Rheinische Post Hilden

Der Patron geht durch das große Tor

- VON ROBERT PETERS

MÜNCHEN Er musste es gar nicht sagen. Denn es war ja von jedem Platz aus gut zu sehen. Aber er sagte es doch: „Ich bin total entspannt.“Das war bestimmt nicht immer so in der großen Funktionär­s-Karriere von Uli Hoeneß. Am Freitag allerdings, als er im Pressesaal der Münchner Arena das bevorstehe­nde Ende jener Karriere erklärte, war es auf jeden Fall so. Ein wenig erleichter­t sei er, sagte Hoeneß.

Im November wird er seine beiden großen Ämter beim FC Bayern München niederlege­n, Herbert Hainer, der 15 Jahre den Adidas-Konzern führte, wird ihm als Präsident und als Vorsitzend­er des Aufsichtsr­ats folgen. Hoeneß bleibt einfaches Mitglied des Aufsichtsr­ats.

Das ist schwer vorstellba­r nach 50 Jahren im Verein, den er in 40 Jahren als Manager und Präsident prägte, ja erfand. Selbst Ehefrau Susanne habe bis zuletzt Zweifel am Vorsatz ihres Mannes gehabt. „Bis gestern konnte sie es auch nicht glauben“, sagte Hoeneß.

Sie wird sich damit abfinden, dass er ab November häufiger mal daheim in Bad Wiessee am Tegernsee ist. Er selbst habe da gar keine Pläne, erklärte Hoeneß, „aber mir wird schon etwas einfallen“. Briefmarke­n-Sammeln wird es wohl nicht werden. Und es könnte ja sein, dass so mancher aus dem Klub wohl doch noch mal um Rat fragen wird. „Meine Tür wird immer auf sein“, versichert­e der Noch-Präsident, „ich werde zur Verfügung stehen, wenn man mich braucht, aber ich werde mich nicht aufdrängen.“Vermutlich wird er das auch nicht müssen, denn er hat sich ja zur rechten Zeit ein Netz aus Vertrauten im Klub aufgebaut, die in seiner Nachfolge stehen und bestimmt mal die eine oder andere Frage haben werden. Ob es nun Hainer ist oder die Vorstände Jan Dreese, Andreas Jung, Jörg Wacker oder Oliver Kahn, der designiert­e Nachfolger des Vorstands-Vorsitzend­en Karl-Heinz Rummenigge – sie sichern ein wenig den Fortbestan­d der Hoeneß-Herrschaft, selbst wenn die dann im Verborgene­n ausgeübt werden sollte.

Nicht nur deshalb sieht Hoeneß den Verein gerüstet. „Ich habe immer gesagt, ich will den FC Bayern so übergeben, dass er personell und wirtschaft­lich gut aufgestell­t ist. Herbert Hainer ist die perfekte Lösung, weil er viel Ahnung vom Sport und von der Wirtschaft hat. Und unsere jüngsten Geschäftsz­ahlen waren die besten in der Geschichte des Vereins“, betonte der bald scheidende Top-Funktionär, „die Zukunftspe­rspektive ist aufgezeigt, die ich mir vorgestell­t habe, wir haben es geschafft, alle Weichen in Ruhe zu stellen.“

Der Verein, davon ist der langjährig­e Manager überzeugt, „hat so viel Saft und Kraft, dass er nun ohne Uli Hoeneß an der Spitze auskommen kann“. Es sei wohl der richtige Zeitpunkt gefunden, „weil ich durchs offene, durchs große Tor gehen wollte“. Vor lauter Versöhnlic­hkeit bestritt er sogar, dass anhaltende Differenze­n mit Vorstandsc­hef Rummenigge den Rücktritt befördert hätten. „So etwas mache ich nicht aus Verärgerun­g, und unsere Zusammenar­beit war geprägt von einer gesunden Streitkult­ur, die ein Verein braucht, um sich zu entwickeln.“Selbst die Opposition im Verein, die ihn bei der Mitglieder­versammlun­g im vergangene­n November heftig attackiert hatte, darf sich nicht dafür feiern, den Patron zum Rücktritt bewegt zu haben. „Das war nicht ausschlagg­ebend“, beteuerte Hoeneß. Nein, schlechte Laune wollte er einfach nicht verbreiten an diesem Freitag, der seinen Abschied einleitet. Als Rummenigge mit einem Trikot hinter Glas das Podium enterte, gab es sogar eine Umarmung zwischen den beiden Führungskr­äften. So richtig spontan sah das allerdings nicht aus. Der Abstand war ganz gut zu sehen, auch von weitem.

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