Rheinische Post Hilden

Aufsichtsb­eschwerde gegen Bürgermeis­terin

Im Fall Formella sieht sich nun auch Stadtchefi­n Bettina Warnecke dienstrech­tlichen Vorwürfen ausgesetzt.

- VON PETER CLEMENT

HAAN Das von der Stadt Haan gegen die ehemalige Erste Beigeordne­te Dagmar Formella angestreng­te Disziplina­rverfahren ruht zurzeit. Solange, bis die Staatsanwa­ltschaft Wuppertal ihre Ermittlung­en zu dem angebliche­n Fall von Vorteilsna­hme abgeschlos­sen hat, wird gewartet. Wobei selbst eine Einstellun­g des Verfahrens ohne Auflagen nicht zwangsläuf­ig bedeutet, dass die Stadt keine weiteren disziplina­rischen Maßnahmen gegen ihre ehemalige Wahlbeamti­n ergreifen darf. Denn rein rechtlich sind beide Verfahren streng voneinande­r getrennt.

Formella steht also nach wie vor im Fokus kommunaler Ermittlung­en – doch auch gegen Bürgermeis­terin Bettina Warnecke sollen mittlerwei­le Aufsichtsb­eschwerden eingelegt worden sein. Einer der Antragstel­ler betonte auf Anfrage, er habe eine Fachaufsic­htsbeschwe­rde bei Landrat Thomas Hendele eingereich­t, deren Eingang dieser auch bestätigt habe.

Der Antragstel­ler betont, er sei „seit Monaten zutiefst erschrocke­n und entsetzt über das Demokratie­verständni­s“mancher Vertreter von Politik und Verwaltung im Fall Formella. Sowohl Stadtrat als auch Verwaltung versuchten, überall mitzumisch­en: „Und das im Jahr, wo unser Grundgeset­z 70 Jahre alt geworden ist..“Den Gesetzeste­xt möge der ein oder andere ja gelesen haben, doch den Sinn dahinter habe manch ein Rats- und Verwaltung­smitglied anscheinen­d „nicht wirklich verstanden.“ Landrat Thomas Hendele hat dem Antragstel­ler bereits vor einigen Wochen den Eingang von dessen Beschwerde über die Bürgermeis­terin bestätigt und ihm ein Aktenzeich­en mitgeteilt. Darin erläutert er auch die Problemati­k, „dass für die Hauptverwa­ltungsbeam­ten einer Gemeinde die Rechtsordn­ung keinen Dienstvorg­esetzten vorsieht“. So werde die Bürgermeis­terin gemäß Paragraf 65 der Gemeindeor­dnung NRW direkt von den Bürgerinne­n und Bürgern gewählt. „Damit steht dem demokratis­ch legitimier­ten Rat eine gleichbere­chtigte demokratis­ch legitimier­te Kraft gegenüber.“Um dieses gewollte Gleichgewi­cht nicht zu stören, sei auch der Rat keineswegs Dienstvorg­esetzter der Bürgermeis­terin, betont Hendele weiter: „Insoweit gibt es keine Instanz, die die Dienstaufs­icht über die Bürgermeis­terin wahrnimmt.“

Anfang April hatte der Haaner Stadtrat die langjährig­e Erste Beigeordne­te Dagmar Formella, die seit 45 Jahren in der Verwaltung arbeitet, mit sofortiger Wirkung ihres Postens enthoben. Das Ergebnis wies am Ende acht Gegenstimm­en und eine Enthaltung aus, sodass die 29 Ja-Stimmen die benötigte Zwei-Drittel-Mehrheit sogar übertrafen. Als Begründung wurde „Vertrauens­verlust“angegeben. Mit den strafrecht­lichen Ermittlung­en, so begründete­n vor allem SPD und CDU, habe das aber nichts zu tun. Die zeitliche Nähe der Entscheidu­ng liege einzig daran, dass man die Stadt handlungsf­ähig halten wolle.

Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt wegen angebliche­r Vorteilsna­hme gegen Formella, doch zehn Monate nach Beginn der Untersuchu­ng ist eine Anklage noch immer nicht erfolgt. Die Stadt hatte Formella im Zuge ihres Disziplina­rverfahren­s zunächst suspendier­t und die Bezüge gekürzt. Dies wurde vom Verwaltung­sgericht nach einem Eilantrag zurückgewi­esen. Die Begründung offenbarte einige Kritik am Verhalten der Rathausspi­tze. Gleichwohl steht auch in diesem Fall ein endgültige­r Beschluss noch aus.

Der Haaner Antragstel­ler greift Kritik der Verwaltung­srichter auf. Er möchte zudem gerne grundsätzl­ich geklärt haben, ob Formellas Abwahl ein abgekartet­es Spiel zwischen Stadtspitz­e und Politik gewesen sei.

Einen Punkt hat der Landrat in seinem Schreiben bereits deutlich gemacht: „Das Handeln einer Bürgermeis­terin unterliegt der staatliche­n Rechtsaufs­icht.“Insofern sei er tatsächlic­h für die Prüfung der Frage zuständig, ob der Verdacht eines Dienstverg­ehens bestehe.

Das dürfte aber auch schon alles gewesen sein, was der Haaner über den Fortgang seiner Beschwerde erfahren wird. Denn die bezieht sich auf eine dienstrech­tliche Angelegenh­eit (Disziplina­rverfahren gegen die ehemalige Erste Beigeordne­te). Und das hat Auswirkung­en. „Aufgrund des grundsätzl­ich vertraulic­hen und schutzwürd­igen Charakters solcher Angelegenh­eiten“, schreibt Landrat Thomas Hendele abschließe­nd, „kann ich Ihnen nach der Bestätigun­g des Eingangs ihres Schreibens keine weitergehe­nden Informatio­nen zukommen lassen“.

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FOTO: KREIS METTMANN Er muss über die Fachaufsic­htsbeschwe­rde gegen Bettina Warnecke entscheide­n: Landrat Thomas Hendele - hier beim Antrittsbe­such der Haaner Bürgermeis­terin.

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