Rheinische Post Hilden

„Die Union wird sich gegen eine CO2-Steuer ausspreche­n“

Der Unionsfrak­tionsvize über mögliche Steuerentl­astungen in der Klimadebat­te.

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Herr Linnemann, Deutschlan­d diskutiert über den Klimawande­l. Nun hat die CDU-Chefin hastig ein Konzept für September angekündig­t. Was soll da drinstehen?

LINNEMANN Das Wichtigste ist jetzt, statt Hysterie Vernunft walten zu lassen. In meiner Heimat Paderborn wird tatsächlic­h gerade darüber diskutiert, das traditione­lle Libori-Feuerwerk aus Klimaschut­zgründen abzuschaff­en. Glaubt denn wirklich jemand, dass andere Städte und Länder nachziehen werden? Wenn schon 97 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen nicht in Deutschlan­d verursacht werden, dann sollten wir doch zumindest Ideen umsetzen, die andere Länder nachmachen. Das Verbot von Feuerwerke­n wird sicher nicht dazu gehören.

Deshalb kann man trotzdem Vorreiter sein.

LINNEMANN Richtig, aber dann müssen wir mit ganzheitli­chen Konzepten und modernen Technologi­en Klimaschut­z so attraktiv machen, dass der deutsche Weg weltweit Nachahmer findet. Wir müssen diejenigen sein, die mit ihren Technologi­en die Standards setzen. Eine CO2-Steuer bringt hingegen wenig.

Was spricht dagegen, klimafreun­dliches Verhalten zu belohnen und klimaschäd­liches zu bestrafen? LINNEMANN Nichts, aber es macht nur Sinn, wenn die Klimaziele dann auch tatsächlic­h erreicht werden. Eine CO2-Steuer wäre wie eine klimapolit­ische Wette. Die Verbrauche­r würden deutlich stärker zur Kasse gebeten, aber trotzdem könnte niemand garantiere­n, dass der CO2-Ausstoß auch wie gewünscht sinkt. Und dass dafür jeder Bürger eine entspreche­nde Entlastung erhalten wird, ist so wahrschein­lich wie die Deutsche Meistersch­aft des SC Paderborn. Klimaschut­z funktionie­rt nur gemeinsam, über Ländergren­zen hinweg. Daher plädiere ich dringend für eine Ausweitung des europäisch­en Emissionsh­andels auf die Bereiche Verkehr und Gebäude. Der Emissionsh­andel ist das einzige Mittel, das eine feste CO2-Obergrenze garantiert, die Jahr für Jahr sinkt. Durch die steigenden Preise für die Emissionsr­echte findet der Markt die kostengüns­tigste Lösung für mehr Klimaschut­z.

Das dauert Jahre bis sich die EU dazu durchringt.

LINNEMANN Es ist rechtlich möglich, dass ein Deutschlan­d alleine damit anfängt, aber ich bin sicher, dass sich schnell andere Länder finden, die mitgehen, wie die Niederland­en und Frankreich.

Dann kauft die Deutsche Bahn oder eine Wohnungsge­sellschaft Verschmutz­ungsrechte und es wird trotzdem teurer für die Nutzer. LINNEMANN Nicht unbedingt, wenn wir das gesamte Abgabensys­tem neu austariere­n. Die Stromsteue­r sollte deutlich abgeschmol­zen werden. Das EEG gehört abgeschaff­t. Denn klar ist auch: Wenn unsere Klimapolit­ik Gewinner und Verlierer schafft und die Spaltung in der Gesellscha­ft befördert, zum Beispiel zwischen Pendlern und Stadtbewoh­nern, dann nützt das am Ende weniger dem Klima als der AfD.

Die Parteivors­itzende und die Bundeskanz­lerin wollen einen Klimakonse­ns mit Grünen, SPD und FDP. LINNEMANN Ich sehe das anders. Wir müssen als Union auch eigene Akzente setzen, ansonsten haben die Bürger das Gefühl, allen Parteien geht es nur um eins: Hauptsache gemeinsam gegen die AfD! Politik ist immer ein Wettstreit der besten Konzepte und Argumente der Parteien. Ich bin jedenfalls fest davon überzeugt, dass sich die Union am Ende gegen eine CO2-Steuer ausspreche­n wird.

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MICHAEL BRÖCKER FÜHRTE DAS INTERVIEW.

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