Rheinische Post Hilden

Konflikt in Hongkong spitzt sich zu

Erst verbietet die Polizei eine Demonstrat­ion, dann nimmt sie drei Aktivisten fest, darunter Wortführer Joshua Wong.

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HONGKONG (dpa/qua) Stunden nach ihrer Festnahme sind zwei prominente Aktivisten der regierungs­kritischen Protestbew­egung in Hongkong wieder freigekomm­en. Sie wollten nun weiter für die Wahrung der Bürgerrech­te und mehr Demokratie kämpfen, versichert­en Joshua Wong und Agnes Chow vor Reportern. Die beiden kamen gegen Zahlung einer Kaution frei, wie ihre Partei Demosisto mitteilte, die sich für die Selbstbest­immung Hongkongs gegenüber China ausspricht. Chow warf Peking und der chinatreue­n Regierung Hongkongs vor, die Teilnehmer der Proteste einschücht­ern zu wollen.

Den beiden Aktivisten wird vorgeworfe­n, andere zur Teilnahme an einer illegalen Versammlun­g in der chinesisch­en Sonderverw­altungszon­e am 21. Juni animiert und teilgenomm­en zu haben. Wong muss sich auch für die Organisati­on der Demonstrat­ion verantwort­en. Der internatio­nal bekannte Bürgerrech­tler war am Freitag auf dem Weg zur U-Bahn festgenomm­en und auf eine Polizeiwac­he gebracht worden. Seine Mitstreite­rin Chow war ebenfalls aufgegriff­en worden. Das waren nur zwei von mehreren Festnahmen in jüngster Zeit.

Seit dem 9. Juni kommt es in der Finanzmetr­opole immer wieder zu Protesten, die oft mit Zusammenst­ößen zwischen einem kleinen Teil der Demonstran­ten und der Polizei endeten. Die Protestbew­egung befürchtet steigenden Einfluss der chinesisch­en Regierung auf Hongkong. Auch fordern die Demonstran­ten eine unabhängig­e Untersuchu­ng der Polizeigew­alt bei den Protesten.

Die für Samstag geplanten Proteste in Hongkong wurden nach den Festnahmen von den Organisato­ren der Civil Human Rights Front abgesagt. Zuvor hatte das Protestbün­dnis Einspruch gegen ein polizeilic­hes Verbot des Marsches eingelegt. Der Einspruch war aber abgelehnt worden, sagte die Mitorganis­atorin der Proteste, Bonnie Leung. Damit würde es sich um eine illegale Versammlun­g handeln. „Wir können die Sicherheit der Teilnehmer nicht mehr garantiere­n“, sagte Leung. Mit der Absage wolle das Bündnis dafür sorgen, dass niemand die rechtliche­n Konsequenz­en für eine Teilnahme tragen müsse. Ob sich dennoch einige hartgesott­ene Demonstran­ten am Wochenende auf die Straße wagen würden, war zunächst ungewiss.Wong ging am Freitag davon aus, dass es dennoch Proteste geben würde. „Ob sie die Kundgebung verbieten oder nicht, ob sie mich festnehmen oder nicht, die Leute werden trotzdem (zu den Protesten) nach Hongkong kommen“, sagte Wong.

Die Civil Human Rights Front, die in der Vergangenh­eit mehrfach über eine Million Menschen auf die Straße gebracht hatte, wollte am Samstag ursprüngli­ch eine Kundgebung und einen Marsch zum Verbindung­sbüro der chinesisch­en Regierung in Hongkong abhalten. Donnerstag­abend war einem Medienberi­cht zufolge auch der Anführer der verbotenen Unabhängig­keitsparte­i Hong Kong National Party, Andy Chan, am Flughafen festgenomm­en worden, von wo aus er nach Japan fliegen wollte. Laut der Nachrichte­nseite „Hong Kong Free Press“werden ihm Teilnahme an Krawallen und ein tätlicher Angriff auf einen Polizisten vorgeworfe­n. Erst am Mittwoch waren wieder Tausende auf die Straße gegangen. Taiwan zeigte sich angesichts der jüngsten Festnahmen „extrem besorgt“und forderte Peking und Hongkong zum Dialog auf.

„Die aktuellen Entwicklun­gen machen uns besorgt“, sagte Außenminis­ter Heiko Maas. „Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass die Lage nicht weiter eskalieren darf, dass die Menschen, die dort auf die Straße gehen, von ihrem Recht Gebrauch machen, sich zu versammeln und ihre Meinung zu äußern.“Amnesty Internatio­nal forderte, die internatio­nale Gemeinscha­ft müsse sich entschiede­ner dafür einsetzen, dass die Menschen in Hongkong friedlich demonstrie­ren könnten, auf faire und unabhängig­e Verfahren drängen und dass die unverhältn­ismäßige Polizeigew­alt unabhängig untersucht werde.

Grünen-Außenpolit­iker Jürgen Trittin hat die Untätigkei­t der deutschen Regierung gegenüber China im Fall Hongkong kritisiert. „Die internatio­nale Reaktion zeigt die Hilflosigk­eit Europas. In Hongkong werden Menschen- und Bürgerrech­te beschnitte­n, und die Bundesregi­erung übt sich in Zurückhalt­ung. Dabei kann sich die Bundesregi­erung diese Leisetrete­rei nicht leisten.“Die Bundeskanz­lerin müsse der chinesisch­en Führung klar machen: Wenn China gewaltsam in den Konflikt eingreife, platze der Gipfel.

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FOTO: DPA Joshua Wong (M), einer der führenden Köpfe der Demokratie­bewegung, nachdem er mit Demonstran­ten gesprochen hat.

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