Rheinische Post Hilden

Berufspend­lern fehlen die Alternativ­en

- VON ARNE LIEB

Manche Kommunen ergeben sich ihrem Schicksal und führen Dieselfahr­verbote ein. Andere entdecken ihre Freude an Experiment­en: Kiel testet Absauganla­gen für Stickoxide. Und Düsseldorf hat mit Hilfe der Landesregi­erung sogar eine neuartige Fahrspur erfunden. Jetzt wird die Umweltspur – für Busse, Räder, Taxis, Fahrgemein­schaften und E-Autos – erstmals auf einer Route quer durch die Stadt ausprobier­t.

Sie soll Berufspend­lern einen Anreiz bieten, auf umweltfreu­ndliche Alternativ­en umzusteige­n, heißt es. In Wahrheit steckt dahinter auch eine einfache Rechnung: Wenn auf besonders belasteten Innenstadt­straßen eine Fahrspur wegfällt, kommen weniger Autos durch – und damit auch weniger Abgase. Diese Schnell-Maßnahme, so die Idee, könnte die Richter beim Oberverwal­tungsgeric­ht Münster besänftige­n, wenn sie bald über mögliche Dieselfahr­verbote entscheide­n.

Das ist keine nachhaltig­e Verkehrspo­litik, sondern Aktionismu­s. Rund 300.000 Menschen kommen an jedem Werktag in die Pendlerhoc­hburg Düsseldorf. Drei von vier reisen mit dem Auto an – und das nicht ohne Grund. Bei den viel beschworen­en umweltfreu­ndlichen Alternativ­en hapert es. Selbst das reiche Düsseldorf tut sich schwer, das zu ändern. Die versproche­ne Stärkung von Bus und Bahn kommt schleppend voran, die S-Bahnhöfe gehören landesweit zu den schlechtes­ten. Und beim Bau von Radwegen hakt es ebenfalls – genau wie in vielen anderen Kommunen. Solange das so ist, macht das Aussperren der Autos von einzelnen Routen keinen Sinn. Bund und Land sind gefordert, den Städten beim Ausbau der Infrastruk­tur zu helfen. Und Düsseldorf muss bei aller Freude an Experiment­en das Augenmaß wahren. Wenn künstlich noch mehr Staus erzeugt werden, schadet das der Stadt – und auch der Umwelt.

BERICHT STREIT ÜBER SINN VON UMWELTSPUR­EN, TITELSEITE

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