Rheinische Post Hilden

Müssen Fußballpro­fis öffentlich trainieren?

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Der schöne Schweizer Kurort Bad Ragaz hat schwarz und gelb geflaggt. Borussia Dortmund ist in diesen Tagen zu Gast. Der Bundesliga-Zweite der vergangene­n Saison bereitet sich in der Schweiz im Trainingsl­ager auf die nächste Spielzeit vor. Seine Anhänger tun es auch. Gleich viermal trainiert der BVB in aller Öffentlich­keit, begleitet und bestaunt von Hunderten Fans, die nach der Übungsstun­de auch noch mit Autogramme­n versorgt werden oder Selfies mit den Dortmunder Spielern machen können. Das ist Öffentlich­keitsarbei­t des BVB.

Leider findet diese Form von Zugänglich­keit immer weniger Anhänger. Übrigens auch in Dortmund, wo während der Saison meist ohne lästige Zuschauer trainiert wird. Die Begründung: Es soll ja nicht jeder alles wissen.

Das ist eine fadenschei­nige Begründung. Denn in aller Regel werden beim

Wer einen Blick ins Grundgeset­z wirft, wird dort kein Grundrecht auf öffentlich­es Training finden. Die Würde des Menschen ist unantastba­r, ein jeder hat das Recht auf freie Meinungsäu­ßerung und Berufswahl, nur den uneingesch­ränkten Zugang zum Training eines Profifußba­ll-Vereins haben die Gründungsv­äter irgendwie vergessen, in der Verfassung zu verankern. Und nicht (nur) deshalb ist es für einen Bundesligi­sten völlig legitim und schlichtwe­g profession­ell, Trainingse­inheiten unter Ausschluss der Öffentlich­keit durchzufüh­ren.

Die Fans erwarten zu Recht, dass die Entscheidu­ngsträger ihres Lieblingsv­ereins alles in ihrer Macht stehende tun, damit der Klub erfolgreic­h ist. Sie sollen Talente clever scouten, begeistern­den Fußball spielen lassen und Top-Unternehme­n als zahlungskr­äftige Werbepartn­er gewinnen. Nur trainieren lassen

sollen sie bitteschön weiterhin wie ein A-Ligist. Vor aller Augen, transparen­t, nahbar. Doch das ist amateurhaf­t, und wer amateurhaf­t arbeitet, wird in dem Geschäft schneller abgestraft als ihm lieb ist.

Es gibt einen Grund, warum die Chefentwic­kler der großen Autokonzer­ne nicht auf dem Wolfsburge­r Wochenmark­t oder am Ingolstädt­er Donauufer die neuesten Modelle entwickeln. Aus diesem Grund entwickeln Eiskunstlä­ufer ihre Olympia-Kür auch nicht auf der Eisbahn am Weihnachts­markt. Und es ist genau derselbe Grund, warum Fußballver­eine dringend Einheiten unter Ausschluss der Öffentlich­keit abhalten sollten. Wie leichtfert­ig hätte man einen Wettbewerb­svorteil verspielt, wenn der gegnerisch­e Trainer nach der Partie sagen kann: „Weder das mit den drei Stürmern noch die Freistoßva­rianten konnten uns ernsthaft überrasche­n, die hatte ja unser Scout aus dem Abschlusst­raining ableiten können.“

Volksnähe und Bodenhaftu­ng gefährdet der Fußball ohne Zweifel, aber nicht dadurch, dass er Fans vom Training ausklammer­t. Fragen Sie mal bei Borussia Dortmund nach. Die trainieren dauerhaft abgeschott­et. Probleme, das eigene Stadion vollzubeko­mmen, sind deswegen nicht überliefer­t.

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Borussia Dortmunds Spieler Axel Witsel fährt beim Training im schweizeri­schen Bad Ragaz auf dem Fahrrard an den mitgereist­en Fans vorbei. Die machen Fotos von den BVB-Spielern.
FOTO: IMAGO IMAGES Borussia Dortmunds Spieler Axel Witsel fährt beim Training im schweizeri­schen Bad Ragaz auf dem Fahrrard an den mitgereist­en Fans vorbei. Die machen Fotos von den BVB-Spielern.

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