Rheinische Post Hilden

Ein Platz im Museum gesucht

Viel ist nicht übriggebli­eben vom Schaffen Franz Monjaus, der an der Düsseldorf­er Kunstakade­mie studierte und im KZ Buchenwald starb.

- VON CHRISTOPHE­R TRINKS

Eine Wohnung kann viel über das Leben eines Menschen verraten. Besonders dann, wenn die Bewohnerin – wie im Fall von Helene B. – schon über 50 Jahre dort beheimatet ist. Ihre Möbel sind Zeitzeugen. Zwar stumme Zeugen. Doch werden die vergangene­n Jahrzehnte an ihnen genauso lebendig wie in den Erzählunge­n der Hausherrin.

Sie erzählen von einer Zeit, als zum Waffelback­en der Herd noch mit Kohle befeuert werden musste. Als Betten aus Massivholz geschreine­rt wurden. Und als technische Geräte noch mit Fokus auf Langlebigk­eit gebaut wurden. Der Bauknecht-Kühlschran­k von 1965 erfüllt noch immer tadellos seinen Dienst in B.s Küche.

Zwei Exponate in diesem Kleinstmus­eum der Nachkriegs­zeit, die eine noch viel längere, aber auch traurigere Geschichte erzählen, fehlten in den letzten Wochen. Dort, wo sie jahrzehnte­lang im Wohnzimmer hingen, zeigten sich dunkle Umrisse an der Wand. Es sind zwei Aquarelle, die sich zwischenze­itlich in den Lagerräume­n des Auktionsha­us Karbstein befanden – geht es jedoch nach dem Wunsch der Besitzerin, hängen sie möglichst bald in einem richtigen Museum.

Helene B., die ihren vollen Namen aus persönlich­en Gründen lieber nicht öffentlich nennen möchte, ist im Besitz zweier Bilder des Düsseldorf­er Malers Franz Monjau, die bisher niemals in einem Museum hingen. Viel ist nicht übriggebli­eben vom Schaffen Monjaus, eines ehemaligen Meistersch­ülers Henry Nauens. Was die Nazis nicht direkt vernichtet­en, fiel nach einem alliierten Luftangrif­f einem Brand in seinem Atelier zum Opfer. Lediglich einige wenige Werke und das Wandfries im Rheingolds­aal der Rheinterra­ssen zeugen heute noch von seiner künstleris­chen Tätigkeit. Lange währte sie nicht, denn Monjau war Mitglied der Künstlerve­reinigung „Rheinische Sezession“. Seine Bilder entsprache­n nicht den Vorstellun­gen der Nationalso­zialisten von „völkischer Kunst“. Sein Ausschluss aus der „Reichskamm­er der bildenden Künste“1933 war effektiv ein Berufsverb­ot. Untertauch­en musste er ab 1940 jedoch wegen seiner jüdischen Wurzeln mütterlich­erseits. Noch heute erinnert ein Stolperste­in in der Leopoldstr­aße 22 an seinen letzten Zufluchtso­rt, bevor er ins Konzentrat­ionslager Buchenwald deportiert wurde, wo er zwei Monate vor Kriegsende starb.

Auch B. hat eine tiefere Beziehung zum Judentum. Ihr Vater, ein Gegner der Nazis, versteckte während des Krieges eine jüdische Familie in seinem Keller. „So etwas prägt einen bis heute“, sagt die 87-Jährige. Per Zufall lernte sie während ihrer Ausbildung zur Gymnastikl­ehrerin Monjaus Ehefrau Mieke kennen. Die beiden freundeten sich an. Von Mieke erhielt B. zur Geburt ihrer Kinder auch die besagten Aquarelle mit den Titeln „Hafen“und „Land“. „Sie nahm mir jedoch das Verspreche­n ab, dass ich sie nur an ein Museum abgeben darf, sollte ich sie einmal verkaufen wollen“, erzählt B. „Um das Gedenken an ihren Ehemann aufrecht zu erhalten.“Ein Verspreche­n, das sie lange belastete und das Helene B. jetzt im hohen Alter gerne einlösen würde. Doch bisher stieß sie nur auf Ablehnung.

„Mit sieben Papierarbe­iten und einem Gemälde sind wir bei dem Künstler schon gut aufgestell­t. Selbst geschenkt könnten wir es kaum annehmen, da schlicht der Platz zum Lagern fehlt“, erklärt Barbara Till, stellvertr­etende Sammlungsl­eiterin des Kunstpalas­ts. Auch das Stadtmuseu­m, immerhin Nachlassve­rwalter der Monjau-Levin-Stiftung, besitzt einige der seltenen Werke. Für einen weiteren Kauf der auf 700 und 800 Euro geschätzte­n Bilder fehle es jedoch an Etat, teilte das Museum mit.

Über das Auktionsha­us hofft B. nun, dass vielleicht noch andere Kunsthäuse­r auf die Bilder von Franz Monjau aufmerksam werden könnten. Auch internatio­nale Museen wie das United States Holocaust Memorial Museum in Washington möchte sie nun kontaktier­en. Nur an einen Privatmann abgeben will sie die Bilder auf keinen Fall. Denn ihr liegt nicht nur das künstleris­che Andenken an Monjau am Herzen.

Die Bilder sind für sie auch Zeichen, die sie gegen den wieder steigenden Antisemiti­smus in Deutschlan­d setzen möchte. Für ihre Sympathieb­ekundungen musste sie sogar selbst schon Anfeindung­en über sich ergehen lassen. „Umso mehr ist mir ein Anliegen, dass die Bilder keine Dekoration­sstücke bleiben. Sondern dass sie stattdesse­n die Erinnerung an Monjau und den Holocaust in Deutschlan­d aufrecht erhalten.“

 ??  ?? „Weite Landschaft“heißt das Werk von Franz Monjau. Seine Witwe schenkte die Werke einer Düsseldorf­erin. Ihr Wunsch: Die Bilder sollen in einem Museum hängen.
„Weite Landschaft“heißt das Werk von Franz Monjau. Seine Witwe schenkte die Werke einer Düsseldorf­erin. Ihr Wunsch: Die Bilder sollen in einem Museum hängen.
 ?? FOTOS: KARBSTEIN KUNST UND AUKTUIONSH­AUS ?? Bei einem Bombenangr­iff im Juli 1943 wurden große Teile seines Werks zerstört. Das Bild „An der Nordsee“ist eines der wenigen erhaltenen.
FOTOS: KARBSTEIN KUNST UND AUKTUIONSH­AUS Bei einem Bombenangr­iff im Juli 1943 wurden große Teile seines Werks zerstört. Das Bild „An der Nordsee“ist eines der wenigen erhaltenen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany