Iserlohn: Ehemann gesteht Attacke
Die Frauenberatungsstelle befürwortet eine Sofort-Aufnahmestelle für Gewaltopfer.
ISERLOHN (ham) Nach dem tödlichen Messerangriff auf seine getrennt lebende Ehefrau und ihren Lebensgefährten am Bahnhof von Iserlohn hat der Tatverdächtige laut Ermittlern die Tat eingeräumt. „Wir vermuten, dass das Motiv in der Beziehung zu finden ist“, sagte der Hagener Staatsanwalt Nils Warmbold am Montag.
Luzia Kleene von der Frauenberatungsstelle Düsseldorf erlebt es oft, dass Frauen wegen Gewalt in Beziehungen Hilfe suchen. „Viele Frauen rufen direkt bei uns an, wenn sie merken, da läuft etwas schief“, sagt Kleene. „Im Notfall würde ich aber jeder Frau und jedem Mann, der so etwas erlebt, dazu raten, die 110 zu wählen.“Die Polizei habe nämlich seit 2002 die Möglichkeit, den Täter bei häuslicher Gewalt der Wohnung zu verweisen. Man habe damals erkannt, dass Frauen in Gewaltsituationen nur ins Frauenhaus gehen können. Dort seien die Plätze aber sehr rar. Kleene: „Also hat man eingeführt, dass die Polizei einen Wohnungsverweis von zehn Tagen aussprechen darf. Das soll eine Signalwirkung für die Täter haben und den Opfern eine Pause verschaffen.“
Damit der Täter sich fernhält, werde ihm der Wohnungsschlüssel abgenommen, er dürfe ein paar Sachen packen und müsse eine neue Adresse angeben. Die Polizei kontrolliere außerdem, dass er sich dort auch aufhält. Bevor die Polizei diese Fälle an die Frauenberatungsstelle meldet, muss sie aus Datenschutzgründen nachfragen, ob das den Opfern Recht ist. „Innerhalb von 24 Stunden melden wir uns bei den Opfern“, sagt Kleene. Im besten Fall könnten diese die Pause nutzen, um für sich Lösungen zu erarbeiten. „Die Opfer sind meistens in einer großen Verstrickung. Der Täter ist ja nicht einfach nur furchtbar, sondern kann auch sehr nett sein. Es dauert meist sehr lang, bis sie sagen, dass es nicht mehr geht.“
Gerade nach Gewaltausbrüchen komme es oft zu einer sogenannten Honeymoon-Phase. „Das heißt, der Mann verspricht, dass es nie wieder vorkommt und entschuldigt sich. Und die Frauen wünschen sich, dass es dieses Mal klappt, dass es dieses Mal anders ist. So geraten sie immer wieder in die Fänge des Anderen.“
Irgendwann beginne eine Gewaltspirale, die immer schlimmer werde. Für die Frauen sei das eine sehr peinliche Situation. Sie schämen sich, ihrem Umfeld sagen zu müssen, dass es jetzt doch wieder passiert ist. Und die Scham isoliere die Frauen weiter von jeder Hilfe.
Kleene befürwortet, in Düsseldorf eine Sofort-Aufnahmestelle einzurichten, in die Frauen erstmal für drei bis fünf Tage flüchten können. Manche Opfer würden bei Gericht auch beantragen, dass sie länger als die zehn Tage allein in der Wohnung wohnen können, andere würden bei Freunden oder Familie unterkommen. „Aber man muss da sehr vorsichtig sein. Eine Trennung oder ein neuer Partner sind ein enormer Trigger bei labilen und gewaltbereiten Menschen.“