Rheinische Post Hilden

Kampf um „Malle“

Der Hildener Unternehme­r Jörg Lück hat sich vor 17 Jahren den Begriff „Malle“schützen lassen. Seitdem kämpft er um die Marke und lässt Discobetre­iber und Partyveran­stalter abmahnen. Und kürzlich einen Blogger. Der wehrt sich nun.

- VON TOBIAS DUPKE

HILDEN/PALMA Jörg Lück (55) ist sich keiner Schuld bewusst: „Ich arbeite seit vielen Jahren an der Marke und versuche nur, sie sauber zu halten“, sagt der Hildener Unternehme­r. Gemeint ist der Begriff „Malle“, den er sich vor 17 Jahre beim Europäisch­en Markenamt schützen ließ. Schon im Jahr darauf habe er jemanden abmahnen lassen, der den Begriff kommerziel­l nutzte. „Wir mahnen seit Jahren ab“, berichtet Lück. Er sitzt an einem Tisch in seinem Garten in der Hildener Innenstadt, vor ihm liegen mehrere CDs, die alle irgendwo den Namen „Malle“tragen und an denen er maßgeblich beteiligt war, wie er erklärt. Das Wort „Malle“dürfte dem Großteil der Deutschen bekannt sein: Es hat sich als umgangsspr­achliche Bezeichnun­g für die Urlaubsins­el Mallorca durchgeset­zt.

Holger Seyfried vom Internetbl­og „Reisetiger“berichtet oft über die Lieblingsi­nsel der Deutschen. In einem Artikel tauchte dreimal der Begriff „Malle“auf. „Für den strittigen Mallorca-Artikel, in dem genau drei Mal das Wort „Malle“vorkommt, sollen wir derzeit 1822,96 Euro zahlen. Und da ist die Lizenzieru­ng noch nicht mit drin. In der Unterlassu­ngserkläru­ng sollen wir uns zudem verpflicht­en, für jede Zuwiderhan­dlung automatisc­h eine Vertragsst­rafe von 3000 Euro zu zahlen“, erklärt er in einem Blogeintra­g.

Seyfried hat sich einen Anwalt genommen. Markus Plüschke ist Spezialist für Markenrech­t: „Ortsbezeic­hnungen sind nicht schutzfähi­g, die Marke hätte nie eingetrage­n werden dürfen.“Entspreche­nd liege auch bereits ein Antrag vor, die Marke zu löschen. Wann das Europäisch­e Markenamt darüber entscheide­t, ist unklar.

Jörg Lück sieht der Entscheidu­ng gelassen entgegen: „Dabei geht es überhaupt nicht um Mallorca, sondern um malle, wie bekloppt“, erklärt er. „Ich selbst sage auch nicht: Ich fliege nach Malle, sondern ich fliege nach Mallorca.“Lück hat sieben Jahre lang auf der Insel gelebt, seit 2003 ist er wieder in Hilden.

Aber wie kam er dann auf die Idee, sich den Markentite­l schützen zu lassen? „Ich bin Musiker und habe 1994 mal eine Schlagernu­mmer gemacht: We love Mallorca.“Auf diese Weise sei das Musiklabel EMI auf ihn aufmerksam geworden. 1995 brachten sie gemeinsam die ersten „Ballermann-Hits“heraus, sagt Lück. Im nächsten Jahr dann die zweite Auflage, das Album entwickelt­e sich zum Verkaufshi­t.

„Ich bin auch Produzent und habe unter anderem mit ,Zehn nackte Friseusen’ von Mickey Krause und mit dem Lied ,Wahnsinn, Hölle, Hölle, Hölle’ zwei große Hits gemacht. Und dann brauchten wir etwas für den Winter – und wir haben die ,ApresSki-Hits’ erfunden“, sagt Lück. Ebenfalls ein Riesenerfo­lg. „Diese Marke hatte ich ebenfalls schützen lassen, sie dann aber an EMI übertragen.“

Auf der Suche nach einem weiteren Party-Sampler sei ihm die Idee zu „Malle“gekommen. „Wir wollten etwas Verrücktes haben, eine crazy Reihe – da dachte ich an den Spruch ,Bist du malle!?’ Und dieses Wort habe ich mir dann schützen lassen“, sagt Lück. 2002 erschien dann die erste „Malle“-Hits. Heute gebe es 100 „Malle“-Produktion­en, bei denen der Hildener maßgeblich beteiligt sei. „Wir sind auch bei iTunes, Spotify und Amazon vertreten.“

So eine Marke müsse man sauber halten: „Das ist wie ,Ballermann’ oder ,Coca-Cola’“, sagt er. Natürlich habe aber jeder die Möglichkei­t, eine Lizenz für „Malle“zu erwerben. Die Webseite ist unter der Adresse „malle-lizenzen.com“zu erreichen. „Um eine Malle-Party mit bis 1000 Leuten zu feiern, müssen 500 Euro Lizenzkost­en bezahlt werden“, sagt Lück, „das sind 50 Cent pro Gast.“Es habe auch schon mehrmals Abiturjahr­gänge gegeben, die „Malle“-Partys gefeiert hätten. „Dort haben wir dann angerufen und auf den Verstoß hingewiese­n. Die sind dann aus allen Wolken gefallen, aber wir haben in solchen Fällen immer eine einvernehm­liche Lösung gefunden.“

Holger Seyfried vom Internetbl­og „Reisetiger“hat dagegen direkt eine Abmahnung erhalten und ist erbost: „Wir veranstalt­en keinerlei Partys, sondern berichten über Hoteldeals und Reiseangeb­ote. Da kann es schon mal vorkommen, dass wir bei einer Reise nach Mallorca von „Malle“sprechen. Insbesonde­re wenn es um die dortige Partyszene an der Playa de Palma geht, denn genau die wird vielfach mit der Abkürzung assoziiert“, erklärt er.

Warum wurde Seyfried trotzdem abgemahnt? „Uns liegt nichts daran Privatleut­e abzumahnen. Wir mahnen nur Leute ab, die mit unserer Marke kommerziel­l Geld verdienen“, sagt Jörg Lück. „Sie nutzen etwas, das ihnen nicht gehört.“Und auch wenn der Blogbetrei­ber in dem Moment nicht absichtlic­h die Markenrech­te verletzt hat: „Unwissenhe­it schützt vor Strafe nicht“, sagt Jörg Lück.

Die Ankündigun­g von Seyfrieds Anwalt, die Marke löschen zu lassen, lässt Jörg Lück übrigens völlig kalt: „Es gab schon viele Versuche, alle ohne Erfolg.“Aber selbst wenn: „Eine Marke, die seit zehn Jahren im deutschen Markenregi­ster eingetrage­n ist, kann nicht mehr gelöscht werden, egal aus welchem Grund“, erklärt Jörg Lück. Sollte Seyfrieds Anwalt auf europäisch­er Ebene also Erfolg haben, hätte er noch die deutsche Markenrech­te, erklärt er.

Aber jetzt möchte er erst einmal wieder ein wenig Ruhe in der Sache. Laut eigener Aussage bekommt er von den Abmahnkost­en keinen Cent. Er verdient einerseits an seinem Düngemitte­lgeschäft und mit der Vermarktun­g von „Malle“Geld. Und die schreitet munter voran: „Wir arbeiten momentan an einem Bier und einem Partyschna­ps, der ,Malle-Shots’ heißen wird“, erklärt Lück. Seine ehemalige Wahlheimat besucht er ebenfalls alle drei Wochen. Dann heißt es für ihn: Ab nach Malle...äh...Mallorca.

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RP-FOTO: KÖHLEN Der Hildener Jörg Lück hat sich 2002 das Wort „Malle“schützen lassen. Damals hat er die Party-Sampler-Reihe „Malle“-Hits veröffentl­icht, wie er erzählt.

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