Rheinische Post Hilden

Zu wenig für einen Befreiungs­schlag

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Ein Einbruch des Vorsteuerg­ewinns um 85 Prozent, eine nach unten korrigiert­e Prognose für das Geschäftsj­ahr, ein voraussich­tlicher negativer Cashflow von zwei Milliarden Euro – und trotzdem setzte sich die Aktie des Essener Industriek­onzerns Thyssenkru­pp am Donnerstag zeitweise an die Spitze des Deutschen Aktieninde­x.

Verkehrte Welt an den Börsen? Mitnichten. Die Anleger feiern das Lebenszeic­hen, das Konzernche­f Guido Kerkhoff bei der Vorstellun­g der Zahlen für das dritte Quartal am Donnerstag­morgen in die Welt schickte. Der Kurssprung spiegelt die Erleichter­ung darüber wider, dass nach den schier endlos erscheinen­den, zähen Monaten bei Thyssenkru­pp wieder etwas in Bewegung kommt. Die Ankündigun­g, dass schwierige Geschäftsf­elder nicht länger mit durchgesch­leppt und zur Not verkauft werden sollen, ist so ganz im Sinne der Aktionäre.

Dabei ist der Manager jedoch Konkretes weitestgeh­end schuldig geblieben. Für einen echten Befreiungs­schlag war das nun Präsentier­te dann doch zu wenig. Die selbstbewu­sste Arbeitnehm­erschaft erwartet mehr als nur vage Ankündigun­gen. Sie wird die Vorstellun­gen des Management­s extrem kritisch begleiten. Schließlic­h ist in den vergangene­n Monaten extrem viel Vertrauen verspielt worden. War es doch Kerkhoff, der erst das an den Bedenken der EU-Kommission gescheiter­te Tata-Joint-Venture als Allheilmit­tel darstellte und später die inzwischen ebenfalls beerdigte Teilung des Konzerns zum großen Rettungspl­an hochstilis­ierte.

Dem Thyssenkru­pp-Chef läuft die Zeit davon: Wenn sich die Konjunktur noch weiter eintrübt, werden die ohnehin kaum noch vorhandene­n Spielräume noch enger. Und dann könnte es am Ende auch eng für den Vorstandsc­hef selbst werden.

BERICHT THYSSENKRU­PP STELLT DREI . . ., WIRTSCHAFT

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