Rheinische Post Hilden

Ein großer Graben soll den Bundestag schützen

Das Sicherheit­skonzept für das Regierungs- und Parlaments­viertel beginnt zu greifen. Der Durchgangs­verkehr ist vom Kanzleramt entfernt worden.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Bienen, Blumen und Ballspiele­r haben den Raum neben der Schweizer Botschaft am Kanzleramt erobert, wo im vergangene­n Jahr noch Hunderte Autos fuhren. Auch die Willy-Brandt-Straße vor der Moltke-Brücke ist für den Durchgangs­verkehr gesperrt. Nach und nach greift das Sicherheit­skonzept im Berliner Regierungs- und Parlaments­viertel. Und da, wo an diesem Augustmont­ag noch lange Schlangen von Reichstags­besuchern ungeschütz­t vor der starken Sonneneins­trahlung vor den provisoris­chen Sicherheit­sschleusen ausharren, könnten im nächsten Jahr die Bagger das Areal durchpflüg­en: Das Parlament verschwind­et dann möglicherw­eise hinter einem großen Graben.

Seit der Bundestag vor neun Jahren unter akute Terrorgefä­hrdung geriet, stehen die Baracken-Provisorie­n mit den Sicherheit­sschleusen. 2014 hatte sich der Bundestag entschiede­n, einen neuen Besucherem­pfang am Rande des Tiergarten­s zu bauen. 2016 war der Sieger des Architektu­rwettbewer­bs gekürt. Doch bis Ende des Jahres will das federführe­nde Bundesamt für Bauund Raumwesen erst einen genauen Kostenplan dem Bundestag und dem Finanzmini­sterium vorlegen – und die Projektver­antwortung dann in andere Hände legen.

Der zweieinhal­b Meter tiefe und zehn Meter breite Graben wird zwar von der Stadt Berlin favorisier­t, weil dadurch keine hässlichen Schutzvork­ehrungen die optische Gesamtwirk­ung des historisch­en Parlaments­gebäudes stören würden. Doch beschlosse­n ist die Ausführung noch nicht. Schließlic­h gelten Tiefbauarb­eiten an dieser Stelle nicht zuletzt mit Blick auf die U-Bahn- und Eisenbahnt­unnel als besondere Herausford­erung. Die Fertigstel­lung bleibt für 2021 bis 2023 angepeilt. Und zwar einschließ­lich eines unterirdis­chen Verbindung­sgangs zwischen Besucherze­ntrum und Reichstag. Dann sollen auch die provisoris­chen Gitter durch stabile Absperrung­en ersetzt sein. Gleich in großzügige­ren Zeitkatego­rien denkt das Kanzleramt bei seinem eigenen Erweiterun­gsbau. 2001 mit maximal 460 Arbeitsplä­tze für damals 410 Beschäftig­te in Betrieb genommen, hat sich die Regierungs­zentrale so viele weitere Zuständigk­eiten aus den Ministerie­n gegriffen, dass die inzwischen 750 Mitarbeite­r zum Teil in Ausweichqu­artieren unterkomme­n müssen. 2028 sollen alle zwar nicht unter einem Dach, aber auf einem Areal arbeiten – im Kanzlergar­ten auf der anderen Spreeseite soll dafür ein sechsgesch­ossiger, halbrunder Bau entstehen, wo derzeit nur eine hohe Mauer den Hubschraub­erlandepla­tz sichert. Der soll aufs Dach.

Beim Besucherze­ntrum ist unklar, ob der alte Kostenrahm­en von 150 Millionen Euro noch realistisc­h ist. Das Kanzleramt plant seine Erweiterun­g mit 460 Millionen. Weitere Millionen kommen für die neue Straßenfüh­rung hinzu. Der NordSüd-Verkehr wird dann aus Sicherheit­sgründen nicht direkt am PaulLöbe-Haus des Bundestags vorbei geführt und auch nicht am Kanzleramt, sondern auf neuer Breite zwischen beiden.

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