Bei seinem Gastspiel hat es gefunkt
Mit Eleganz und Rasanz lässt Claudius Specht seine Kegel durch die Luft fliegen, bis zu sieben Stück gleichzeitig. Dabei hat der Gentleman unter den Artisten, die momentan im Apollo Varieté auftreten, immer noch ein charmantes Lächeln auf den Lippen und gibt sich ausgesprochen lässig. Das Publikum dankt es ihm mit Applaus. „Solange das Publikum klatscht, so lange habe ich Motivation, auf der Bühne zu stehen“, sagt der 46-jährige Schweizer.
Geboren und aufgewachsen ist er in Basel, als Siebenjähriger begann er im Kinderzirkus mit der Jonglage, dann lernte er aber erst einmal etwas Solides. Specht ist ausgebildeter Maschinenbauer und hatte sein erstes Engagement mit 21 Jahren beim Zirkus Flic
Flac. Der Schweizer Zirkus Knie sei für ihn damals ein Türöffner gewesen, und Roncalli-Chef Bernhard Paul habe ihm den Weg auf Varieté-Bühnen geebnet. Eine Bühne ist dem sympathischen Schweizer besonders wichtig, denn sie hat sein weiteres Leben bestimmt: Die Bühne unter der Rheinkniebrücke des Apollo Varieté.
Es war das Jahr 2000, als er – nicht zum ersten Mal – im Apollo auftrat. Da lernte er bei der Premierenfeier die Studentin Colette
kennen. „Wir kamen ins Gespräch, weil sie viele Leute kannte, und wir haben uns dann wieder getroffen.“Heute sind die beiden verheiratet. „Wir sind recht schnell zusammengezogen und haben sieben Jahre in Bilk gewohnt.“Und in Düsseldorf ist auch die heute zwölfjährige Tochter Malena zur Welt gekommen. Claudius Specht hat also eine besondere Beziehung zu Düsseldorf, auch wenn er jetzt in der Nähe von Frankfurt wohnt.
Bei seinem aktuellen Engagement komme ihm alles so vertraut vor. Aufgetreten ist er schon in der ganzen Welt und heimste auch viele Auszeichnungen ein. In Moskau hat der den Goldenen Elefanten errungen, gewann unter anderem das Traumtänzerfestival und siegte beim japanischen Festival in Shizouka. „Die Japaner sind ein sehr begeisterungsfähiges Publikum“, sagt Specht, „ganz anders als im Madison Square Garden“, fügt er hinzu. Das Publikum sei dort weit weg von der Bühne, aber wenn man es erreicht, dann ist der Auftritt perfekt. So wie im Moment in Düsseldorf. Die Show sei großartig, alle seien gut gelaunt, und mit einem positiven Gefühl fahre er jedes Mal mit dem Rad auch in sein Apartment zurück, das er für die Zeit seines Gastspiels in Düsseldorf bewohnt. Trainieren für den nächsten Auftritt, das müsse er nicht. Seine Performance steht. Der Auftritt sei das beste Training. Höchstens, wenn er neue Tricks ausprobiert, probt er in der spielfreien Zeit.
Ansonsten sind die Tage ohne Auftritte seine kreativen Stunden. Denn Specht ist ein Tüftler. Zu seinem Auftritt zählen als Arbeitsmaterial nicht nur Keulen und Jonglierbecher, sondern auch eine schwarze Box. Specht hat keine hübsche Assistentin, dafür ist die schwarze Box da, die ihm auf Kommando weiteres Jonglage-Zubehör zuwirft. Nein, erklärt er, das geschieht nicht auf Knopfdruck. Vielmehr hat der Artist alles exakt wie ein Schweizer Uhrwerk programmiert. „Da kommt mir der Maschinenbauer zu Gute“, sagt er lächelnd. Denn bei seiner Show käme es auf Präzision an.
Seine raffinierte Technik hat sich in der Szene längst herumgesprochen. Inzwischen kreiert er elektronische Teile für Künstlerkollegen – ob eine Requisite für die neue Show des Cirque de Solei oder einen Oktagon-Würfel für einen Handstand-Künstler, der demnächst im Apollo Varieté auftritt. Der Jongleur Claudius Specht hat sogar seine eigene Werkstatt. „Ich könnte viel mehr machen“, sagt er, nur habe er nicht die Zeit dafür. Denn er will ja auf der Bühne stehen.
Birgit Wanninger