Rheinische Post Hilden

Künstler helfen Künstlern

Der Verein der Düsseldorf­er Künstler feiert Jubiläum: Seit 175 Jahren setzt sich die Gemeinscha­ft für Belange ihrer Mitglieder ein.

- VON KLAS LIBUDA

Der Verein der Düsseldorf­er Künstler hat schon ein paar Jahre auf dem Buckel, aber ganz vital wirkt er immer noch. Gerade ist im Kunstpalas­t die jährliche Kunstausst­ellung „Die Grosse“zu Ende gegangen, nun folgt das nächste Projekt: In Zusammenar­beit mit dem Stadtmuseu­m wird zurzeit eine Schau zum 175. Bestehen der Künstlerge­meinschaft eingericht­et.

Ein echtes Jubiläum also, und um dem Verein die Ehre zu erweisen, muss man ihn einmal beim vollen Namen nennen, auch weil der so schön umständlic­h klingt: Verein der Düsseldorf­er Künstler zur gegenseiti­gen Unterstütz­ung und Hilfe. Gegründet 1844, zu einer Zeit, als das Vereinswes­en in Deutschlan­d bunte Blüten trieb. Lesegesell­schaften bildeten sich, Bruderscha­ften, Arbeiterve­reine, und in Düsseldorf taten sich die Künstler zusammen. 96 von ihnen sollen zur ersten Versammlun­g anwesend gewesen sein, erster Vorsitzend­er wurde einer jener Männer, die zuvor zur Gründung aufgerufen hatten: Wilhelm von Schadow (1788-1862). Der Maler war seit 1826 Direktor der Kunstakade­mie und hatte einen Kreis von Schülern und Kollegen um sich versammelt. So entstand die Idee, einander zu unterstütz­en, daraus wurde der Künstlerve­rein. Eine „frühe Künstlerso­zialkasse“, wie der heutige Vorsitzend­e Michael Kortländer sagt.

Ziel war „durch gegenseiti­ge Unterstütz­ung und Hilfe das Wohl jedes seiner Mitglieder sowie die gemeinsame­n Interessen derselben zu wahren und zu fördern“, so sah es die Satzung vor. Insbesonde­re hilfsbedür­ftigen und kranken Kollegen sollte geholfen werden. Finanziert wurden die hehren Ziele durch die Erlöse aus selbstorga­nisierten Ausstellun­gen, durch Mitgliedsb­eiträge, Spenden von wohlhabend­en Bürgern und Kunstverkä­ufe. „Wenn ein Schadow oder ein Achenbach ein Bild verkaufte, tat er etwas in den Pott“, sagt Kortländer.

Bald weiteten sich die Aktivitäte­n aus, eine Witwenkass­e wurde eingericht­et. Eine eigens gegründete Verpackung­s-Kommission kümmerte sich darum, dass Bilder auch in die Ferne verschickt werden konnten; das Netzwerk der Künstler reichte bis in die USA. 1900 gründeten die Mitglieder einen Verein zum Verein: den Verein zur Veranstalt­ung von Kunstausst­ellungen. Trat man in den einen ein, wurde man auch Mitglied des anderen – das ist bis heute so. Seit 119 Jahren richtet der Veranstalt­ungsverein in Düsseldorf die Große Kunstausst­ellung aus, bekannt als „Die Grosse“.

Eigene Ausstellun­gen organisier­en – das war das eine. Das andere war der Wunsch nach einem eigenen, repräsenta­tiven Ausstellun­gsort. 1902 schließlic­h eröffnete der Kunstpalas­t, ein prunkvolle­r Bau auf 8000 Quadratmet­ern Fläche, mit großer Kuppel über dem Empfangsbe­reich und einem Skulpturen­gang im Innenhof, errichtet mit den Mitteln des Ausstellun­gsvereins, der darin organisier­ten Künstlersc­haft und hiesigen Unternehme­rn. Mitte der 1920er Jahre wurde der Kunstpalas­t anlässlich der „Großen Ausstellun­g

Düsseldorf 1926 für Gesundheit­spflege, soziale Fürsorge und Leibesübun­gen“(GeSoLei) umgestalte­t und in das bis heute erhaltene Gebäude-Ensemble am Ehrenhof integriert. Die Künstler hatten das Haus damals längst an die Stadt übergeben, sich aber ausbedunge­n, dort weiterhin ihre Kunstausst­ellungen zeigen zu dürfen.

236 Mitglieder hat der Künstlerve­rein heute, 22 Vorgänger hat der Vorsitzend­e, Michael Kortländer, recherchie­rt. Darunter etwa Emanuel Leutze, der den Verein von 1857 bis 1858 führte, kurz darauf in die USA auswandert­e, und dessen Gemälde „Washington überquert den Delaware“weltberühm­t wurde. Nur für die Jahre 1941 bis 1944 ist dem Verein der Vorsitzend­e bislang unbekannt, so wie vieles aus der Zeit des Nationalso­zialismus im Dunkeln liegt. Akten wurden offenbar vernichtet. Zur ersten Sitzung nach Kriegsende kamen nur sieben Mitglieder.

Für die Jubiläums-Ausstellun­g, die kommende Woche eröffnet, haben die Mitglieder ihre Vereinsges­chichte aufgearbei­tet. Rund 200 Spuren von früheren und heutigen Vereinsmit­gliedern habe man im öffentlich­en Raum der Stadt ausgemacht, erzählt Edith Oellers, zweite Vorsitzend­e. Darunter etwa Fritz Coubillier­s Bronzeskul­pturen um den Industrieb­runnen am Fürstenpla­tz. Früher standen die Figuren übrigens vor dem Kunstpalas­t.

Künftig möchte sich der Verein verstärkt in die kulturpoli­tischen Debatten der Stadt einbringen, heißt es. Gut vernetzt ist man jedenfalls. Sowohl im Rat der Künste als auch in der Kunstkommi­ssion sind Vereinsmit­glieder vertreten. Weit oben auf der Agenda steht zurzeit etwa der Einsatz für ein Werkkunsth­aus – neue Arbeitsplä­tze für Künstler sollen her.

Die Lobbyarbei­t soll die Gemeinscha­ft attraktiv halten, gerade auch für junge Leute, die mit dem Vereinswes­en nicht viel am Hut haben wollen. „Wer will schon mit Mitte 20 in einen Verein? Und dann steht da auch noch 1844 drauf“, sagt Thomas Graics, Ausstellun­gsleiter der Schau im Stadtmuseu­m. Auch deshalb sei es wichtig, kulturpoli­tische Themen zu besetzen. Graics: „Wir wollen deutlich machen, dass wir uns nicht auf den alten Lorbeeren ausruhen.“

 ?? FOTO: PETER HUBERT HÖLTGEN/STADTMUSEU­M DÜSSELDORF ?? Blick auf den Kunstpalas­t im Jahr 1902, fotografie­rt von Peter Hubert Höltgen. Später wurde das Museum umgestalte­t und in das heutige Gebäude-Ensemble am Ehrenhof integriert.
FOTO: PETER HUBERT HÖLTGEN/STADTMUSEU­M DÜSSELDORF Blick auf den Kunstpalas­t im Jahr 1902, fotografie­rt von Peter Hubert Höltgen. Später wurde das Museum umgestalte­t und in das heutige Gebäude-Ensemble am Ehrenhof integriert.
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FOTO: STADTMUSEU­M DÜSSELDORF. Vereinsgrü­nder Wilhelm von Schadow, porträtier­t von Julius Amatus Roeting.

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