Düsseldorf verliert Bildhauerin
Hannelore Köhler schuf mütterliche Frauenfiguren. Mit fast 90 ist sie gestorben.
DÜSSELDORF Sie sitzt, die Beine angezogen, die Arme um die Knie geschlungen, und lächelt sacht. Die „Hockende“ist eine jener körperlich-kraftvollen, dabei anmutig sanften Frauenfiguren, die sich still zu amüsieren scheinen und typisch sind für das Werk der Düsseldorfer Künstlerin Hannelore Köhler. Am Evangelischen Krankenhaus in ihrer Heimatstadt beobachtet „Die Hockende“nachdenklich die Welt und schenkt ihrer Umgebung Sammlung und Ruhe. Wie jetzt bekannt wurde, ist Hannelore Köhler, die von ihren Künstler-Freunden „Kügelchen“genannt wurde, in ihrer Wohnung in Düsseldorf gestorben. Sie ist fast 90 Jahre alt geworden.
Köhler wurde 1929 in Heilbronn geboren. Die Familie zog nach Dresden, dort begann die junge Frau 1947 zunächst auch ihr Kunststudium. 1950 wechselte sie an die Kunstakademie nach Düsseldorf, wurde Meisterschülerin von Otto Pankok und zählte zu den Gründungsmitgliedern einer Künstlergruppe, die sich „Neue Realisten“nannte, gemeinsam ausstellte und andere Künstler einlud. Dem Zeitgeist zum Trotz arbeiteten die Vertreter dieser Gruppe realistisch, gegenständlich, ohne in Naturalismus zu verfallen. Auch Köhlers Arbeiten als Malerin wie als Bildhauerin sind abstrakt in ihrer Reduktion, doch beherzt aus dem Leben gegriffen. Kneipenmusiker, Bardamen, Marktfrauen tauchen in ihren Werken auf, Skulpturen schuf sie von namenlosen Frauen, einer Mutter mit Kind, aber auch von eigenwilligen Persönlichkeiten der Kunstszene, wie sie selbst eine war. So gestaltete sie etwa eine Figur der Düsseldorfer Kaffeehausbetreiberin und Förderin moderner Malerei, „Mutter Ey“, die heute im Park am Düsseldorfer Stadtmuseum steht.
An der Kunstakademie lernte Köhler den späteren Literaturnobelpreisträger Günter Grass kennen, der sein Studium ebenfalls in Düsseldorf aufgenommen hatte und im Atelier gelegentlich Lesungen abhielt. Davon konnte Köhler lebendig erzählen. Sie war ja auch eine Sammlerin, die sich mit Ikonen, Kreuzen, afrikanischer Kunst umgab – Dinge bedeuteten ihr viel.
In der Klasse von Otto Pankok traf sie auch ihren späteren Mann Hans-Günther Cremers. Er sei der Extrovertierte gewesen, sie die Introvertierte, hat Köhler mal gesagt, jedenfalls sind ihre Figuren nie laut, mit ihren runden Konturen, ihrer Massigkeit ruhen sie in sich und strahlen doch eine geheimnisvolle Versonnenheit aus. Man möchte wissen, was sie denken – und ahnt es halb. So treten die Figuren in einen heiter-melancholischen Dialog mit ihren Betrachtern und führen ihn nun weiter über den Tod von Hannelore Köhler hinaus.