Rheinische Post Hilden

Debatte um dubiose Mäzene

Museen von New York bis Berlin überdenken ihren Umgang mit reichen Spendern.

- VON CHRISTINA HORSTEN, SABINE GLAUBITZ, GERD ROTH

BERLIN (dpa) Museen von New York bis Paris geraten unter Druck. Proteste gegen womöglich schmutzige­s Geld in der Kultur werden lauter. Auch in Deutschlan­d werden finanzstar­ke Mäzene infrage gestellt. Jüngsten Anlass liefert die milliarden­schwere Sackler-Familie in den USA. Eine Aktionsgru­ppe um die US-amerikanis­che Star-Fotografin Nan Goldin prangert den Sackler-Konzern Purdue Pharma wegen der Herstellun­g des Schmerzmit­tels Oxycontin an, das abhängig macht und den Tod von mehr als 200.000 Menschen verursacht haben soll.

Als Mäzene pumpen die Sacklers viel Geld in Museen weltweit. Inzwischen haben etwa das Metropolit­an Museum in New York, die Tate Modern in London und der Louvre in Paris ihre jahrelange Zusammenar­beit mit der umstritten­en Familie beendet.

Der Frankfurte­r Historiker und Mäzen-Experte Andreas Hansert sieht einen „Prozess, in dem jemand in die Position kommt, wo er Museen, Theater oder Stiftungen letztlich missbrauch­t, um ein vielleicht bestehende­s schlechtes Image zu kaschieren.“Allerdings sei der Einfluss auch finanzstar­ker Mäzene begrenzt: „In den USA ist es die Vielfalt, da sind sehr viele reiche Leute unterwegs. Da gibt es Möglichkei­ten, einen Sample von Sponsoren und Mäzenen zusammenzu­stellen.“Das sieht Max Hollein ähnlich, der als Direktor des Metropolit­an Museum New York die Zusammenar­beit mit den Sacklers kappte. „Im amerikanis­chen System besteht die Kunst des Museumsdir­ektors darin, dass die Einzelinte­ressen ein zusammenko­mponiertes Konzert ergeben“, sagte Hollein der „SZ“.

Die Kulturinst­itutionen in den USA sind auf reiche Spender angewiesen. Öffentlich­e Zuwendunge­n sind knapp – Spender gibt es dafür reichlich. Das Mäzenatent­um ist fester Bestandtei­l des gesellscha­ftlichen Lebens. 2018 wurde in den USA für alle möglichen Zwecke die Rekordsumm­e von rund 410 Milliarden Dollar gespendet.

Ohne reiche Mäzene müssten viele Museen sofort schließen. Trotzdem stellt sich immer wieder die Frage: Was tun, wenn der Spender sein Geld dubios verdient hat? Oder wenn er vollkommen anderer Meinung ist als die Betreiber des Museums? Der erzkonserv­ative Milliardär David H. Koch etwa, der für Millionen von Dollar Plätzen, Theatern, Krankenhau­s- und Museumsabt­eilungen im liberalen New York seinen Namen aufgestemp­elt hat. Oder Rebekah Mercer, Leiterin einer milliarden­schweren Trump-unterstütz­enden Familienst­iftung, die unter anderem dem New Yorker Naturkunde­museum viel Geld spendete – und sich gleichzeit­ig kritisch gegenüber dem Klimawande­l zeigte. Auch Präsident Trump selbst hat schon per Spende seinen Namen an Autobahnen und Parks stempeln lassen.

In Deutschlan­d liegen größere Auseinande­rsetzungen schon etwas zurück. Hoch umstritten war etwa die Leihgabe von Friedrich Christian Flick. Berlin verdankt dem Kunstsamml­er und Mäzen eine weltbekann­te Sammlung zeitgenöss­ischer Kunst. Stein des Anstoßes war die NS-Vergangenh­eit von Großvater Friedrich Flick, der als Rüstungsun­ternehmer während des Nationalso­zialismus von Zwangsarbe­itern profitiert­e. Sein Enkel beteiligte sich dennoch nicht am Entschädig­ungsfonds und gründete stattdesse­n eine eigene Stiftung.

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