„Der FC Bayern – das ist Uli Hoeneß“
Der Meistertrainer schreibt über den angekündigten Rücktritt seines Freundes beim deutschen Meister.
Uli Hoeneß hat sich entschieden, von seinen Ämtern als Präsident und Aufsichtsrats-Vorsitzender des FC Bayern zurückzutreten. Das hat meinen allergrößten Respekt, ich weiß ja, mit welcher Leidenschaft und welchem Engagement er seinen Aufgaben nachgeht. Es ist bestimmt keine leichte Entscheidung für ihn gewesen.
Aber ich habe immer gesagt: Es gibt auch ein Leben nach dem Berufsleben. Die Familie ist über all die Jahre zu kurz gekommen, weil Uli sein Amt mit Hingabe betrieben hat. Nun kann er sein Leben in etwas größerer Ruhe gestalten, er lebt ja in einer traumhaften Region, er hat es verdient, die Lebensqualität zu genießen. Mit 67 wird es Zeit, man wird ja nicht jünger.
Seine Anfänge als Manager habe ich miterlebt. Es war eine völlig andere Zeit, aber für mich war er schon damals ein leidenschaftlicher, unermüdlicher Ankurbler und Macher. Viele sagen, der FC Bayern ist sein Lebenswerk. Das stimmt. Er hat dem Verein erst die Quellen aufgetan, der ihn zu einem Weltklub gemacht hat. Uli hat sich Ende der 1970er Jahre in den USA informiert und sich Impulse und Anregungen geholt. So war er immer, wissbegierig und mit einer Vorstellung, was passieren wird, weitsichtig.
Ich erinnere mich an den großen Holzschreibtisch in seinem Büro, da waren Notizzettel auf dem ganzen Tisch, Themen, Anregungen, Stichworte von Gesprächen. Er war im Thema und konnte direkt einsteigen. Und der Klub war seine Leidenschaft, seine Berufung. Ich fand es imponierend, wie er für den FC Bayern unterwegs war. Das kann man nur, wenn man dafür eine Passion hat. Das ist beim Uli der Fall.
Wir haben uns bei der Nationalmannschaft kennengelernt und gemeinsam große Erfolge gefeiert. Die Mönchengladbacher und Münchner haben sich gut verstanden, aus Kollegialität haben sich Freundschaften entwickelt. 1982, Uli war
schon Manager, überlebte er als Einziger einen Flugzeugabsturz mit einer Privatmaschine. Die Nachricht erhielten wir in der Halbzeitpause eines Länderspiels. Nach einer Woche, ich brauche dafür etwas Zeit, habe ich ihn im Krankenhaus angerufen. Wir haben eine Stunde telefoniert, und am Ende sagte er: „Eines Tages wirst du Trainer beim FC Bayern.“So ist es auch gekommen, und das Telefonat war wohl der Beginn unserer Freundschaft. Ich kann mich auf ihn verlassen, wenn man ihn braucht, dann ist er da. Und ich kann ihm etwas sagen, ihn auch kritisieren, das hält er aus, das muss eine Freundschaft auch aushalten.
Ich habe ihm auch schon mal gesagt, wenn er wieder polarisiert und gepoltert hat, das geht so nicht, und er hat es angenommen. Manchmal polarisiert er bewusst, weil er es für den FC Bayern tut, das ist dann seine Strategie. Aber weil er ein emotionaler Mensch ist, macht er schon mal Fehler. Wenn man ihn privat erlebt, dann ist er ein anderer Mensch, einer der allen mit Respekt begegnet und nie die Bodenhaftung verloren hat. Uli ist bei allen, die ihn kennengelernt haben, unheimlich beliebt.
Über sein Lebenswerk kann ich nur sagen: Der FC Bayern ist Uli Hoeneß, dieses Lebenswerk ist einzigartig. Er hat da nicht nur ein Fundament, er hat ein Monument geschaffen. Deshalb wird der Klub erfolgreich bleiben. Uli hat ja die Weichen gestellt, indem er große Dax-Konzerne ins Boot geholt und seine Nachfolge im Aufsichtsrat durch Herbert Hainer geregelt hat. Und wenn sie klug sind im Verein, dann holen sie weiter seine Expertise ein. Es müssen zwar auch Jüngere ran, aber ohne die Alten geht es nicht. Erfahrung ist unbezahlbar. Und wer hat mehr Erfahrung als Uli Hoeneß? Oder mehr Erfolge?
Aber Erfolge sind das eine, das andere, das Entscheidende, ist, wie er im Gedächtnis der Menschen bleibt. Da ist er einer, der vielen geholfen hat und der unter den Menschen immer ein Mann des Volkes war. Das, finde ich, ist sein Vermächtnis.
Nun hoffe ich, dass er sich mehr Zeit nimmt für sich selbst, und dass er mal zurückschaltet. Ich habe ihm auch schon gesagt, dass er uns doch mal besuchen soll.
Unser Autor (74) wurde mit Uli Hoeneß als Spieler Welt- und Europameister, er gewann als Trainer zweimal die Champions League, vier deutsche Meisterschaften und einmal den DFB-Pokal. Sein größtes Jahr war 2013 mit dem Dreifacherfolg Champions League, DFB-Pokal und Meisterschaft mit dem FC Bayern München.