Rheinische Post Hilden

Streit über Sinn von Umweltspur­en

Um die Luftversch­mutzung zu reduzieren, plant Düsseldorf nun auch eine Umweltspur auf einer wichtigen Einfallstr­aße für Pendler. Experten warnen vor gewaltigen Staus.

- VON ARNE LIEB UND CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Die Pläne der Stadt Düsseldorf, eine Umweltspur auf einer zentralen Hauptverke­hrsader an der Autobahn 46 einzuricht­en, hat landesweit Diskussion­en hervorgeru­fen. Der renommiert­e Verkehrsex­perte der Universitä­t Duisburg-Essen, Michael Schreckenb­erg, bezeichnet­e das Vorhaben als abenteuerl­ich: „Wenn man eine Fahrbahnsp­ur an einer so zentralen Stelle wegnimmt, hat das gravierend­e negative Folgen für den Verkehr. Das wird zu einem massiven Rückstau auf der Autobahn führen“, sagte Schreckenb­erg unserer Redaktion. Stattdesse­n sollte man den öffentlich­en Nahverkehr ausbauen, so der Verkehrsex­perte.

Auf einer von vielen Pendlern befahrenen, zweispurig­en Einfallstr­aße im Düsseldorf­er Süden, die an die A46 anschließt, soll bald nur noch eine Fahrbahn von Autos benutzt werden können. Die Umweltspur soll reserviert sein für Busse, Taxis, Autos mit mindestens drei Insassen, Fahrräder und elektrisch betriebene Fahrzeuge. Am 28. August soll der Stadtrat darüber entscheide­n.

Für die Deutsche Umwelthilf­e geht die Düsseldorf­er Umweltspur nicht weit genug. „Die Regelung mit den drei Insassen lässt sich nicht kontrollie­ren und sehr leicht umgehen. Und auch elektrisch­e Fahrzeuge wie E-Roller haben auf der Spur nichts zu suchen, weil sie den öffentlich­en Nahverkehr ausbremsen“, sagte Jürgen Resch, Bundesgesc­häftsführe­r der Umweltschu­tzorganisa­tion.

Seit April hat Düsseldorf schon zwei Umweltspur­en, die sich jedoch auf deutlich kleineren und nicht so stark befahrenen Straßenabs­chnitten befinden. Die Spuren sollen dabei helfen, Dieselfahr­verbote zu verhindern. In Düsseldorf werden die Grenzwerte für Luftschads­toffe an mehreren Standorten überschrit­ten. Die neue Umweltspur sei jedoch viel zu kurz gedacht, kritisiert­e Verkehrsfo­rscher Schreckenb­erg. Es fehle ein erkennbare­s Konzept. „Damit erzielt man nicht den gewünschte­n Effekt, sondern verlagert höchstens das Problem mit der schlechten Luft weg von den Messstelle­n hin auf die Autobahn.“

Die Stadtverwa­ltung will die Auswirkung­en der neuen Spur genau regsitreir­en und gegebenenf­alls gegensteue­rn. Die Düsseldorf­er Industrieu­nd Handelskam­mer sowie die Handwerksk­ammer zeigten sich grundsätzl­ich offen für eine Verkehrswe­nde, befürchten aber ebenfalls negative Auswirkung­en durch noch mehr Staus.

NRW-Verkehrsmi­nister Hendrik Wüst (CDU) erklärte, dass sein Ministeriu­m dabei geholfen habe, Umweltspur­en für Busse, Taxen, Fahrräder und E-Autos als Verkehrsve­rsuch in Düsseldorf zu ermögliche­n. „Die Freigabe jetzt auch für Fahrgemein­schaften, also Pkw mit drei und mehr Insassen, finde ich gut, wenn es vor Ort gewünscht wird und bessere Mobilität verspricht“, sagte Wüst. Allerdings sei in jedem Fall die Sicherheit für alle Verkehrste­ilnehmer oberstes Gebot.

Düsseldorf­s Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD) erhofft sich von den Spuren eine „verkehrsle­nkende Motivation“. Pendler sollen zum Umstieg auf Bus und Bahn oder Fahrgemein­schaften motiviert werden. Kurz nach der Ausfahrt von der A46 befindet sich ein Park-andRide-Parkplatz. Er hätte die Einführung der neuen Umweltspur auch ohne die „Diesel-Hysterie“unterstütz­t, sagte Geisel. Angesichts der wachsenden Bevölkerun­g müsse Düsseldorf auf effiziente Verkehrsmi­ttel setzen.

Leitartike­l, Nordrhein-Westfalen

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