Digital oder Demokratie?
Große Konzerne wurden von der Digitalisierung überrollt. Was ist mit Staatssystemen?
Wir reden gerne über Kodak oder Nokia, wenn es um die Folgen der Digitalisierung geht. Diese großen unbeweglichen Konzerne haben viel zu lange an ihre eigene Überlegenheit geglaubt – und waren dann plötzlich weg vom Fenster. Keiner brauchte mehr Kodak-Filme, weil es plötzlich die Digitalkamera gab. Niemand kaufte mehr Nokia-Handys mit Tastatur, weil Smartphones auf den Markt kamen. Aber wer garantiert uns, dass es irgendwann nicht nur Unternehmen, sondern ganze Demokratien trifft? Schon jetzt erleben wir, wie radikal sich der digitale Wandel auf die Politik auswirkt – und wie schwerfällig
und behäbig das über Jahrzehnte gewachsene System darauf reagiert. Beispiel USA: Da kann sich ein Rassist und Frauenfeind ins höchste Amt der Welt twittern, während Russland über Soziale Netzwerke gezielt versuchte, die Wahl zu beeinflussen. Donald Trump ist das Produkt der Sozialen Netzwerke, in denen Emotionen mehr zählen als Fakten. Die Macht, die die Sozialen Netzwerke entwickelt haben, können sie selbst nicht mehr bändigen und macht sie anfällig für Manipulationen. In Deutschland hingegen blockieren verkrustete Strukturen den Fortschritt. Im föderalistischen System gelingt es erst nach Monaten Gelder für ein bisschen bessere digitale Bildung an Schulen freizugeben, während digitale Plattformen wie Amazon, Uber und Co. die Wirtschaft umkrempeln und tariflich geregelte Arbeitsplätze durch digitale Niedriglöhner ersetzen. Ausgerechnet China ist es gelungen, die Internetkonzerne zu bändigen – und sie für ihre eigenen Zwecke einzuspannen, um die Menschen noch stärker zu kontrollieren. Die Demokratie hat schon oft bewiesen, dass sie das langsamere, aber stabilere System ist. Es wäre fatal, wenn ausgerechnet die Digitalisierung uns eines Besseren belehrt.