Großkreutz trifft seine echte Liebe
In der ersten Runde des DFB-Pokals spielt er mit dem KFC Uerdingen gegen Dortmund.
KREFELD Er wartet seit Wochen auf diesen Tag. Sein Herz hüpft vor Freude, wenn er an das bevorstehende Rendezvous mit seiner großen Liebe denkt – obwohl es die Ex ist. „Für mich ist das ein ganz besonderes Spiel“, sagt Kevin Großkreutz, der nun für den KFC Uerdingen spielt und in der ersten DFB-Pokalrunde (in Düsseldorf) auf Borussia Dortmund trifft. „Ich kann es kaum erwarten. Ich bin seit meiner Kindheit Fan und der BVB wird immer mein Lieblingsverein bleiben.“
Großkreutz lebte sein ganz persönliches Märchen: nicht vom Tellerwäscher zum Millionär, sondern vom Fan zum Weltmeister, Deutschen Meister, Pokalsieger mit dem Lieblingsverein. Doch im Sommer 2015 machte der BVB Schluss. Großkreutz suchte neues Glück in Istanbul, Stuttgart und Darmstadt, ehe er nach Uerdingen kam. Das hat auch den Vorteil, dass er abends zu Hause bei seiner Familie in Dortmund ist, dass er bei seinem Heimatverein VfL Kemminghausen oder in seiner Kneipe „Mit Schmackes“vorbei schauen kann.
Und jetzt trifft er im KFC-Trikot auf seinen Lieblingsverein. „Ein bisschen komisch ist das schon“, gesteht er. Verständlich, schließlich ist schon jetzt klar, dass er mit seinem Freund Marco Reus nach dem Schlusspfiff das Trikot tauschen wird. Aber wird er ihn auch angreifen? Vielleicht sogar foulen? Großkreutz geht zum Angriff über: „Für die 90 Minuten kenne ich keine Freunde. Ich will den BVB ein bisschen ärgern, danach bin ich dann wieder Fan.“
Es darf auch ein bisschen mehr sein, aber nicht zu viel. Bei einem zumindest theoretisch möglichen Elfmeterschießen würde Großkreutz nur ungern antreten. „Ich bin ein schlechter Schütze“, sagt er vorbeugend. Aber so weit wird es auch nicht kommen.
Das Pokalspiel zwischen Uerdingen und Dortmund ist reizvoll, stehen sich doch ein ambitionierter Drittligist und im Supercupgewinner ein Titelkandidat gegenüber. Doch dank Kevin Großkreutz ist die Partie der Knüller dieser ersten Pokalrunde. Grund genug, die Begegnung um 20.45 Uhr live im Fernsehen zu zeigen. Und Sport1, das als erster Privatsender ein Pokalspiel live im Free-TV zeigt, pusht die Partie seit Tagen. „Es ist der Auftakt in einem extrem populären Wettbewerb“, sagt DFB-Vizepräsident Peter Frymuth, der daher auch überhaupt keinen Grund sieht, am Modus oder Endspielort etwas zu ändern. „Es ist die Verbindung zwischen den Großen und Kleinen, die die Strahlkraft des Pokals ausmacht.“
Tatsächlich hat der Pokal nichts von seinem Reiz eingebüßt, obwohl die Überraschungen aufgrund der größer gewordenen Leistungsunterschiede immer seltener werden. „Ich kann mir nicht vorstellen, das Bayern oder der BVB in der ersten Runde patzen“, sagt Stefan Effenberg, der keinen Hehl daraus macht, dass für ihn der Pokalsieg mit Borussia Mönchengladbach 1995 einen höheren Stellenwert hat als der mit Bayern München im Jahr 2000.
Pflichtgemäß warnen die Verantwortlichen in Dortmund davor, den Außenseiter zu unterschätzen. „Die erste Runde kann auch mal ein Stolperstein sein“, sagt Lizenzspieler-Chef Sebastian Kehl. Und Trainer Lucien Favre fordert: „Wir müssen top vorbereitet sein.“
Abschenken wollen die Uerdinger die Partie nicht. „Wir öffnen das Stadion nicht, um Bratwurst zu verkaufen“, sagt KFC-Geschäftsführer Niko Weinhart. „Wir haben Bock auf dieses Spiel, eine gute Mannschaft, wollen die Großen ärgern und für uns Werbung betreiben.“Ob das gelingt? Schließlich ist Dortmund laut Trainer Vogel „nicht eine der besten Mannschaften Deutschlands, sondern Europas.“