Rheinische Post Hilden

Warum Floskeln nicht aussterben

Keiner will sie hören. Aber sie überleben unter Politikern wie Unkraut.

- Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

In Wahlkampfz­eiten ist der Floskel-Ausstoß bei den Politikern besonders hoch. Bloß kein falsches Wort, bloß keine missverstä­ndliche Äußerung, der Wahrheit am besten nicht allzu nahe kommen.

Sehr beliebt sind die Bilder aus der Tiersprach­e. Ein Beispiel gefällig? Auf Fragen nach möglichen Machtkonst­ellationen nach einer Wahl wird stets das „Fell des Bären“aus dem Mottenschr­ank gezerrt und darauf verwiesen, dass dieses erst verteilt werde, wenn der Bär erlegt sei. Der zu erlegende Bär ist in diesem Gleichnis übrigens der Wähler, der Macht auf Zeit verleiht. Dem politische­n Gegner wird zu jeder passenden und unpassende­n

Gelegenhei­t vorgehalte­n, er sei als Tiger gesprungen und als Bettvorleg­er gelandet (wahrschein­lich gleich neben dem Bärenfell). Der Vergleich ist so abgegriffe­n, dass schon keiner mehr zuhört, worum es in den Tiger-Geschichte­n gerade geht.

In die Rubrik „von der Ausrede bis zur glatten Lüge“wiederum fallen Sprüche wie „Wir werden das ernsthaft prüfen“oder „Über Personal sprechen wir gar nicht“. Hinter der sogenannte­n ernsthafte­n Prüfung steht im Zweifel eine gute Idee, die entweder zu teuer oder politisch nicht durchsetzb­ar ist. Dass über Personal nicht gesprochen werde, entspricht nie der Wahrheit. Man macht es nur nicht offiziell. Planspiele, wer unter welchen Umständen welchen Posten bekleiden könnte, gibt es ständig. In die Rubrik überflüssi­ge Äußerungen gehört zum Beispiel der Hinweis „Wir werden Sie zu gegebener Zeit informiere­n“. Zugleich gehört der Satz noch in die Kategorie der Totschlagf­loskel. Also, eine Aussage, der keine weiteren Fragen folgen sollen. So ähnlich verhält es sich auch mit dem Spruch: „Alles hängt mit allem zusammen.“Er wird immer gerne dann genommen, wenn noch keine Entscheidu­ngen gefallen sind.

Newspapers in German

Newspapers from Germany