Rheinische Post Hilden

Haaner Jazz-Cafe swingt leichtfüßi­g in den Abend

- VON JÖRG KLEMENZ

Die CC All Stars Big Band um lud zum renommiert­en Jazz-Cafe ins Haaner Forum ein: Zu hören gab es neben einigen Swingklass­ikern auch frisch Arrangiert­es aus der Wundertüte. Die Skepsis konnte draußen Platz nehmen.

Man nehme eine semiprofes­sionelle Big Band samt schlaksig daherkomme­ndem und sarkastisc­h anmutendem Bandleader, einen bis in die letzte Reihe streng aufmerksam gefüllten Gemeindesa­al und einen köstlichen Apfelstreu­selkuchen, der von schelmisch grinsenden Heranwachs­enden serviert wird, und fertig ist die 26. Ausgabe des Haaner Jazz-Cafe.

Was fehlt: Ohropax. Denn die ersten drei Publikumsr­eihen des Forums werden kurz nach 16 Uhr von dem unbarmherz­ig monströsen Sound der CC All Stars Big Band förmlich weggepuste­t, „One for the money“schlägt ein wie eine Bombe in das katholisch­e Herz Haans.

Die darauffolg­enden Minuten sind von enorm musikalisc­her Vielfalt geprägt, die Setlist der beliebten

Oliver Richters

Haaner Swingband ist gut durchdacht; Skepsis von Seiten der erfahrenen Zuhörersch­aft sei angebracht, so Oliver Richters – Kopf und Pianist der Swinger – aber sie werde im Verlaufe des Nachmittag­s schon verschwind­en, verspricht der schüchtern­e Herr hinter den Tasten offensiv.

Die fette Katze („Fat cat“) jedenfalls, die dann zum Erstaunen aller samtpfotig und hochnäsig das Parkett betritt, lässt keinen Platz für andere Schmusekät­zchen: Die Gitarre zupft an den Kleidern, das Schlagzeug schleicht um die Füße, eine Posaune zieht an den Haaren – was erwartet man auch schon von einer Katze, die seit nunmehr 28 Jahren im Proberaum der Band ein kümmerlich­es und einsames Dasein gefristet hat…bis heute. Und so schleicht sie sich schleppend im Rhythmus des Shuffle davon und bemerkt in ihrer Selbstverl­iebtheit nicht den „Black bird“, der zwischenze­itlich in den Saal hereinschw­irrt. Leichtflüg­elig hebt Richters Piano ab, die Balance zwischen Himmel und Erde zu finden ist gar nicht so einfach, die Becken ohne Befestigun­gsklammern singen ein eigenes Lied. Dass die Beatles swingen können, ahnten zu Beginn des Konzertes wohl nur wenige.

Alte Bekannte wie „I’ve got you under my skin“oder „New York, New York“konnten das schon immer, die All Stars wagen mit „September“von Earth, Wind and Fire sogar einen Swing light Ausritt in die Gefilde des Binären und kommen damit gut an beim jazzverlie­bten Publikum. Sogar die Entdeckung einer neuen Langsamkei­t mit „I remember Clifford“- eine Kompositio­n des Tenorsaxop­honisten Benny Golson zu Ehren des durch einen Autounfall tödlich verunglück­ten US-amerikanis­chen Jazztrompe­ters Clifford Brown meistert Andreas Illgner (trp) bravourös.

Am Ende dieses 26. Haaner Jazz-Cafes bleibt zurück ein durch die verswingte Flora, Fauna und Urbanität geführtes Publikum – glücklich und satt – und die Erkenntnis: „You can[‘t] treat me that way“next year again.

 ?? RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN ?? Die Bläser-Reihen der CC All Stars Big Band versorgte die Zuhörer-Ohren im Forum St. Chrysanthu­s und Daria mit einem gewaltigen Klang.
RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Die Bläser-Reihen der CC All Stars Big Band versorgte die Zuhörer-Ohren im Forum St. Chrysanthu­s und Daria mit einem gewaltigen Klang.

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