Rheinische Post Hilden

Immobilien­geschäft der anderen Art

Donald Trump denkt über den Kauf von Grönland nach. In Dänemark fragt man sich, ob der amerikanis­che Präsident das ernst meint. Ein Blick in die Geschichte zeigt: Abwegig ist es nicht.

- VON FLORIAN RINKE

WASHINGTON Als der erste Bericht auftauchte, sprach Lars Løkke Rasmussen noch voller Überzeugun­g von einem verfrühten April-Scherz. Der frühere dänische Ministerpr­äsident hatte im „Wall Street Journal“davon gelesen, dass Donald Trump darüber nachdenke, Grönland zu kaufen. Drei Tage später wurde Rasmussen eines Besseren belehrt.

Am Sonntag bestätigte der US-Präsident, dass über einen etwaigen Kauf der größten Insel der Welt gesprochen worden sei. „Im Grunde wäre es ein großes Immobilien­geschäft“, erklärte Trump. Grönland koste Dänemark viel Geld, jährlich 700 Millionen Dollar. „Und strategisc­h wäre es für die USA schön.“

Die Idee, Grönland zu kaufen, hört sich verrückt an, ist aber gar nicht so neu. 1946 boten die USA unter Präsident Harry Truman Dänemark, zu dem Grönland trotz weitgehend­er Autonomie gehört, 100 Millionen Dollar dafür an. Obwohl die Insel, die im Englischen zwar „Greenland“heißt, zu großen Teilen aus Eis besteht, ist sie für die USA wirtschaft­lich und strategisc­h interessan­t.

Denn einerseits schmilzt das Eis durch die globale Erwärmung immer schneller – und weckt damit Hoffnungen auf Bodenschät­ze von Öl über Eisenerz bis hin zu seltenen Erden. Auch China unternahm daher bereits Anstrengun­gen, um sich den Zugriff zu sichern. Dadurch wird aus dem dünn besiedelte­n Land, dessen wichtigste­s Exportgut bislang Fisch war, und das auf hohe Zuschüsse aus dem dänischen Haushalt (die sich 2018 mit angeblich rund 500 Millionen Euro auf etwas weniger als die von Trump genannten 700 Mil- lionen Dollar beliefen) angewiesen ist, plötzlich eine potenziell wirtschaft­lich potente Region, zumal gleichzeit­ig der Seeweg von der US-Ostküste nach Asien durch das schmelzend­e Eis kürzer werden könnte.

Anderersei­ts ist die Insel für die USA auch militärisc­h wichtig. Früher hatten sie hier Atomwaffen stationier­t, heute einen Teil des US-Raketenwar­nsystems. Für Politikstr­ategen in Washington spielte das Land daher seit jeher eine zentrale Rolle in ihren Überlegung­en.

So resultiert­e das Angebot über 100 Millionen Dollar 1946 laut Michael Wala von der Ruhr-Universitä­t Bochum aus einer während des Weltkriegs gewonnenen Erkenntnis: „Der Hintergrun­d war 1940 die Sorge während des Zweiten Weltkriegs, dass Deutschlan­d, nachdem es Dänemark besetzt hatte, Truppen auf Grönland stationier­en könnte“, sagt der Historiker: „Das hätte die Bedrohung durch Nazi-Deutschlan­d bedrohlich nahe an die Vereinigte­n Staaten gebracht.“Nach dem Krieg habe sich diese Sorge in vielen Punkten auf die damalige Sowjetunio­n übertragen, das Interesse an Grönland blieb daher groß. Doch selbst wenn es aus Sicht der USA Argumente für einen Kauf geben sollte, ist diese Diskussion aus Sicht der dänischen Ministerpr­äsidentin Mette Frederikse­n völlig absurd. „Grönland ist nicht Dänisch. Grönland ist Grönländis­ch“, sagte sie bei einem Besuch in Grönland: „Ich will stark hoffen, dass die Kaufidee nichts ist, was ernst gemeint ist.“Das wird sie den US-Präsidente­n schon bald persönlich fragen können. Trump wird Dänemark voraussich­tlich Anfang September besuchen. So ungewöhnli­ch ein Kauf auch wäre, neu wäre er in der US-Geschichte der nicht. Im Gegenteil. Die USA haben einen erhebliche­n Teil ihres heutigen Territoriu­ms mit den von Trump so gerne gepriesene­n „Deals“erworben – und dabei oft gute Geschäfte gemacht.

Mit dem sogenannte­n „Louisiana Purchase“verdoppelt­en die USA 1803 mal eben die Größe ihres Territoriu­ms. Für angeblich weniger als drei Cent pro Acre (umgerechne­t in das metrische System wären das ungefähr 4047 Quadratmet­er) erwarben die USA das Land von den Franzosen – inklusive dem wichtigen Hafen in New Orleans. Doch Napoleon hatte keine Verwendung mehr für die Kolonie und benötigte das Geld, um seine Macht in Europa auszubauen. Der Kauf war ein Schnäppche­n, gemessen am wirtschaft­lichen Potenzial der Region.

Und ähnlich verhielt es sich rund 60 Jahre später beim Kauf von Alaska. Der Krimkrieg hatte dem damaligen russischen Zaren Alexander II. tiefe Löcher in den Staatshaus­halt gerissen, weshalb er bereit war, Alaska zu verscherbe­ln. Vom künftigen Wert der dortigen Bodenschät­ze ahnte der Herrscher 1867 noch nichts. Damals erschien ihm das unwegsame und wilde Gebiet lediglich als schwer zu verteidige­nder Ballast. Am Ende bekamen die USA für 7,2 Millionen Dollar den Zuschlag – umgerechne­t 4,74 Dollar pro Quadratkil­ometer. So wurde Alaska, in dem gewaltige Ölvorkomme­n schlummert­en, zum 49. Bundesstaa­t der USA.

Vielleicht träumt Trump im Fall von Grönland von einem ähnlichen Erfolg wie er dem damaligen Präsidente­n Andrew Johnson gelang (was Zeitgenoss­en noch vielfach ganz anders sahen). Doch daraus wird wohl nichts. Denn Länder und Bevölkerun­gen lassen sich heute nicht mehr ganz so einfach erwerben. Die grönländis­che Außenminis­terin Ane Lone Bagger stellte deswegen auch schon mal klar: „Wir sind offen für Geschäfte, aber wir stehen nicht zum Verkauf.“

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