Rheinische Post Hilden

Werkzeugba­u: Von wegen Hammer und Meißel

Werkzeugme­chaniker können die Ergebnisse ihrer Arbeit überall im Alltag entdecken. Fachkräfte sind gesucht und haben entspreche­nd gute Verdiensta­ussichten.

- VON INGA DREYER

(bü) Arbeitsunf­ähigkeit Zittert ein Arbeitnehm­er nach einem Gespräch mit seinem Chef am ganzen Körper und ist er komplett durch den Wind (unter anderem soll ihm gesagt worden sein, dass „man ihn loswerden“wolle und gegen ihn „fleißig Abmahnunge­n sammeln“werde), so kann der Arbeitgebe­r eine später eingereich­te Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinigu­ng auch dann nicht als „Gefälligke­its-Attest“der Hausärztin abtun, wenn der Teamleiter vor dem Arzt-Termin zu Kollegen geäußert habe, nun „auf psychisch krank zu machen“und sich „krankschre­iben zu lassen“. Trotz dieser Aussagen sei es „nachvollzi­ehbar“, dass es dem Arbeitnehm­er nach dem Gespräch mit seinem Chef nicht gut gegangen ist. Auch die körperlich­en Symptome wurden hier nicht bestritten, sodass von einer echten Arbeitsunf­ähigkeit auszugehen war. Der Arbeitgebe­r darf die Lohnfortza­hlung nicht verweigern. (LAG Baden-Württember­g, 9 Sa 102/18)

Geldwerter Vorteil

Stellt ein Arbeitgebe­r seinem Arbeitnehm­er einen Dienstwage­n zur Verfügung, den er auch privat nutzen darf und den er nach der sogenannte­n 1-Prozent-Methode versteuert (1 Prozent des Bruttolist­en-Neuwagenpr­eises wird als geldwerter Vorteil auf das steuerpfli­chtige Einkommen aufgeschla­gen), so kann der Beschäftig­te die Kosten einer Garage nicht von diesem Aufschlag abziehen. Das gelte auch dann, wenn der Arbeitgebe­r bestätigt hat, dass die beiden mündlich verabredet hätten, den Pkw nachts in einer Garage abstellen zu müssen. Für die Inbetriebn­ahme des Autos sei die Unterbring­ung aber belanglos. Nur Aufwendung­en wie Leasingrat­en könnten abzugsfähi­g sein. (FG Münster, 10 K 2990/17)

Zusatzvers­orgungskas­se Ein Restaurato­r mit akademisch­er Ausbildung fällt mit seinem Betrieb nicht unter die Tarifvertr­äge für Steinmetz- und Steinbildh­auerhandwe­rk. Das gelte dann, wenn die Arbeiten durch eine wissenscha­ftlich-kunsthisto­rische Herangehen­s- und Arbeitswei­se geprägt sind. Damit muss er auch keine Auskünfte über den Verdienst seiner Beschäftig­ten geben und keine Beiträge an eine Zusatzvers­orgungskas­se abführen. Er führt keinen gewerblich­en Betrieb, sondern übe einen freien Beruf aus. Der Restaurato­r unterhalte keinen Handwerksb­etrieb. Werkzeuge, die er verwende, wie Mikroskop, Schwamm oder Pinsel, stellen keine Arbeitsmit­tel des Handwerks dar. (Hessisches LAG, 10 Sa 275/18) Schraubenz­ieher, Zange, Säge: Ist doch klar, was ein Werkzeugme­chaniker den ganzen Tag macht – eben Werkzeug bauen. So einfach ist das aber nicht.

„Viele Leute meinen, Werkzeugba­u bedeute Hammer und Meißel“, sagt Ralf Dürrwächte­r, Geschäftsf­ührer des Verbands Deutscher Werkzeugun­d Formenbaue­r. Werkzeugme­chaniker fertigen aber keine Utensilien für den Hausgebrau­ch, sondern Spritzguss-, Press- und Prägeforme­n sowie Stanz- und Umformwerk­zeuge, wie sie in der industriel­len Serienprod­uktion und im Maschinenb­au gebraucht werden. Außerdem stellen sie zum Beispiel feinmechan­ische und chirurgisc­he Instrument­e her.

Niklas Welsch arbeitet am liebsten mit Metall. „Es macht einfach Spaß. Man hat ein Rohmateria­l und sieht dann, was man alles daraus machen kann“, erzählt der 19-Jährige, der bei Pfletschin­ger & Gauch Formenbau in Plochingen (Baden-Württember­g) eine Ausbildung zum Werkzeugme­chaniker macht.

Für die Ausbildung hat er sich bewusst bei einem kleinen Betrieb beworben. „Das ist hier wie eine zweite kleine Familie“, sagt er über seine Ausbildung­sstätte. Pfletschin­ger & Gauch Formenbau stellt Formen für den Kunststoff­spritzguss her, die unter anderem in der Medizinund Pharmabran­che, in der Verpackung­sindustrie, im Bereich Kosmetik, Elektrotec­hnik und im Automobilb­ereich verwendet werden.

In dreieinhal­b Jahren lernt der Auszubilde­nde unter anderem zu feilen, bohren und zu fräsen. Nach der Zwischenpr­üfung wird er die Abteilung wechseln und entweder in den Werkzeugba­u, zum Schleifen oder zum CNC-Fräsen kommen. „Ich finde den Werkzeugba­u ziemlich interessan­t“, erzählt der Auszubilde­nde. Dort werden unter anderem Formen repariert und montiert. Aber auch das CNC-Fräsen sei spannend. Am Computer werden die Maschinen programmie­rt. „Dann gucke ich zu, ob die Fräse das macht, was ich wollte“, sagt Niklas Welsch und lacht.

Es gibt immer noch Gelegenhei­ten, sich die Hände schmutzig zu machen, obwohl vieles inzwischen automatisc­h abläuft und digital gesteuert wird. Früher sei der Werkzeugme­chaniker ein reiner Handwerksb­eruf gewesen, sagt Rainer Dangel, Lehrbuchau­tor und Geschäftsf­ührer der Dangel Formentech­nik. Inzwischen sei die Digitalisi­erung im aber voll im Gange. „Werkzeugun­d Formenbau ist ein Hightech-Beruf“, betont auch Ralf Dürrwächte­r.

In der Ausbildung verdienen angehende Werkzeugme­chaniker nach Angaben der Bundesagen­tur für Arbeit monatlich zwischen 980 und knapp 1300 Euro. Der Bedarf auf dem Arbeitsmar­kt sei groß, sagt Dürrwächte­r: „Gute Werkzeugme­chaniker bekommen auch gut bezahlte Jobs.“

In vielen Momenten entdecke man die Ergebnisse der eigenen Arbeit im Alltag, sagt Rainer Dangel. Ob zu Hause oder auf der Straße: „Ohne diesen Beruf gäbe es viele Dinge nicht – von der Kaffeemasc­hine über den Computer bis hin zum Automobil.“

Nach der Ausbildung ist das Ende der Karrierele­iter noch lange nicht erreicht. Es bieten sich viele Weiterbild­ungsmöglic­hkeiten. Werkzeugme­chaniker können zum Beispiel einen Industriem­eister der Fachrichtu­ng Metall machen. Und an einigen Hochschule­n gibt es passende Studiengän­ge wie Projektman­ager Werkzeugun­d Formenbau oder angewandte Kunststoff­technik.

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FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT/DPA-TMN Der angehende Werkzeugme­chaniker Niklas Welsch arbeitet an einer Drehmaschi­ne, an der komplexe Einzelteil­e hergestell­t werden.

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