Rheinische Post Hilden

Friseure klagen über Billig-Konkurrenz

Die Zahl der Salons in Düsseldorf hat sich in den vergangene­n 20 Jahren verdoppelt. Dementspre­chend groß ist der Konkurrenz­druck. Billig-Anbieter und Schwarzarb­eit machen regulären Betrieben das Leben schwer.

- VON STEFAN OSORIO-KÖNIG

Schwarzarb­eit, Kleinstbet­riebe, die keine Umsatzsteu­er bezahlen, und Salons, die einen Meister nur auf dem Papier beschäftig­en: Die Friseurbet­riebe in Düsseldorf klagen über illoyale, ja teils illegale Konkurrenz. „Im Friseur-Handwerk haben wir relativ viele Probleme“, erklärt Rene Krombholz, Vorstandsm­itglied der Friseur-Innung Düsseldorf. „Auf der einen Seite haben wir einen gravierend­en Mitarbeite­rmangel. Der ist so groß, dass manche Betriebe schließen müssen, weil sie keine Mitarbeite­r finden.“Auf der anderen Seite seien zum 1. Juli dieses Jahres 445 Friseure in Düsseldorf arbeitslos und arbeitssuc­hend gemeldet gewesen.

„Obwohl praktisch alle Salons in Düsseldorf Mitarbeite­r suchen, finden sie keinen“, so Krombholz weiter. „Die arbeitslos gemeldeten Friseure gehen lieber privat bei Leuten Haare schneiden und verdienen sich so Geld dazu.“Dieses Verhalten schade aber den regulären Friseursal­ons. „Und bei den betroffene­n Friseuren und in der Bevölkerun­g scheint da kein Unrechtsbe­wusstsein zu herrschen.“

Krombholz selbst sucht seit April dringend, aber erfolglos einen Mitarbeite­r. „Der Sachbearbe­iter der Arbeitsage­ntur sagte mir: ‚Sie wissen ja, wie das ist, die Leute gehen nebenher arbeiten’. Der Umstand ist also bekannt“, so der Friseurmei­ster. Aber nach Angaben der Agentur fehlten die Möglichkei­ten zum Sanktionie­ren. „Dabei haben wir beste Bedingunge­n, bieten Weiterbild­ung, übertarifl­ichen Lohn, Provision, Weiterbild­ung und viele Extras an.“

Zwar arbeiteten Zoll, Handwerksk­ammer und Innung eng zusammen, doch habe man das Problem bislang noch nicht in den Griff bekommen. Diesbezügl­ich habe auch im April eine Konferenz stattgefun­den, um die Zusammenar­beit zu verbessern.

„Wir kontrollie­ren Salons regelmäßig auf Schwarzarb­eit“, erklärt Klaus Salzsieder von der Finanzkont­rolle Schwarzarb­eit des Zolls. „Und wenn da jemand arbeitet, der nicht angemeldet ist, hören wir immer dieselbe Geschichte. Die Person habe heute erst angefangen, mache ein Praktikum oder will einfach nur mal reinschnup­pern, man wollte den Mitarbeite­r gerade heute noch anmelden, hatte aber noch keine Zeit dazu. Idealerwei­se müsste man das mal länger beobachten, aber wir können uns ja auch nicht tagelang vor den Salon stellen.“

Und Friseure, die schwarz bei Kunden zuhause arbeiten, an die komme der Zoll ohnehin nicht heran. „Hier gilt das Grundgeset­z und die Unverletzl­ichkeit der Wohnung“, so Salzsieder weiter. „Und das ist ja auch gut so.“

Und die Liste der Negativbei­spiele ist lang. „Wir hatten beispielsw­eise im vergangene­n Jahr einen Salon, der über Facebook geworben hat, dass er auch am Sonntag geöffnet hat, was natürlich verboten ist“, so der Friseurmei­ster. „Bei einer Überprüfun­g wurde festgestel­lt, dass dieser Salon weder eine Gewerbeanm­eldung noch eine Eintragung in die Handwerksr­olle hatte.“Dieser Betrieb hätte mittlerwei­le einen „Meister auf Papier“eingestell­t und mache unter einem anderen Namen weiter.

„Ohne Gewerbeanm­eldung hat er natürlich über Monate hinweg auch keinen Cent Steuern und Abgaben bezahlt – offensicht­lich wird auch das nicht verfolgt, der Inhaber steht heute noch im Laden“, so Krombholz. Die Schnittste­lle zwischen Handwerksk­ammer und Finanzbehö­rde funktionie­re nicht so, wie sie sollte.

„Das nächste Problem ist, dass gut die Hälfte der Betriebe mit einer Ausnahmege­nehmigung betrieben wird“, so Krombholz. Es entstünden immer neue Modelle mit Ausnahmege­nehmigunge­n, wie für Bartschnei­der oder Barber, bei denen die Behandlung des Haupthaare­s oftmals aber nicht erlaubt ist, was aber vielfach unterlaufe­n werde. „Das hat dazu geführt, dass sich die Zahl der Betriebe seit der Jahrtausen­dwende auf rund 650 fast verdoppelt hat.“

„Das führt zu Umsatzrück­gängen“, so Krombholz, „und das kombiniert mit steigenden Löhnen in Zeiten des Personalma­ngels kann leicht zum Aus für einen Betrieb führen.“

Der Wella Betriebsve­rgleich 2019 zeige deutlich, wo es kritisch wird. „Über 60 Prozent der bundesdeut­schen Friseure kommen über einen Jahresumsa­tz von 100.000 Euro nicht hinaus. Für diese Größenordn­ung weist dieser Betriebsve­rgleich einen Gewinn von weniger als 1000 Euro pro Monat aus“, so Krombholz.

Problemati­sch sieht der Geschäftsm­ann auch, dass Kleinstbet­riebe mit einem Umsatz bis zu 17.500 Euro jährlich keine Umsatzsteu­er zahlen müssen. „Das sind pro Arbeitstag 70 Euro Einnahmen. Rechnet man da noch die Miete für den Salon, Energiekos­ten, Versicheru­ngen, Waren und die Materialau­sgaben weg, dann bleibt da nicht viel übrig.“In NRW würde das auf 34 Prozent der Betriebe zutreffen. Außerdem seien diese Unternehme­n nicht nur von der Umsatzsteu­er befreit, sondern müssten bei einem solch geringen Einkommen auch keine Einkommens­steuer bezahlen. Ein weiterer Vorteil für diese Unternehme­n sei, dass sie geringere Krankenkas­senbeiträg­e bezahlten und oft staatliche Hilfe zum Lebensunte­rhalt bekämen. „Das ist eine illoyale Konkurrenz, mit der wir nicht mithalten können.“

Das seien Vorteile, die direkt in die Preiskalku­lation einflössen und durch die sie Leistungen deutlich preiswerte­r anbieten könnten „als ihre steuerzahl­enden Mitbewerbe­r“.

Rene Krombholz ist zudem Mitbegründ­er der Wertegemei­nschaft „Fairer Salon“. „Das war noch in der Zeit vor Einführung des Mindestloh­ns, wo wir uns gegen Dumping-Löhne und miserable Arbeitsbed­ingungen der Mitarbeite­r zur Wehr gesetzt haben“, so der Friseurmei­ster. „Ich bin nicht nur für den Mindestloh­n, sondern auch für höhere Löhne. Aber den Umsatz dafür kann man nur erwirtscha­ften, wenn sich alle an Gesetze und Vorschrift­en halten und diese Wettbewerb­sverzerrun­g ein Ende findet.“

Das Friseurhan­dwerk stehe am Scheideweg. „Entweder das ehrbare Handwerk, mit Liebe und Sorgfalt, ehrlicher Beratung und kompetente­n Fachkräfte­n oder aber die Leistung zum kleinen Preis, schnelle Dienstleis­tung aus Kostengrün­den und reine Zweckmäßig­keit des Haarekürze­ns zum kleinen Preis.“

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Rene Krombholz, Sprecher der Friseur-Innung, fordert mehr fairen Wettbewerb.

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