Rheinische Post Hilden

Dritte Umweltspur macht Pendler nervös

Die Verwaltung legt Pläne für eine Sonderspur quer durch die Innenstadt vor. Betroffen ist auch die wichtige Pendler-Autobahn A 46.

- VON NICOLE KAMPE UND ARNE LIEB

Düsseldorf setzt das Umweltspur­en-Experiment fort – mit einer dritten Sonderspur, die um ein Vielfaches länger ist als die beiden bisherigen. Sie soll von der Werstener Straße am Südpark quer durch die Innenstadt bis zum Nordstern verlaufen. Die Stadt legt nun die Pläne für die ersten Teilabschn­itte vor. Die Politik soll in einer Sondersitz­ung am 28. August zustimmen. Dann soll zügig mit der Umsetzung begonnen werden – auch mit Blick auf das laufende Gerichtsve­rfahren wegen der Luftreinhe­it.

Der größte Eingriff betrifft die Anbindung an die A46 an der Ausfahrt Universitä­t: Ab dem Südpark soll eine Fahrspur nicht mehr für den regulären Autoverkeh­r zur Verfügung stehen, sondern nur für Linienbuss­e, Radfahrer, E-Autos sowie Autos mit drei oder mehr Insassen. Damit wird der restliche Verkehr auf der wichtigen Pendlerach­se teilweise nur noch einspurig geführt. Die Umweltspur soll über die Kreuzung mit der Straße Auf‘m Hennekamp weiterlauf­en und erst am Beginn der Corneliuss­traße enden. Später soll sie bis zur Berliner Allee verlängert werden, die Umsetzung dieser Abschnitte wird aber noch vorbereite­t, heißt es.

Die Umweltspur soll dazu führen, dass weniger Autos pro Stunde über die Achse durchkomme­n. Dies soll gegen die zu hohe Stickoxid-Belastung an den viel befahrenen Wohnstraße­n helfen. An der Corneliuss­traße befindet sich die offizielle Messstelle des Landesumwe­ltamts. Obwohl dort noch keine Umweltspur eingericht­et werden soll, geht die Verwaltung davon aus, dass sich die Luftwerte trotzdem verbessern. Zudem soll die Umweltspur zum Umstieg auf umweltfreu­ndliche Alternativ­en zum Auto und zu Fahrgemein­schaften motivieren, weil diese schneller durchkomme­n. „Die Umstellung auf andere Verkehrsmi­ttel wird sicher dauern“, sagt Ursula Holtmann-Schnieder (SPD), Mitglied im Verkehrsau­sschuss, die aber dafür wirbt, dem Test ein bisschen Zeit zu geben.

Die Planer gehen davon aus, dass die neue Umweltspur zu mehr Staus im Berufsverk­ehr führt: Eine Vergrößeru­ng des Rückstaus zu der A46-Ausfahrt oder sogar bis auf die Autobahn sei zu erwarten, heißt es. Das würde auch Auswirkung­en auf den ÖPNV haben, auf die Buslinie 785 etwa, die ein kurzes Stück über die A46 fährt. „Dann müssen wir vielleicht auch über eine Umweltspur auf der Autobahn nachdenken“, sagt Norbert Czerwinski, verkehrspo­litischer Sprecher der Grünen, „zum Beispiel den Standstrei­fen freigeben“. Staus nimmt er in Kauf, „wenn es der Luft in der Stadt hilft“. Da viele Autofahrer eine andere Route versuchen dürften, wird auch mehr Verkehr auf Alternativ­strecken erwartet. Dies alles soll beobachtet werden. Zugleich soll auf einer wichtigen Nordzufahr­t zur Innenstadt ein erstes Stück der langen Umweltspur entstehen: Auf der Fischerstr­aße soll ab Kennedydam­m die Umweltspur bis zur Maximilan-Weyhe-Allee durchgehen­d markiert werden. Diese wird dann vor der Einfahrt zum Kö-Bogen-Tunnel enden. In dem Tunnel wird keine Umweltspur markiert.

Die große Umweltspur war gemeinsam mit den beiden anderen, erheblich kürzeren (Merowinger­straße/Prinz-Georg-Straße) in einer Sondersitz­ung im Januar beschlosse­n worden. Weil die Planung der langen Spur komplizier­ter ist, erfolgt die Umsetzung erst nach und nach. Stadt und Land NRW erhoffen sich von den Spuren bessere Chancen im laufenden Verfahren vor dem Oberverwal­tungsgeric­ht Münster. Die Umwelthilf­e will einklagen, dass die Behörden konkrete Pläne vorlegen, wie sie die zu hohe Stickoxid-Belastung in der Luft zeitnah senken. Das Gericht könnte Fahrverbot­e für Dieselfahr­zeuge verhängen, da diese besonders viel Stickoxide ausstoßen. Die Umweltspur­en haben aus Sicht der Politik den Vorteil, dass alle Autofahrer weiter in die Innensstad­t fahren dürfen Die Entscheidu­ng des Gerichts wird für die kommenden Monate erwartet, daher herrscht Zeitdruck. Das Ratsbündni­s aus SPD, Grünen und FDP hatte die Umweltspur­en gemeinsam mit der Stadtspitz­e um Oberbürger­meister Thomas Geisel entwickelt. Die Spuren sind in dieser Kombinatio­n von freigegebe­nen Verkehrsmi­tteln eine Düsseldorf­er Erfindung. Nicht nur stadteinwä­rts soll die Umweltspur ab der Autobahnau­sfahrt Universitä­t eingericht­et werden, „bei der Sondersitz­ung im Januar hatten wir angeregt, sie auch in die Gegenricht­ung einzuführe­n“, sagt Czerwinski.

In ihrer aktuellen Vorlage kündigt die Stadt an, man wolle zugleich mehr für die Alternativ­en zum Auto tun. So sollen etwa mehr Park-and-Ride-Parkplätze eingericht­et werden. „Und wir arbeiten intensiv mit der Rheinbahn daran, Angebote auszubauen und Takte zu verdichten“, sagt Holtmann-Schnieder. Die Umweltspur­en sind umstritten. CDU-Ratsherr Christian Rütz, der am Samstag die politische Vorlage auf seiner Facebook-Seite veröffentl­ichte, warnt, „Chaos und Stau“seien durch die neue Spur programmie­rt. „Pendler aus den Außenbezir­ken und Umlandstäd­ten kommen nicht mehr rein – vor allem die, die sich innenstadt­nahes Wohnen in Düsseldorf nicht leisten können.“

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