„Mein Mann kann das nicht“
Mit Handwerkerkursen speziell für Frauen wollen Baumärkte wie die Bauhaus-Kette eine neue Zielgruppe als Kunden erschließen. Die Angebote reichen vom Bau eines Insektenhotels über richtiges Dübeln bis zum Fliesenlegen.
WUPPERTAL Ran an die Bohrmaschinen! Das lassen sich die Teilnehmerinnen der „Women’s Night“in Wuppertal-Barmen nicht zweimal sagen und greifen zum Gerät. Jetzt wird eifrig gebohrt und geschraubt, nach dem Motto: Selbst ist die Frau. Schließlich sollen viele Bienen und Hummeln sich in den Löchern des nun entstehenden „Insektenhotels“aus Holz und Stein wohlfühlen. Eine solche Insektenunterkunft zu bauen ist eines von rund zehn Angeboten speziell für Frauen, die an diesem Abend ihre handwerklichen Fähigkeiten testen oder ausbauen wollen. Regelmäßig veranstaltet die Baumarkt-Kette Bauhaus wie auch andere Baumärkte solche „Women’s Nights“, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Allein nach Wuppertal-Barmen kamen an diesem Abend 300 Frauen.
„Ein Insektenhotel zu bauen war der beliebteste Kurs und deshalb ganz schnell ausgebucht“, sagt Astrid Wolff, die die Veranstaltungen für Bauhaus in ganz NRW organisiert. Ansonsten können Frauen, „die sich trauen“, wie der Untertitel der Veranstaltung besagt, Kurse etwa zum Fliesenverlegen, zur Sanitärinstallation oder dem richtigen Wändestreichen belegen oder lernen, mit verschiedenen Holzwerkzeugen umzugehen, alte Möbelstücke zu renovieren oder ein Feuer im Haushalt zu löschen. Dafür ist die Freiwillige Feuerwehr Wuppertal vor Ort und treibt die schwache Männerquote an diesem Abend leicht nach oben.
Manche Frauen sind mit der besten Freundin da, viele auch allein. Die Altersstufen sind komplett gemischt – von der Studentin bis zur Rentnerin. Nach einem kurzen Warm-up mit Musik durch eine Moderatorin – „Fühlt ihr euch gut?! Ihr dürft euch ruhig mal selbst applaudieren“– folgen die Teilnehmerinnen, sortiert nach Aufgabe, den Baumarkt-Mitarbeitern in die jeweilige Abteilung.
Die 40 Frauen, die ein Insektenhotel bauen wollen, verteilen sich an gegenüber aufgereihten Biertischen. Das Material ist bereits zugeschnitten und muss „nur“zusammengeschraubt werden. Hedwig Flüg ist begeistert vom Akkuschrauber: „Wenn man bedenkt, was man früher alles mit der Hand geschraubt hat.“Ruckzuck hat sie das äußere Gehäuse fertig. Andere Frauen starten mit dem Löcher-Bohren ins Hartholz: „Immer darauf achten, dass man die Bohrlöcher sauber macht. Dafür das Holz am besten ausklopfen“, rät Michael Nasaroff, der zwischen den Reihen der Biertische hin und her geht und berät. „Bisher ist bei den Frauenabenden nie etwas passiert. Männer dagegen sind häufig Grobmotoriker und bohren einfach darauf los.“
Den meisten Frauen gelingt es gut, direkt mit dem schweren Werkzeug umzugehen. Nur einmal jault ein Bohrer im Stein auf. „Oh, da hat jemand den Bohrer auf Schlag gestellt“, sagt ein Baumarkt-Mitarbeiter. Doch den Schlagbohrer bräuchte man nur, wenn man etwa in Ziegelstein bohrt. Hedwig Flüg ist es gewohnt, zu Hause zu handwerkern. „Mein Mann kann das nicht“, sagt sie. Das hört man an diesem Abend häufig von den Frauen: Dass ihre Männer handwerklich unbegabt seien und sie sich deshalb selbst kümmern müssten.
Astrid Wolff berichtet, dass viele Rentnerinnen kämen, etwa weil ihr Mann gestorben sei. „Wir sehen aber auch immer mehr alleinerziehende junge Mütter, die sich im Baumarkt darüber informieren, wie man etwas selbst macht“, sagt Astrid Wolff. Die „Women’s Night“konzentriere sich auf Themen, die in den Alltag passen. „Wir wollen zeigen, dass das alles nicht so schwer ist, und die Frauen dazu ermuntern, sich etwas zuzutrauen“, ergänzt ihr Mann Markus Wolff, Geschäftsleiter in Wuppertal-Barmen.
In der Pause mit Käsestangen, Sekt und Verlosung wird an den Tischen gefachsimpelt. „Ich habe schon fast alles im Haus selbst gemacht“, sagt Karin Preuß aus Remscheid-Lennep. Sie hat gerade gelernt, wie man ein Waschbecken anschließt – „total easy“, sagt sie. Sie besitze ein altes Haus und müsse sich um vieles selbst kümmern. „Wir können das genauso wie die Männer“, pflichtet ihr Gabi Neubüser bei. Die Wuppertalerin hat schon häufiger Kurse in Baumärkten besucht und traut sich mittlerweile fast alles zu – „außer Autos zu reparieren“. „Die Männer haben uns ja nie rangelassen“, moniert sie. Auch die Väter hätten Handwerkliches immer nur den Söhnen beigebracht. „Wir Mädchen mussten der Mutter im Haushalt helfen“, sagt sie. Viele umstehende Frauen pflichten ihr bei.
Dann geht es in die zweite Runde. Während die eine Gruppe weiter am „Insektenhotel“bastelt, belegen andere einen zweiten Kurs. Etwa „Der richtige Dübel für die richtige Wand“. Dienstleister Lajko Zeljko ist häufig bei solchen Events dabei und berät in Sachen Dübel – „nur Frauen, Männer sind beratungsresistent“, lautet seine Erfahrung. Er gibt den geübten Pädagogen und lässt die Frauen Fragen beantworten: „Wie stelle ich fest, wie hart eine Wand ist?“Ein Loch bohren. „Wie tief muss ich bohren – so tief, wie der Dübel lang ist?“Ruhig etwas tiefer. „Wie finde ich den richtigen Dübel für die richtigen Wand?“In der Dübel-Fibel des einschlägigen Anbieters nachschlagen, die gibt es überall. Der Abend dient zwar nicht dem Verkauf, aber natürlich hofft man, die Damen für das Sortiment des Baumarktes zu interessieren.
Nach der Theorie kommt die Praxis, und da kann frau feststellen, wie leicht es ist, Löcher in die verschiedenen Steintypen zu bohren und den Dübel zu setzen. Auch das Gewicht spielt beim Dübeln eine große Rolle. Also: Immer vorher ermitteln, wie schwer das Regal ist, das an der Wand hängen soll.
Nach der Bekanntschaft mit weiteren Dübel-Typen (Duo-BladeDübel, Fast‘n‘Fix oder HM), deren Unterschiede man sofort wieder vergisst, hat sich das Thema bald erschöpft – und die Frauen sind es ebenso. Das T-Shirt-Geschenk vom Baumarkt tragen sie demnächst mit Stolz: „Hammerbraut“steht darauf.