Vorfestlegung auf Nutriscore?
Eine vom Staat geförderte Ernährungsapp setzt klar auf die Nährwertampel.
BERLIN Während Ernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) noch nach der perfekten Nährwertkennzeichnung sucht, hat sich Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) offenbar schon entschieden. Ihr Ministerium förderte die vor kurzem veröffentlichte App „Nutricard“mit 5,6 Millionen Euro. Die App gibt Empfehlungen für die Ernährung und bietet die Möglichkeit, Produkte anhand des Barcodes einzuscannen und anhand des Nutriscores zu vergleichen. In einer kleinen Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion, die unserer Redaktion vorliegt, wollte Katharina Willkomm, verbraucherschutzpolitische Sprecherin der Partei, von der Regierung wissen, wie das zusammenpasst. Sie wirft dem Ernährungsministerium Entscheidungsschwäche und Scheuklappendenken vor. „Letzteres gilt nicht nur für die Zusammenarbeit zwischen CDU/CSU und SPD, sondern bereits zwischen rein Unions-geführten Ministerien“, sagt Willkomm. Das Bundesforschungsministerium stecke seit Jahren Steuergelder indirekt in die Verwendung des Modells Nutriscore.
Der Antwort der Bundesregierung zufolge setze die geförderte App zwar als Bewertungsgrundlage auf Nutriscore. Die Frage nach der „am besten geeigneten Form der Nährwertkennzeichnung“sei jedoch nicht Gegenstand der Forschung. Für Willkomm ist das das Gegenteil von Zusammenarbeit. „Die vorliegende Äußerung der Bundesregierung erweckt den Eindruck, als gelte dieser Wille zur Sachverhaltsermittlung nicht für den Wissensaustausch zwischen den Ministerinnen Klöckner und Karliczek.“Willkomm könne in der Regierungsantwort kein größeres Interesse erkennen, vom jeweils anderen zu lernen. Klöckner könne sich mit guten Argumenten wie der Anschaulichkeit für den Nutriscore entscheiden. Mit ebenso guten Argumenten wie dessen Unterkomplexität könne sie sich aber auch dagegen entscheiden, sagt Willkomm. Nur entscheiden müsse sie sich endlich, damit die Produzenten wüssten, woran sie sind.
Schon im Juli hatte die FDP die Bundesregierung gefragt, wie sie sich zur Forderung des französischen Premierministers Édouard Philippe verhalten wolle. Dieser hatte gefordert, in der EU eine Initiative zur verpflichtenden Einführung von Nutriscore anzustoßen. In ihrer Antwort verwies die Regierung darauf, dass die aktuelle Gesetzeslage keine Verpflichtung vorsehe. Eine Änderung sei zu diesem Zeitpunkt auch nicht vorgesehen. Für Willkomm fügt sich diese Antwort „lückenlos ins Gesamtbild“einer Ministerin ein, die auf Zeit spiele und sich hinter formalistischen Argumenten verstecke.