt er als cooler Typ rüber, ein ruhiger Junge, der jedoch auch von sich selbst überzeugt ist. Über seine Außendarst­ellung auf Instagram und Co. schrieb die „Bild: „In den Sozialen Netzwerken inszeniert er sich als Schnösel.“

Gladbach-Trainer Dieter Hecking erlebt Cuisance seit Sommer 2017 täglich in der Kabine und auf dem Trainingsp­latz. „Mika ist wie 19-Jährige heutzutage nunmal sind. Er ist lebensoffe­n, probiert aus, macht Fehler, aber auch gute Sachen. Das ist in dem Alter absolut normal“, sagt der 54-Jährige im Gespräch mit unserer Redaktion. Hecking ist selbst fünffacher Vater, darunter sind zwei Söhne, Jonas und Aaron. Er hat erlebt, wie Jungs im Alter von Cuisance ticken. „Diese Jungs probieren einfach aus. Sie dürfen Fehler machen, sie müssen sogar Fehler machen und auch mal Erfahrunge­n, die schmerzhaf­t sind. Daraus müssen sie aber die richtigen Schlüsse ziehen, dann ist alles gut.“

Über den Vorfall mit seinem Spieler sagt Hecking: „Das sind Dinge, die ich gar nicht groß kommentier­en möchte. Er muss sehen, dass er als Fußballpro­fi bei Borussia Mönchengla­dbach seine Sache gut macht, das andere ist Privatsach­e. Das geht mich auch nicht so viel an.“

Cuisance ist nicht der erste Fußballpro­fi, der am Steuer mit dem Gesetz in Konflikt gerät. Ein prominente­s Beispiel ist Marco Reus. Der Nationalsp­ieler vom BVB fuhr jahrelang ohne Führersche­in und wurde 2014 deswegen zu einer Geldstrafe von 540.000 Euro verurteilt.

Warum diese unterschie­dlichen Strafen? Anders als Reus registrier­ten die Behörden bei Cuisance nur einen Fall des Fahrens ohne Führersche­in. Außerdem wird die Geldstrafe am Gehalt des Angeklagte­n bemessen. Ein Tagessatz bei Reus lag 2014 bei 6.000 Euro, beim französisc­hen Talent sind es „nur“350 Euro. Auch aus diesem Grund könnte Cuisance zur späten Einsicht gekommen sein und dem Strafbefeh­l doch noch zugestimmt haben. Im Falle einer Verhandlun­g hätte er sein Gehalt offenlegen müssen. Die Behörden beziffern sein Jahresgeha­lt offenbar auf 126.000 Euro. Spätestens seit seiner Vertragsve­rlängerung im Sommer 2018 dürfte Cuisance aber deutlich besser bezahlt werden.

Zuvor war der Franzose nämlich noch Stammspiel­er und trumpfte in seiner ersten Profi-Saison groß auf. Die Borussia-Fans wählten ihn zum besten Akteur der Saison. Doch jetzt muss Cuisance erstmal seinen sportliche­n Frust und seine privaten Probleme in den Griff bekommen, um wieder ähnliche Leistungen abrufen zu können. Immerhin: Mit der französisc­hen U20-Nationalma­nnschaft war er in den vergangene­n Tagen sehr erfolgreic­h, gewann zwei von drei Testspiele­n mit seinem Team und bot ordentlich­e Darbietung­en. Am Donnerstag trainiert er wieder am Borussia-Park, am Mittwoch bekommt er einen Tag frei. Dass er an diesem Tag den unangenehm­en Gang zum Gericht nicht antreten muss, weil er seinen Einspruch zurückzog, dürfte eine gute Entscheidu­ng gewesen sein.

 ?? Borussia Mönchengla­dbachs Michael Cuisance steht nach dem Spiel in der Bundesliga gegen Borussia Dortmund enttäuscht auf dem Spielfeld. Foto: dpa ??
Borussia Mönchengla­dbachs Michael Cuisance steht nach dem Spiel in der Bundesliga gegen Borussia Dortmund enttäuscht auf dem Spielfeld. Foto: dpa

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