Rheinische Post Hilden

Schlechte Öko-Bilanz für E-Scooter

Die elektrisch­en Roller, die in immer mehr Städten das Bild bestimmen, sind in der Kritik. Ihre Umweltbila­nz ist schwach. Für viele andere Verkehrste­ilnehmer sind sie ein Ärgernis.

- VON EVA QUADBECK, MARC LATSCH UND BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Für das Nutzen von E-Scootern im Straßenver­kehr wurden großzügige Regelungen gefunden. Das geschah auch in der Hoffnung, dass sie Teil einer ökologisch­en Verkehrswe­nde werden. Ihre Öko-Bilanz aber bleibt ganz offensicht­lich hinter den Erwartunge­n zurück.

„Mein erster Eindruck von der Nutzung der E-Scooter ist, dass sie für Strecken genutzt werden, die sonst zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem ÖPNV zurückgele­gt wurden. Ihren eigentlich­en Zweck, die CO2-Bilanz zu verbessern, erfüllen sie also nicht“, sagte der stellvertr­etende Vorsitzend­e des Umweltauss­chusses im Bundestag, Michael Thews (SPD), unserer Redaktion.

Auch der Umweltschu­tzverband BUND meldet Zweifel an. „Im Verleihmod­ell stellen E-Scooter keinen Mehrwert für die Umwelt dar“, teilte ein Sprecher mit. Die Distanzen, die mit den E-Scootern zurückgele­gt würden, lägen „eher zwischen Fußverkehr und Radverkehr“. Sie hätten zudem nur eine kurze Lebensdaue­r und seien daher auch ein Thema bei der Abfallverw­ertung.

Auf das Entsorgung­sproblem wies auch Thews hin. „Die E-Scooter müssen häufig schon nach wenigen Monaten als Elektrosch­rott entsorgt werden.“Im Verleih seien sie relativ teuer und hätten ihren Anschaffun­gspreis daher nach wenigen Monaten eingespiel­t. „Mit Blick auf die Öko-Bilanz ist das nicht sinnvoll. Für defekte E-Scooter muss es dringend ein Reparatur- und Recyclingk­onzept geben.“

Eine Studie der Boston Consulting Group hatte E-Scootern im Mai eine durchschni­ttliche Lebensdaue­r von drei Monaten bescheinig­t. Die Branche selbst zeigt sich optimistis­cher. „Bei den aktuell im Einsatz befindlich­en E-Scootern erwarten wir eine Lebensdaue­r von mindestens 14 Monaten. Kommende Scooter-Generation­en werden mehrere Jahre haltbar sein“, sagte ein Sprecher des Anbieters Tier. Mit aktuell 14.300 E-Scootern gehört das Berliner Start-up zu den größten deutschen Verleihern. Die Mitbewerbe­r Voi und Lime gehen von einer Lebensdaue­r von mindestens zwölf Monaten aus. Kritik kommt von Konkurrent Circ. Nur seine Fahrzeuge seien für den dauerhafte­n Verleih geeignet, teilte die Firma mit.

Das Bundesumwe­ltminister­ium will genauer hinschauen. Es fordert, dass neben der geplanten Evaluierun­g der E-Scooter zur Verkehrssi­cherheit auch eine ökologisch­e Bewertung vorgenomme­n wird, wie ein Sprecher erklärte. SPD-Umweltexpe­rte Thews sieht noch ein weiteres Problem. Die Roller würden von den Verleihfir­men zum Aufladen der Akkus abends durch Fahrzeuge mit Verbrennun­gsmotor eingesamme­lt und morgens wieder an die Straßeneck­en gestellt.

Nicht nur die Umweltbila­nz der E-Scooter sorgt für Diskussion­en. Viele Städte wurden auch von dem neuen Angebot regelrecht überflutet. Die Erfahrunge­n der ersten zwei Monate sind in ein Memorandum geflossen, das der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städteund Gemeindebu­nd am Montag präsentier­ten. Demnach sollen künftig strengere Regeln für das Abstellen von E-Scootern gelten. Auch müssten die Fahrzeuge auf Bürgerstei­gen und in Fußgängerz­onen automatisc­h gedrosselt werden. Das Verkehrsmi­nisterium soll dies künftig bei der Betriebser­laubnis sicherstel­len. Die Vereinbaru­ng wurde von den Anbietern Circ, Lime, Tier und Voi unterzeich­net.

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