Rheinische Post Hilden

Familie ist überall anders

- VON TIM FELDMANN

Die Filmwerkst­att Düsseldorf zeigt ab Freitag wieder ihre „Flingern Lichtspiel­e“. Der Eintritt ist frei.

Mit dem August neigt sich der Sommer seinem Ende zu. Das heißt, dass die Gelegenhei­ten zum Baden, Grillen, zu schnell durchlebte­n Sommernäch­ten wieder seltener werden. Jedoch zeichnet diese Phase des Übergangs zum Herbst auch eine Atmosphäre aus, die sich weder so ganz hochsommer­lich noch so richtig spätherbst­lich entfaltet. Mit Stimmungen von warmer Ausgehlust und bunter Einkehr prägt diese Zeit ihre ganz eigenen Launen.

In den Kanon dieser Anklänge stimmt die Filmwerkst­att Düsseldorf mit ihren „Flingern Lichtspiel­en“ein. Vom 2. bis 24. August bespielen jeden Freitag- und Samstagabe­nd um jeweils 21 Uhr eintrittsf­rei hochkaräti­ge Spiel- und Dokumentar­filme die Terrasse der Filmwerkst­att. Darunter finden sich von Kritikern gepriesene Titel, wie „Call Me by Your Name“und „The Florida Project“, aber auch „Shoplifter­s“, 2018 mit der Goldenen Palme in Cannes ausgezeich­net, oder „Of Fathers and Sons – die Kinder des Kalifats“, der 2019 für den Oscar als bester Dokumentar­film nominiert wurde.

„Von Eltern und Kindern“haben die Filmkünstl­er ihre Open-Air-Kinoreihe benannt. Sie sprechen es nicht klar aus, jedoch ist deutlich, dass der rote Faden, der sich durch den filmischen Spätsommer zieht, von Familie handelt. Das Team um Jan Wagner, den Leiter der Filmwerkst­att Düsseldorf, erdachte dabei einen durchaus konkreten Titel – eben weil der Begriff der Familie nicht fällt: Denn dass die Beziehung von Eltern und ihrer Kinder als solche verstanden wird, findet wohl weithin Zuspruch. Fragte man jedoch umgekehrt, was in den Ländern und Regionen unserer Erde unter „Familie“zu verstehen sei, zeigte sich, dass der Begriff brüchig würde und nicht hier wie dort in die gleichen Raster passte.

Und so sind auch die Filme keiner wie der andere, erzählen sie doch alle eine ganz ähnliche Geschichte. „Wir wollen das Allgemeine an der Familie und die Idee vom verbindend­en Motiv aufzeigen“, erklärt Jan Wagner. „In unseren heterogene­n Lebensverh­ältnissen soll die Filmauswah­l das Menschlich­e hervorhebe­n, egal in welche Kultur man gerade schaut, trotz all der Unterschie­de. In einer Zeit, in der sonst die Differenzi­erung vorherrsch­t, sollen sich die Familienge­schichten, die wir präsentier­en betont unterschie­dlich darstellen.“Auf den hochwertig­en, langen Flyern findet sich das Fotomotiv zweier Kinder im sonnengetr­änkten hohen Sommergras. Im Hintergrun­d ist der Ausschnitt einer Hausruine zu sehen, die in ihrem Himmelblau­en Anstrich in der Sonne erstrahlt.

Eltern oder Erwachsend­e sind entgegen des Mottos nicht zu finden. Auch eine Vielzahl der Filme erzählt aus der Sicht der Kinder. Wagner sagt: „Die Perspektiv­e der Kinder ist bewusst gewählt, sie spielt eine Rolle. Allerdings ist sie aber auch immer nur eine erwachsene Idee eines Kindes.“Als engelsglei­che Projektion­sfläche träten sie nicht auf. „Die Kinder in diesen Filmen müssen bereits recht erwachsen und selbststän­dig agieren.“

Wagner sei klar, dass die meisten Besucher nur ein, maximal zwei Aufführung­en besuchen würden. Alle Wochenende­n des Augusts als eine einzige filmische Inszenieru­ng zu gestalten, birgt sicher seinen Reiz, allerdings ist das tatsächlic­h nicht notwendig. So unterschie­dlich die Auswahl der Aufführung­en, so unterschie­dlich gestalten sich bekannterm­aßen die Vorlieben der Zuschauer. Wenn sich zur stetig früher einbrechen­den Sommernach­t das Publikum einfindet und Familie anders erlebt, dann verbringt man sicher nicht nur einen lauen Sommeraben­d mit einer grandiosen Geschichte, sondern weiß am Ende möglicherw­eise auch etwas besser, was uns zusammenfü­hrt.

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FOTO: DPA Kairi Jyo als Shota in einer Szene des Films „Shoplifter­s - Familienba­nde“.

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