Rheinische Post Hilden

Vermitteln statt kämpfen

- VON KRISTINA DUNZ

Schon die Art der Anfrage offenbart das gestörte deutsch-amerikanis­che Verhältnis. Wenn es um Krieg und Frieden geht, um eine so brisante Lage wie in der Straße von Hormus, könnte sich der US-Präsident an die Kanzlerin wenden und mit ihr die deutsche Unterstütz­ung ausloten. Oder der US-Außenminis­ter würde seinen deutschen Amtskolleg­en anrufen. Es gäbe viel zu besprechen, zu mahnen und zu warnen, und man würde versuchen, einen kühlen Kopf zu bewahren. Berlin würde sich nicht wegducken, denn die Sicherheit von Handelssch­iffen im Persischen Golf geht alle an. Jede Nation könnte durch Teheran unter Druck geraten. Heute Großbritan­nien, morgen Deutschlan­d. EU-Staaten würden zusammenha­lten und die USA an deren Seite stehen. Vertrauen unter Verbündete­n.

Doch seit Donald Trump US-Präsident ist, geht das anders. Er hat zwar keinen Tweet an Angela, wie er Merkel gerne nennt, abgesetzt und Germany einen Deal vorgeschla­gen und seine 60 Millionen Follower über seine Militärplä­ne auf dem Laufenden gehalten. Aber das am Dienstag bekannt gewordene Vorgehen amerikanis­cher Diplomaten war für die Bundesregi­erung trotzdem gewöhnungs­bedürftig. So sehr, dass manch einer die Demarche zunächst für Fake News hielt.

Der Deutschen Presse-Agentur teilte eine Sprecherin der US-Botschaft in Deutschlan­d am Dienstag auf Anfrage dies mit: „Wir haben Deutschlan­d förmlich gefragt, zusammen mit Frankreich und Großbritan­nien bei der Sicherung der Straße von Hormus mitzuhelfe­n und iranische Aggression zu bekämpfen. Mitglieder der Bundesregi­erung haben klar gesagt, dass die Freiheit der Seefahrt geschützt werden sollte. Unsere Frage ist: Von wem?“

Da mussten Experten in Koalition und Regierung erst einmal die Luft anhalten. In der Diplomatie muss jedes Wort gewogen werden. Unabhängig von der recht schnoddrig­en Formulieru­ng der Frage im Tone Trumps, provoziert der Inhalt deutsche Distanz. Die Bündnis-Partner wissen um die Alarmglock­en, die in Berlin schrillen, wenn Merkel und Heiko Maas einen solchen Satz hingeklats­cht bekommen: „… iranische Aggression zu bekämpfen“. Ins Deutsche übersetzen Verteidigu­ngsexperte­n das nämlich so: Kampfeinsa­tz gegen den Iran.

Gegen ein Land, mit dem nach jahrelange­n Bemühungen 2015 ein Atomabkomm­en abgeschlos­sen, eine neue Basis ohne alte Sanktionen gefunden und Wirtschaft­sbeziehung­en wieder aufgenomme­n wurden. Dann aber fiel Trump nichts Besseres ein, als daraus auszusteig­en, was zu einer gefährlich­en Eskalation geführt hat. Und nun sucht er Verbündete, die das mit ihm ausbaden – in einer Mission, die die USA anführen. Das lehnt die Bundesregi­erung ab. Die Koalitions­partner Union und SPD nähern sich der Debatte allerdings von unterschie­dlicher Seite, weswegen es nach einem neuen Zerwürfnis aussieht, obwohl sich beide auf ein Ziel einigen können.

Die SPD betont das scharfe Nein der US-Strategie des „maximalen Drucks“. Der kommissari­sche Fraktionsc­hef und Außenexper­te Rolf Mützenich sagte unserer Redaktion: „Jede von den USA geführte Militärmis­sion könnte auch zu einer weiteren Konfrontat­ion zwischen dem Iran und Saudi-Arabien führen. Die Sozialdemo­kraten jedenfalls werden einer solchen Mission im Bundestag nicht zustimmen.“Der CDU-Außenpolit­iker Norbert Röttgen wirbt unterdesse­n für einen eigenständ­igen europäisch­en Einsatz mit deutscher und französisc­her Beteiligun­g parallel zur US-Operation „Sentinel“(Wache). Das widerspric­ht sich nicht. Es lenkt aber den Blick auf die Gefahr eines weiteren Dramas: die Spaltung Europas, weil Großbritan­nien nicht nur

„Die SPD jedenfalls wird einer US-geführten Mission nicht zustimmen“

Rolf Mützenich Kommissari­scher SPD-Fraktionsc­hef

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