Betrugsvorwürfe gegen General Electric
Der Privatermittler, der das Schneeball-System von Bernie Madoff aufdeckte, will dem US-Mischkonzern Betrugsfälle in Höhe von 38 Milliarden Dollar nachgewiesen haben. Er selbst profitierte finanziell von den Anschuldigungen.
DÜSSELDORF Es klingt nach einem reißerischen Wirtschaftsthriller, doch es handelt sich um einen realen Fall: General Electric (GE) wird von einem möglichen Betrugsskandal erschüttert. Ein privates Ermittler-Team will dem US-Mischkonzern nachgewiesen haben, dass es in der Versicherungsabteilung und dem Beratungsgeschäft für Ölfelder Betrugsfälle mit einem Schaden von bis zu 38 Milliarden Dollar gegeben hat. Die GE-Aktie brach am Donnerstag zwischenzeitlich um mehr als 15 Prozent ein.
Ausgelöst hat alles der Privatermittler Harry Markopolos. Das Brisante daran: Er war es auch, der 1999 öffentlich auf einen anderen Betrugsfall hingewiesen hatte. Er hatte Zahlen eines damaligen Stars am Broker-Markt analysiert und war skeptisch geworden. Der Name des Brokers: Bernard „Bernie“Madoff. Markopolos drängte die US-Börsenaufsicht dazu, Ermittlungen gegen Madoff aufzunehmen. Markopolos vermutete – wie sich später als richtig herausstellen sollte –, dass Madoff mit Renditeversprechen von zehn Prozent ein gigantisches Schneeballsystem aufgebaut hatte. Die Ermittler nahmen Markopolos nicht ernst. Erst knapp zehn Jahre später flog das System Madoff auf. Der Ex-Broker wurde zu 150 Jahren Haft verurteilt. Sein ebenfalls involvierter Bruder nahm sich wenig später das Leben. Der Schaden für Anleger betrug 65 Milliarden Dollar. Es war der größte Betrugsfall der Geschichte.
Nun also GE. Markopolos und seine Mitarbeiter haben einen 170-seitigen Report vorgelegt, mit dem sie ihre Anschuldigungen untermauern wollen. Unter anderem heißt es darin, dass GE seine Rückstellungen in einer Versicherungssparte um 18,5 Milliarden Dollar aufstocken müsste, um nicht in finanzielle Schieflage zu geraten. Weiter spricht er von Unregelmäßigkeiten im Geschäft mit Service für die Öl- und Erdgasindustrie, wo GE nach seiner Auffassung hohe Verluste in den Büchern vernachlässigt hat.
Die Beschuldigten feuerten aus allen Rohren zurück. GE-Chef Lawrence Culp sagte dem TV-Sender CNBC, was Markopolos betreibe, sei nichts anderes als Marktmanipulation. Culp warf dem Privatermittler Falschinformation vor. Die Tatsache, dass er nicht mit GE-Verantwortlichen gesprochen habe, zeige deutlich, dass Markopolos nicht an einer akkuraten Finanzanalyse interessiert sei, sondern einzig daran, die Aktie des Unternehmens auf Talfahrt zu schicken und davon gemeinsam mit seinem Hedgefonds-Partner persönlich zu profitieren.
Markopolos antwortete bei CNBC ausweichend auf die Frage, warum er den Konzern nicht mit seinen Vorwürfen konfrontiert habe. Er habe GE nicht die Chance geben wollen, Akten zu vernichten, sagte er. „Die Öffentlichkeit und die Anteilseigner haben ein Recht darauf, die Wahrheit zu wissen.“
Tatsächlich beruhen die Anschuldigungen einzig auf einer umfangreichen Auswertung frei zugänglicher Veröffentlichungen, wie beispielsweise Geschäftsberichten und Dokumenten für die Aufsichtsbehörden. In dem Papier schreibt Markopolos ganz offen, dass man den Bericht einer „dritten Partei“zur Verfügung gestellt habe und im Gegenzug eine Beteiligung an Profiten erhalten habe, die sich aus dem fallenden Aktienkurs ergeben hätten. Zudem sei der Bericht auch über die Hinweisgeber-Portale der Börsenaufsicht und des US-Justizminitseriums an die Behörden gegangen. Beide ermitteln bereits seit Längerem gegen GE wegen auffälliger Buchungen. In diesem Zusammenhang hat der Konzern jedoch wiederholt beteuert, ein Betrug liege nicht vor.