Ein großer Graben soll den Bundestag schützen
Das Sicherheitskonzept für das Regierungs- und Parlamentsviertel beginnt zu greifen. Der Durchgangsverkehr ist vom Kanzleramt entfernt worden.
BERLIN Bienen, Blumen und Ballspieler haben den Raum neben der Schweizer Botschaft am Kanzleramt erobert, wo im vergangenen Jahr noch Hunderte Autos fuhren. Auch die Willy-Brandt-Straße vor der Moltke-Brücke ist für den Durchgangsverkehr gesperrt. Nach und nach greift das Sicherheitskonzept im Berliner Regierungs- und Parlamentsviertel. Und da, wo an diesem Augustmontag noch lange Schlangen von Reichstagsbesuchern ungeschützt vor der starken Sonneneinstrahlung vor den provisorischen Sicherheitsschleusen ausharren, könnten im nächsten Jahr die Bagger das Areal durchpflügen: Das Parlament verschwindet dann möglicherweise hinter einem großen Graben.
Seit der Bundestag vor neun Jahren unter akute Terrorgefährdung geriet, stehen die Baracken-Provisorien mit den Sicherheitsschleusen. 2014 hatte sich der Bundestag entschieden, einen neuen Besucherempfang am Rande des Tiergartens zu bauen. 2016 war der Sieger des Architekturwettbewerbs gekürt. Doch bis Ende des Jahres will das federführende Bundesamt für Bauund Raumwesen erst einen genauen Kostenplan dem Bundestag und dem Finanzministerium vorlegen – und die Projektverantwortung dann in andere Hände legen.
Der zweieinhalb Meter tiefe und zehn Meter breite Graben wird zwar von der Stadt Berlin favorisiert, weil dadurch keine hässlichen Schutzvorkehrungen die optische Gesamtwirkung des historischen Parlamentsgebäudes stören würden. Doch beschlossen ist die Ausführung noch nicht. Schließlich gelten Tiefbauarbeiten an dieser Stelle nicht zuletzt mit Blick auf die U-Bahn- und Eisenbahntunnel als besondere Herausforderung. Die Fertigstellung bleibt für 2021 bis 2023 angepeilt. Und zwar einschließlich eines unterirdischen Verbindungsgangs zwischen Besucherzentrum und Reichstag. Dann sollen auch die provisorischen Gitter durch stabile Absperrungen ersetzt sein. Gleich in großzügigeren Zeitkategorien denkt das Kanzleramt bei seinem eigenen Erweiterungsbau. 2001 mit maximal 460 Arbeitsplätze für damals 410 Beschäftigte in Betrieb genommen, hat sich die Regierungszentrale so viele weitere Zuständigkeiten aus den Ministerien gegriffen, dass die inzwischen 750 Mitarbeiter zum Teil in Ausweichquartieren unterkommen müssen. 2028 sollen alle zwar nicht unter einem Dach, aber auf einem Areal arbeiten – im Kanzlergarten auf der anderen Spreeseite soll dafür ein sechsgeschossiger, halbrunder Bau entstehen, wo derzeit nur eine hohe Mauer den Hubschrauberlandeplatz sichert. Der soll aufs Dach.
Beim Besucherzentrum ist unklar, ob der alte Kostenrahmen von 150 Millionen Euro noch realistisch ist. Das Kanzleramt plant seine Erweiterung mit 460 Millionen. Weitere Millionen kommen für die neue Straßenführung hinzu. Der NordSüd-Verkehr wird dann aus Sicherheitsgründen nicht direkt am PaulLöbe-Haus des Bundestags vorbei geführt und auch nicht am Kanzleramt, sondern auf neuer Breite zwischen beiden.