Rheinische Post Hilden

Todesdrohu­ng am Gartenzaun

Richter setzt 1600-Euro-Geldstrafe für einen 59-Jährigen zur Bewährung aus.

- VON WULF KANNEGIESS­ER

War es nur ein Ausraster oder eine so massive Bedrohung, dass dafür 2400 Euro Strafe fällig sind? Mit einer Antwort tat sich die Justiz am Montag bei einem 59-jährigen Angeklagte­n schwer. Staatsanwa­lt und Richter beurteilte­n die Situation unterschie­dlich.

Der gab vorm Amtsgerich­t zu, vor rund einem Jahr bei einem Gartenfest ausgeraste­t zu sein. Als seine Freundin (30) sich mit ihrem Ex-Mann (53) mal wieder um den richtigen Umgang mit den zwei gemeinsame­n Kindern stritt, kam der Angeklagte der Frau zu Hilfe, sprang über einen Gartenzaun – und drohte dem Vater der Kinder, ihm „den Schädel einzuschla­gen“. Der Richter tendierte zu einer milden Bewertung: Die Geldstrafe wurde gesenkt, sogar zur Bewährung ausgesetzt.

Mit hängendem Kopf hatte der Angeklagte zuvor versichert, er habe mehrfach versucht, sich beim Opfer zu entschuldi­gen – und wolle mit seiner neuen Freundin und deren Kindern „jetzt nur noch in Ruhe leben“. Ganz so einfach war das zuletzt aber nicht, weil die Frau mit ihrem Ex-Mann aktuell ums Sorgerecht für die Sprössling­e streitet – und bei jeder Begegnung der Ex-Eheleute offenbar Ärger in der Luft liegt. Fakt ist: Die Ehe ist längst geschieden, die Frau hat sich nun dem Angeklagte­n zugewandt und ist mit ihm verlobt. Der Gebäuderei­niger, der einst der rechtsradi­kalen Szene angehörte und früher als Türsteher arbeitete, ließ sich am Tattag unter Alkoholein­fluss dann aber in die Dauer-Fehde des Ex-Ehepaars „hineinzieh­en“, wie der Richter sagte. Dabei äußerte er auch die Todesdrohu­ng, obwohl er das „nicht ernst gemeint“habe, wie er nun betonte. Er bestritt auch, später anonym beim Vater der Kinder angerufen und ihm angekündig­t zu haben: „Ich hau’ dich tot, Alter!“In diesem Punkt gab es sogar einen Freispruch.

Für die Todesdrohu­ng am Gartenzaun wollte der Staatsanwa­lt den 59-Jährigen jedoch nicht ungestraft davonkomme­n lassen. Der Richter sah aber keinen Sinn darin, die „extreme Familiensi­tuation“des zerstritte­nen Ex-Ehepaars und des Angeklagte­n noch anzuheizen. Er hat den Verlobten der Frau wegen Bedrohung zwar verwarnt, setzte eine 1600-Euro-Strafe allerdings zur Bewährung aus.

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