Streit über Sinn von Umweltspuren
Um die Luftverschmutzung zu reduzieren, plant Düsseldorf nun auch eine Umweltspur auf einer wichtigen Einfallstraße für Pendler. Experten warnen vor gewaltigen Staus.
DÜSSELDORF Die Pläne der Stadt Düsseldorf, eine Umweltspur auf einer zentralen Hauptverkehrsader an der Autobahn 46 einzurichten, hat landesweit Diskussionen hervorgerufen. Der renommierte Verkehrsexperte der Universität Duisburg-Essen, Michael Schreckenberg, bezeichnete das Vorhaben als abenteuerlich: „Wenn man eine Fahrbahnspur an einer so zentralen Stelle wegnimmt, hat das gravierende negative Folgen für den Verkehr. Das wird zu einem massiven Rückstau auf der Autobahn führen“, sagte Schreckenberg unserer Redaktion. Stattdessen sollte man den öffentlichen Nahverkehr ausbauen, so der Verkehrsexperte.
Auf einer von vielen Pendlern befahrenen, zweispurigen Einfallstraße im Düsseldorfer Süden, die an die A46 anschließt, soll bald nur noch eine Fahrbahn von Autos benutzt werden können. Die Umweltspur soll reserviert sein für Busse, Taxis, Autos mit mindestens drei Insassen, Fahrräder und elektrisch betriebene Fahrzeuge. Am 28. August soll der Stadtrat darüber entscheiden.
Für die Deutsche Umwelthilfe geht die Düsseldorfer Umweltspur nicht weit genug. „Die Regelung mit den drei Insassen lässt sich nicht kontrollieren und sehr leicht umgehen. Und auch elektrische Fahrzeuge wie E-Roller haben auf der Spur nichts zu suchen, weil sie den öffentlichen Nahverkehr ausbremsen“, sagte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Umweltschutzorganisation.
Seit April hat Düsseldorf schon zwei Umweltspuren, die sich jedoch auf deutlich kleineren und nicht so stark befahrenen Straßenabschnitten befinden. Die Spuren sollen dabei helfen, Dieselfahrverbote zu verhindern. In Düsseldorf werden die Grenzwerte für Luftschadstoffe an mehreren Standorten überschritten. Die neue Umweltspur sei jedoch viel zu kurz gedacht, kritisierte Verkehrsforscher Schreckenberg. Es fehle ein erkennbares Konzept. „Damit erzielt man nicht den gewünschten Effekt, sondern verlagert höchstens das Problem mit der schlechten Luft weg von den Messstellen hin auf die Autobahn.“
Die Stadtverwaltung will die Auswirkungen der neuen Spur genau regsitreiren und gegebenenfalls gegensteuern. Die Düsseldorfer Industrieund Handelskammer sowie die Handwerkskammer zeigten sich grundsätzlich offen für eine Verkehrswende, befürchten aber ebenfalls negative Auswirkungen durch noch mehr Staus.
NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) erklärte, dass sein Ministerium dabei geholfen habe, Umweltspuren für Busse, Taxen, Fahrräder und E-Autos als Verkehrsversuch in Düsseldorf zu ermöglichen. „Die Freigabe jetzt auch für Fahrgemeinschaften, also Pkw mit drei und mehr Insassen, finde ich gut, wenn es vor Ort gewünscht wird und bessere Mobilität verspricht“, sagte Wüst. Allerdings sei in jedem Fall die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer oberstes Gebot.
Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) erhofft sich von den Spuren eine „verkehrslenkende Motivation“. Pendler sollen zum Umstieg auf Bus und Bahn oder Fahrgemeinschaften motiviert werden. Kurz nach der Ausfahrt von der A46 befindet sich ein Park-andRide-Parkplatz. Er hätte die Einführung der neuen Umweltspur auch ohne die „Diesel-Hysterie“unterstützt, sagte Geisel. Angesichts der wachsenden Bevölkerung müsse Düsseldorf auf effiziente Verkehrsmittel setzen.
Leitartikel, Nordrhein-Westfalen