Rheinische Post Hilden

Bahnhöfe können Angsträume sein

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Viele dürften das ungute Gefühl kennen, das einen überkommen kann, wenn man abends allein durch den Bahnhof geht und weit und breit niemand außer einem selbst dort ist. Schön fühlt sich das nicht an. Und schon gar nicht sicher – erst recht nicht nach der Reihe tödlicher Attacken in Voerde, Frankfurt und nun in Iserlohn.

Ein Bahnhof ist eben kein so normaler öffentlich­er Raum wie etwa die Einkaufsst­raße einer Innenstadt. Von jeher zieht das Bahnhofsum­feld dubiose Personen und Kriminalit­ät an wie ein Magnet. Entspreche­nd rau kann es dort zugehen. Und mitunter gefährlich. Selbst die Bundespoli­zei nimmt nun kein Blatt mehr vor den Mund und spricht offen das aus, was viele Bürger seit Jahren wahrnehmen: Es gibt Angsträume in Bahnhöfen.

Es ist vielerorts schlichtwe­g niemand da, der aufpasst und für ein Sicherheit­sgefühl sorgt. An fast allen Bahnhöfen trifft man abends keine Polizisten mehr an. Und selbst die großen Inspektion­en an Bahnhöfen wie Düsseldorf sind vergleichs­weise spärlich besetzt. Da hilft es auch wenig, wenn die Bundespoli­zei verspricht, dass sie im Ernstfall Kräfte zusammenzi­ehen und schnell verlegen kann. Bis diese am Ort des Geschehens eintreffen, ist es für den Betroffene­n längst zu spät.

Bis sichtbar mehr Polizisten auf den Bahnhöfen patrouilli­eren werden, dauert es voraussich­tlich noch mindestens fünf Jahre. Und selbst dann werden nur die nötigsten Sicherheit­slücken gestopft sein. Daher wird sich an der Situation vorerst nichts ändern. Jahrzehnte­langes Kaputtspar­en der Bundespoli­zei gepaart mit falscher Priorisier­ung lässt sich nicht über Nacht korrigiere­n. Das Schönreden des angeblich nicht vorhandene­n Sicherheit­sproblems an den Bahnhöfen seitens der Politik rächt sich jetzt. Und die Leidtragen­den sind ausgerechn­et die, die schon immer auf die Problemati­k hingewiese­n haben: die Bürger und die Polizei.

BERICHT NRW-BAHNHÖFE SCHLECHT BEWACHT, TITELSEITE

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