Warum Floskeln nicht aussterben
Keiner will sie hören. Aber sie überleben unter Politikern wie Unkraut.
In Wahlkampfzeiten ist der Floskel-Ausstoß bei den Politikern besonders hoch. Bloß kein falsches Wort, bloß keine missverständliche Äußerung, der Wahrheit am besten nicht allzu nahe kommen.
Sehr beliebt sind die Bilder aus der Tiersprache. Ein Beispiel gefällig? Auf Fragen nach möglichen Machtkonstellationen nach einer Wahl wird stets das „Fell des Bären“aus dem Mottenschrank gezerrt und darauf verwiesen, dass dieses erst verteilt werde, wenn der Bär erlegt sei. Der zu erlegende Bär ist in diesem Gleichnis übrigens der Wähler, der Macht auf Zeit verleiht. Dem politischen Gegner wird zu jeder passenden und unpassenden
Gelegenheit vorgehalten, er sei als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet (wahrscheinlich gleich neben dem Bärenfell). Der Vergleich ist so abgegriffen, dass schon keiner mehr zuhört, worum es in den Tiger-Geschichten gerade geht.
In die Rubrik „von der Ausrede bis zur glatten Lüge“wiederum fallen Sprüche wie „Wir werden das ernsthaft prüfen“oder „Über Personal sprechen wir gar nicht“. Hinter der sogenannten ernsthaften Prüfung steht im Zweifel eine gute Idee, die entweder zu teuer oder politisch nicht durchsetzbar ist. Dass über Personal nicht gesprochen werde, entspricht nie der Wahrheit. Man macht es nur nicht offiziell. Planspiele, wer unter welchen Umständen welchen Posten bekleiden könnte, gibt es ständig. In die Rubrik überflüssige Äußerungen gehört zum Beispiel der Hinweis „Wir werden Sie zu gegebener Zeit informieren“. Zugleich gehört der Satz noch in die Kategorie der Totschlagfloskel. Also, eine Aussage, der keine weiteren Fragen folgen sollen. So ähnlich verhält es sich auch mit dem Spruch: „Alles hängt mit allem zusammen.“Er wird immer gerne dann genommen, wenn noch keine Entscheidungen gefallen sind.