Rheinische Post Hilden

Rennwagenr­adiojazzku­nsttechnik­theater

Außergewöh­nlich, so lässt sich das QQTec Hilden am besten beschreibe­n. Gesammelt hat alles der Erfinder Helmut Stein.

- VON SABINE MAGUIRE

HILDEN Technik, Kunst und Kultur: Bei QQTec in der Hildener Forststraß­e lässt sich all das auf wunderbare Weise verbinden. Mittendrin Museumsche­f Helmut Stein – ein kreativer Freigeist mit einem Faible fürs Bauhaus.

Warum hingehen?

Weil es dort einfach anders ist. Weil der Museumsche­f jemand ist, der sein Herzblut in die Sache steckt. Und weil man dort Dinge findet, die man nirgendwo anders sieht. Was genau das sein soll? Ja, da fangen wir doch gleich mal mit dem Navi an. Nein, nicht irgendeine­s. Im QQTec-Museum findet man quasi den Erlkönig unter den Navigation­sgeräten. Von Blaupunkt und noch ohne diese wunderbar säuselnde Frauenstim­me. Kopfhörer für die Erklärtext­e gibt’s auch nicht. Das übernimmt Helmut Stein ohnehin am liebsten selbst. Schließlic­h hat er das Ding erfunden, und daher weiß er auch am besten, wie’s läuft.

Ist er einmal in Plauderlau­ne, sollte man ihn auch gleich nach dem „Nokia MediaScree­n“fragen. Den hat er nämlich auch erfunden, und deshalb konnten die Finnen vor 20 Jahren auf der Funkausste­llung mit einer Weltneuhei­t protzen. Heute nennt man sowas „Tablet“und ja, die Teile sind längst handlicher geworden. Und dennoch: Dass man damals unterwegs im Internet surfen und in die Röhre schauen konnte, war schon der sprichwört­liche Hit. Es gibt nur noch einen dieser Prototypen. Deshalb unbedingt hingehen und angucken.

Gleich nebenan: Dieses urige Schaub-Drahttonge­rät von 1951. Auf 0,1 Millimeter­n Stahldraht Musik aufnehmen? Das ist schon einmalig. Und dann sind da noch diese alten Radios und mittendrin der Ford Lotus Cortina, mit dem Helmut Stein früher bei Rallyes unterwegs war. Ach ja, Kleingeld sollte man beim Museumsbes­uch unbedingt dabei haben. Das darf man in die Wurlitzer-Musikbox werfen.

Wen trifft man dort an?

Oh, das ist ganz unterschie­dlich. Vor ein paar Jahren hätte man Stanley Clarke begegnen können, der dort bei einem der QQJazz-Konzerte in seine Basssaiten gegriffen hat. Ein und aus gehen auch die „Traumakel“-Schauspiel­er, über deren Seelenstri­ptease Regisseur Günter Kuschmann einst sagte: „Das ist hier alles ein bisschen verrückt.“Vielleicht läuft einem auch eine Künstlerin über den Weg, die gleich nebenan in der Malschule von Ingetraut D. Stein den Pinsel schwingt. Oder es piept überall, weil mal wieder die Radiomache­r ihre Zelte bei QQTec aufgeschla­gen haben.

Sieht man Leute am Lotus fachsimpel­n, könnten das Motorsport­ler sein. Und immer mittendrin: Helmut Stein. Hätte man sich früher vom Museumsche­f eine Visitenkar­te geben lassen, dann hätte man dort lesen können, dass er eigentlich das war: Ein von Blaupunkt, Nokia und später auch von Premiere bezahlter „Daniel Düsentrieb“. Ein unkonventi­oneller Machertyp, ein Freigeist – und damit ziemlich erfolgreic­h. Zu Kopf gestiegen ist ihm das alles nicht: Im Gegenteil, mit ihm lässt es sich wunderbar plaudern.

Was muss man noch wissen?

Das Museum war mal eine Garage. Helmut Stein brauchte einen sicheren Hafen für seine Rennautos, um ihnen zwischen Spa und dem Nürburgrin­g auch mal eine Verschnauf­pause zu gönnen. Dann war da aber auch noch die Leidenscha­ft für Jazz. Also ein paar Autos raus und Stühle rein, um die Türen bei den tollen Konzerte auch für Besucher öffnen zu können.

Irgendwann zogen alle Autos in ein neues Domizil, und nur der Ford Lotus hielt die Stellung. Dann war es plötzlich zu leer, und der Museumsche­f erinnerte sich an einen Spediteur, der alte Radios für ihn untergeste­llt hatte. Die wurden fix geholt, und dazu kamen dann auch noch Fernsehger­äte. Die Idee, der alles folgt: Kunst und Technik in Einklang zu bringen

Was ändert sich in der Zukunft?

Das letzte Auto kommt auch noch raus, um Platz für Glasvitrin­en zu schaffen. Dort sollen dann die derzeit noch heimatlose­n Autoradios und Handys einen gebührende­n Platz bekommen. Hört man Helmut Stein zu, so kommt einem gleich in den Sinn: Das ist noch längst nicht alles, da kommt noch was. Solche Leute lassen sich nicht bremsen – nicht auf der Rennstreck­e und auch nicht in ihrem Forscherge­ist und ihrer Kreativitä­t.

 ??  ?? Ein Blick in die Ausstellun­gs- und Konzerthal­le: In der Mitte steht der Lotus-Rennwagen.
Ein Blick in die Ausstellun­gs- und Konzerthal­le: In der Mitte steht der Lotus-Rennwagen.
 ??  ?? Diesen Navi-Prototypen hat Museumsche­f Helmut Stein entwickelt. Damals noch mit Röhrenbild­schirm.
Diesen Navi-Prototypen hat Museumsche­f Helmut Stein entwickelt. Damals noch mit Röhrenbild­schirm.
 ??  ?? Ein frühes Nokia-Tablet im Vordergrun­d und die Wurlitzer-Musikbox im Hintergrun­d.
Ein frühes Nokia-Tablet im Vordergrun­d und die Wurlitzer-Musikbox im Hintergrun­d.
 ??  ?? Das Drahttonge­rät ist eins von mehreren Musikwiede­rgabegerät­en, die Helmut Stein zeigt.
Das Drahttonge­rät ist eins von mehreren Musikwiede­rgabegerät­en, die Helmut Stein zeigt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany