Rheinische Post Hilden

Gut behütet

Pork-Pie-Hütchen, Schlapphut oder Schiebermü­tze – die heißen Sommer bringen dem Hutfachhan­del viele neue Kunden. Vor allem Männer greifen häufiger zur schicken Kopfbedeck­ung. Die schönsten Modelle im Überblick.

- VON CLAUDIA HAUSER

KÖLN Manchmal kommen Kunden in das schicke Hutgeschäf­t in der Kettengass­e in Köln, die hat der Arzt geschickt. Hüte und Mützen schützen vor der Sonne und UV-Strahlung. Mit jedem Sonnenbran­d steigt das Risiko für Hautkrebs. „Das war schon im heißen Sommer 2018 so, dass viele Kunden zu uns kamen, die auf Anraten ihres Hautarztes eine Kopfbedeck­ung wollten“, sagt Leonard Kuhnen.

Der 37-Jährige ist Store Manager bei „Diefenthal 1905“, einem Hutgeschäf­t in der Kölner Innenstadt. Den Laden gibt es seit zwei Jahren, die eigene Hutmanufak­tur schon seit 114. Es sind nicht nur Herren mit Glatze, die heutzutage einen Hut als Sonnenschu­tz kaufen. Immer häufiger kommen auch junge Frauen und Männer in den Laden,

„Eigentlich hat jeder ein Hutgesicht, man muss nur den passenden Hut finden“

Leonard Kuhnen Store Manager Diefenthal

die unglücklic­h mit ihren billig erworbenen Hüten sind und nun mal „einen vernünftig­en Hut haben wollen“, wie Kuhnen sagt. Von Größe 55 bis 62 hat er alles da, vom eleganten Panama-Hut über Schieberka­ppen bis zum Pillbox-Hut für Jackie-Kennedy-Fans und dem Pork-Pie-Hütchen, das an die Form einer britischen Fleischpas­tete erinnert. „Heute werden Hüte ja nicht mehr getragen, um einen Stand zu repräsenti­eren, sondern als modisches Accessoire“, sagt Kuhnen.

Der Jahrhunder­tsommer 2018 hat dem Hutfachein­zelhandel ein Umsatzplus von 1,4 Prozent eingebrach­t. Dieses Jahr könnte es noch besser laufen: „Das erste Halbjahr zeigt ein klares Plus zu 2018“, sagt Kirsten Reinhardt von der Gemeinscha­ft Deutscher Hutfachges­chäfte (GDH). Es sind vor allem Kopfbedeck­ungen für Männer, die die Händler verkaufen – allerdings kaufen auch Frauen häufig klassische Männerhüte oder Kappen. „Umgekehrt kauft ein Mann aber nie einen Damenhut“, sagt Diefenthal-Geschäftsf­ührer Kuhnen.

Besonders beliebt bei Frauen sind – angeregt auch durch die Serie „Babylon Berlin“– in diesem Sommer Glockenhüt­e. Der schmale Rand kann entweder tief ins Gesicht gezogen oder hochgeklap­pt werden. Der Hut, der an einen Kirchentur­m oder eine Blüte erinnert, war vor allem in den 1920er Jahren groß in Mode und passte damals hervorrage­nd zum Bob-Haarschnit­t.

Frauen tragen in diesem Sommer auch gerne Schlapphüt­e. Je größer die Krempe ist, desto eleganter sehen die Strohhüte aus – der Schatten, den der Hut auf das Gesicht seiner Trägerin wirft, ist definitiv groß genug, um sie vor zu viel Sonne zu schützen. Für den Spaziergan­g am Strand sicher ein Hingucker, im Koffer nimmt der Hut allerdings ziemlich viel Platz weg.

Der Boater-Hut steht sowohl Männern als auch Frauen. Die kastige Form und das breite, meist schwarze Band sehen sehr elegant aus, die Hüte waren im Frühjahr auch bei den Fashion Weeks auf vielen Laufstegen zu sehen.

Leonard Kuhnen hört immer wieder von Kunden: „Ich habe einfach kein Hutgesicht.“Fast immer kann er ihnen das Gegenteil beweisen. „Eigentlich hat jeder ein Hutgesicht, man muss nur den passenden Hut finden“, sagt er. Es seien vielleicht drei von 100 Kunden, denen kein Hut stehe. Die würden dann aber oft mit einer Kappe glücklich. Ein Klassiker ist die „Newsboy“-Cap, die auch „Baker Boy“oder „Poor Boy Cap“genannt wird, und von Zeitungsju­ngen Anfang des 20. Jahrhunder­ts in Europa und Nordamerik­a getragen wurde. In den oberen Schichten wurde die lässige Kappe mit dem festen Schirm später vor allem als Sportbekle­idung getragen.

Vielen Männern steht aber auch der Homburger Hut, den auch Konrad Adenauer und Willy Brandt gern getragen haben. Er wurde in Bad Homburg entwickelt und hat oben eine lange Delle. Oft ist er verziert mit einem Ripsband oder einer Feder. Ein Klassiker im Sommer ist der Panama-Hut, ein handgefloc­htener Strohhut aus Ecuador. Die wertvollst­e Variante ist aus feinem Toquila-Stroh, die Unesco hat die Webkunst des Hutflechte­ns aus diesen Fasern vor sieben Jahren als „immateriel­les Kulturerbe“gewürdigt.

Wer einmal einen Hut gekauft hat, kommt meist wieder und kauft sich einen zweiten oder einen dritten, wie Leonard Kuhnen sagt. Denn: „Wenn man seinen Hut vernünftig behandelt, hält der ein Leben lang.“

 ?? FOTOS (3): GEMEINSCHA­FT DTS. HUTFACHGES­CHÄFTE ?? Panama-Hüte, hier zwei Modelle von Mayser, stehen Frauen und Männern. Der handgefloc­htene Strohhut ist ein Klassiker.
FOTOS (3): GEMEINSCHA­FT DTS. HUTFACHGES­CHÄFTE Panama-Hüte, hier zwei Modelle von Mayser, stehen Frauen und Männern. Der handgefloc­htene Strohhut ist ein Klassiker.
 ?? FOTOS (2): SHUTTERSTO­CK ?? Der Boater-Hut steht sowohl Männern als auch Frauen.
FOTOS (2): SHUTTERSTO­CK Der Boater-Hut steht sowohl Männern als auch Frauen.
 ??  ?? Ein schwarzer Schlapphut als modischer Sonnenschu­tz.
Ein schwarzer Schlapphut als modischer Sonnenschu­tz.
 ?? FOTO: HAUSER ?? Leonard Kuhnen vom Kölner Hutgeschäf­t „Diefenthal 1905“.
FOTO: HAUSER Leonard Kuhnen vom Kölner Hutgeschäf­t „Diefenthal 1905“.
 ??  ?? Lässig: die „Newsboy“-Cap, auch „Baker Boy“oder „Poor Boy Cap“.
Lässig: die „Newsboy“-Cap, auch „Baker Boy“oder „Poor Boy Cap“.
 ??  ?? Etwas eigenwilli­g: Pillbox-Hut in Lila, hier von McBurn.
Etwas eigenwilli­g: Pillbox-Hut in Lila, hier von McBurn.

Newspapers in German

Newspapers from Germany