„Man hört die Kartoffel singen“
Pommes Frites mit Topping – das ist das Konzept von Frittenwerk, das jetzt die zehnte Filiale eröffnet hat.
My Skendo liebt Essen aber bleibt beim Wasser, während wir im Schatten vor der Frittenwerk-Filiale in der Schadowstraße sitzen. Hier hat Frittenwerk seine Büros – und im Keller eine Testküche, wo die neuesten Toppings für die Gerichte ausprobiert werden.
My Skendo, wie schmeckt die perfekte Kartoffel?
Das haben wir uns auch gefragt. Wir wollten eine Kartoffel, die schön kartoffelig schmeckt, die wir auch mit Schale anbieten können. Sie sollte beim Frittieren nicht zu weich werden und nicht an Geschmack verlieren. Richtige Fritten eben. Wir haben dann in Bayern einen Familienbetrieb gefunden, der uns genau so eine Kartoffel anbieten konnte.
My Skendo
Das waren bestimmt interessante Testreihen bis zum Erfolg ...
Skendo Oh, ja. Wir haben viel probiert. Und sogar einen Kurs belegt: Wie frittiert man richtig? Das Geheimnis ist: Man muss die Kartoffel singen hören.
Wie bitte?
Skendo Wenn die Kartoffel gar wird, ändern sich die Bläschen, die im Fett aufsteigen, und damit auch das Geräusch, das die Pommes machen.
Wieso gründet man eine Imbisskette, die auf Pommes spezialisiert ist? Skendo Es fing alles mit der Familie meines Mannes an. Die Eltern betrieben einen typischen deutschen Schnellimbiss in der Henkelstraße, den Meister-Imbiss. Aber irgendwann hat es uns in den Fingern gekitzelt, mal etwas Ungewöhnliches zu wagen. Wir wollten eben nicht die klassische Pommesbude mit Ketchup und Mayo sein, sondern etwas Simples, aber Modernes machen. Das sieht man nicht nur am Essen, sondern auch an den kleinen Gimmicks drumherum. Beispielsweise kriegt jeder Gast bei der Bestellung einen Superhelden-Namen statt einer Nummer zugewiesen.
Ihr serviert auch Poutine – in Deutschland total unbekannt Skendo Ich habe Poutine in Kanada kennengelernt, dort ist es sozusagen das Nationalgericht. Pommes mit Bratensoße und Käse – das isst man dort wie hier bei uns den Döner nach dem Feiern, wenn man Lust auf etwas richtig Deftiges hat. Ich habe immer gedacht: Das ist so lecker – warum gibt es das in Deutschland nicht? Also habe ich zu meiner Familie gesagt: Wie wär’s, wenn wir uns mal damit auseinandersetzen?
Die Keimzelle war dann die Filiale in Bilk, richtig?
Skendo Ja. Wir mussten viel lernen und haben ständig herumexperimentiert. Am Anfang hatten wir auch etwas Angst, uns nur auf Pommes zu fokussieren – aber das Konzept kam gut an. Wir haben dann nach eineinhalb Jahren einen zweiten Standort in der Kölner Innenstadt auf der Ehrenstraße eröffnet. Und damit kam die Sache erst so richtig ins Rollen. Wieso erst dort?
Skendo (lacht) In Bilk waren wir eher ein Geheimtipp. In Köln dagegen gab es schon am ersten Tag eine lange Schlange. Plötzlich kannte man uns in der ganzen Stadt. Jan Böhmermann und Günther Jauch haben uns besucht, der Sternekoch Tim Raue hat im Fernsehen über uns gesprochen. Das hat uns überwältigt.
Ihre Familie ist nach dem Vietnamkrieg nach Deutschland geflüchtet. Sie sind in Düsseldorf und Baesweiler aufgewachsen und haben dort schon als Kind im Asia-Restaurant Ihrer Eltern ausgeholfen. Liegt Ihnen die Gastronomie im Blut?
Skendo Irgendwie schon. Obwohl wir Vietnamesen sind, hatten wir damals lustigerweise ein China-Restaurant, in dem meine Geschwister und ich voll mit anpacken mussten neben der Schule. Durch meine Auslandsstudien und -aufenthalte hatte ich eine Zeit lang etwas Abstand. Essen und Lernen ist in der asiatischen Kultur beides sehr wichtig. Durch die Familie meines Mannes war ich anschließend wieder voll involviert.
Wie funktioniert die Rollenverteilung in der Familie?
Skendo Meine Schwiegereltern sind Gastronomen durch und durch, die bringen eine sehr praktische Perspektive mit – ich muss dann manchmal die Spielverderberin sein, die sagt: Das wird so nicht gehen. Ansonsten lässt jeder seine Stärken einfließen. Mein Mann und sein Bruder als Allrounder, sei es im Design oder in gastronomischen Punkten.
Ein echter Familienbetrieb ... Skendo Ja, bisher haben wir bei allen elf Filialen wirklich noch alles selbst gemacht – von der Planung über die Inneneinrichtung bis zur Programmierung der Kasse. Bei Neueröffnungen stehen meine Schwiegereltern jedes Mal selbst hinter der Theke. Natürlich mit ordentlich Unterstützung von Freunden und Bekannten. Das Frittenwerk funktioniert nur im Kollektiv, wenn jeder mit anpackt.
Gibt es manchmal Streit?
Skendo Kaum. Weil sich jeder von uns in seinem Bereich am besten auskennt und das auch von den anderen weiß. Natürlich muss man manchmal akzeptieren, dass nicht jede Idee umgesetzt werden kann – aber das ist okay. Worauf kommt es Euch bei der Unternehmensführung an?
Skendo Wir wollen nachhaltig wachsen, also keine übereilten Schritte machen. Grundsätzlich ist es ja so, dass trotz elf Frittenwerk-Filialen in Deutschland kaum jemand weiß, was Poutine ist. Das verliert man gerne aus den Augen. Außerdem identifizieren wir uns stark über unsere Mitarbeiter, denn ohne das Team hinter der Theke und in der Küche geht überhaupt nichts. Zur Unternehmensführung gehört für uns auch, auf unsere Gäste zu hören und mit ihren Wünschen und Anregungen zu wachsen. 2019 sind wir an einem Punkt, an dem wir zum ersten Mal mehr als vier Filialen in einem Jahr eröffnen. Bis Ende des Jahres werden noch drei hinzukommen: zuerst im Centro Oberhausen und in Hamburg am Jungfernstieg – das wird unser Restaurant in Essen als Deutschlands größte Pommesbude ablösen. Das hätten wir vorher auch nie für möglich gehalten. Außerdem eröffnen wir im Hauptbahnhof, wo bisher allein Pizza Hut war. Das ist das erste Mal überhaupt, dass wir unser Baby mit einem Franchise-Nehmer teilen. Eine neue Erfahrung und Herausforderung für uns.
Und, wird es dort anderes Essen geben als sonst?
Skendo Tatsächlich denken wir gerade darüber nach, das Angebot dort um ein Frühstückskonzept zu erweitern. Gerade am Hauptbahnhof, wo morgens schon so viele Pendler unterwegs sind, ist das sinnvoll.
Pommes zum Frühstück?
Skendo Nicht unbedingt – wahrscheinlich wird es in Richtung Bowls und Stullen gehen. Ist aber noch nicht spruchreif.
Die meisten Gastronomen klagen über Personalmangel.
Skendo Ja, das ist tatsächlich sehr schwierig und hat uns dieses Jahr sehr beschäftigt. Aber wir haben andererseits das Glück, dass viele unserer Mitarbeiter uns ihren Freunden oder Familienmitgliedern als Unternehmen empfehlen. Uns ist es wichtig, dass unsere Mitarbeiter unsere Partner sind. Wir setzen auf gegenseitiges Vertrauen, unsere Führungskräfte genießen viel Entscheidungsfreiheit, jeder kann Ideen einbringen.
Wie viel Arbeit steckt in Frittenwerk?
Skendo Viel. Im Grunde hört die Arbeit nie auf, selbst nach Feierabend zerbricht man sich den Kopf über Kleinigkeiten. Und mit jeder Filiale wachsen natürlich die Aufgaben. Mir persönlich macht das aber nichts aus – ich liebe das. Ich bin ja auch Asiatin, bei uns dreht sich alles ums Essen. Kennen Sie den Ausdruck „verschwendeter Hunger“?
Nein.
Skendo So nennen wir das, wenn man sehr hungrig war und dann etwas gegessen hat, was nicht gut geschmeckt hat. Das kann sehr enttäuschend sein. Ich habe schon mal wegen verschwendetem Hunger geweint.
Was ist Ihr Lieblingsgericht auf der Karte?
Skendo Die Pink Persia Poutine mit pinkem Hummus, der ist leicht fruchtig durch die Rote Bete, und Falafeln. Ich liebe Falafeln!
Helene Pawlitzki stellte die Fragen