Schlechte Öko-Bilanz für E-Scooter
Die elektrischen Roller, die in immer mehr Städten das Bild bestimmen, sind in der Kritik. Ihre Umweltbilanz ist schwach. Für viele andere Verkehrsteilnehmer sind sie ein Ärgernis.
BERLIN Für das Nutzen von E-Scootern im Straßenverkehr wurden großzügige Regelungen gefunden. Das geschah auch in der Hoffnung, dass sie Teil einer ökologischen Verkehrswende werden. Ihre Öko-Bilanz aber bleibt ganz offensichtlich hinter den Erwartungen zurück.
„Mein erster Eindruck von der Nutzung der E-Scooter ist, dass sie für Strecken genutzt werden, die sonst zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem ÖPNV zurückgelegt wurden. Ihren eigentlichen Zweck, die CO2-Bilanz zu verbessern, erfüllen sie also nicht“, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag, Michael Thews (SPD), unserer Redaktion.
Auch der Umweltschutzverband BUND meldet Zweifel an. „Im Verleihmodell stellen E-Scooter keinen Mehrwert für die Umwelt dar“, teilte ein Sprecher mit. Die Distanzen, die mit den E-Scootern zurückgelegt würden, lägen „eher zwischen Fußverkehr und Radverkehr“. Sie hätten zudem nur eine kurze Lebensdauer und seien daher auch ein Thema bei der Abfallverwertung.
Auf das Entsorgungsproblem wies auch Thews hin. „Die E-Scooter müssen häufig schon nach wenigen Monaten als Elektroschrott entsorgt werden.“Im Verleih seien sie relativ teuer und hätten ihren Anschaffungspreis daher nach wenigen Monaten eingespielt. „Mit Blick auf die Öko-Bilanz ist das nicht sinnvoll. Für defekte E-Scooter muss es dringend ein Reparatur- und Recyclingkonzept geben.“
Eine Studie der Boston Consulting Group hatte E-Scootern im Mai eine durchschnittliche Lebensdauer von drei Monaten bescheinigt. Die Branche selbst zeigt sich optimistischer. „Bei den aktuell im Einsatz befindlichen E-Scootern erwarten wir eine Lebensdauer von mindestens 14 Monaten. Kommende Scooter-Generationen werden mehrere Jahre haltbar sein“, sagte ein Sprecher des Anbieters Tier. Mit aktuell 14.300 E-Scootern gehört das Berliner Start-up zu den größten deutschen Verleihern. Die Mitbewerber Voi und Lime gehen von einer Lebensdauer von mindestens zwölf Monaten aus. Kritik kommt von Konkurrent Circ. Nur seine Fahrzeuge seien für den dauerhaften Verleih geeignet, teilte die Firma mit.
Das Bundesumweltministerium will genauer hinschauen. Es fordert, dass neben der geplanten Evaluierung der E-Scooter zur Verkehrssicherheit auch eine ökologische Bewertung vorgenommen wird, wie ein Sprecher erklärte. SPD-Umweltexperte Thews sieht noch ein weiteres Problem. Die Roller würden von den Verleihfirmen zum Aufladen der Akkus abends durch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor eingesammelt und morgens wieder an die Straßenecken gestellt.
Nicht nur die Umweltbilanz der E-Scooter sorgt für Diskussionen. Viele Städte wurden auch von dem neuen Angebot regelrecht überflutet. Die Erfahrungen der ersten zwei Monate sind in ein Memorandum geflossen, das der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städteund Gemeindebund am Montag präsentierten. Demnach sollen künftig strengere Regeln für das Abstellen von E-Scootern gelten. Auch müssten die Fahrzeuge auf Bürgersteigen und in Fußgängerzonen automatisch gedrosselt werden. Das Verkehrsministerium soll dies künftig bei der Betriebserlaubnis sicherstellen. Die Vereinbarung wurde von den Anbietern Circ, Lime, Tier und Voi unterzeichnet.