Auswahl nach Größe?
Größe: 1,68 m, Augenfarbe: Braun, Haarfarbe: Braun. Irritiert schaue ich auf den Namen des Dokuments, das ich da gerade geöffnet habe. Doch, es ist der Lebenslauf einer Bewerberin um eine Stelle in einer Agentur. Sie will dort im Bereich Online-Marketing arbeiten. Aber was denkt sie sich dabei, mit diesen Angaben zu beginnen? Glaubt sie, dass Bewerber unter 1,70 m bessere Chancen haben? Hofft sie insgeheim, als Model entdeckt zu werden?
Über ihre Erfahrungen im geforderten Arbeitsfeld schweigt sie sich leider aus. Dafür teilt sie ihre Liebe zu Tanz und Gesang und Kultur im Allgemeinen mit. Ich fürchte, das reicht nicht für eine Einladung zum Vorstellungsgespräch. Eine andere Bewerberin auf dieselbe Stelle listet mehr als ein halbes Dutzend Interessen von Filmgeschichte bis zu Pferden auf, die alle rein gar nichts mit Social Media zu tun haben.
Auch in ihrem Studienfach Medienwissenschaft hat sie das Berufsfeld bisher erfolgreich vermieden. Beide Kandidatinnen zeigen sich aber davon überzeugt, genau die richtige für die ausgeschriebene Stelle zu sein. Was ist da schiefgelaufen?
Viele Studierende sind mit Recht stolz auf ihre Leistungen und auch auf ihr besonderes Engagement für ihre Hobbies. Dabei vergessen sie, eine Stellenausschreibung daraufhin anzusehen, was der Arbeitgeber erwartet, in unserem Fall Affinität zu sozialen Medien, und die eigenen Kenntnisse damit abzugleichen. Wenn ich gut die Hälfte der Kriterien erfülle und das auch in meiner Bewerbung anschaulich darlege, habe ich gute Chancen. Und bei den Hobbies würde ich nur ein oder zwei nennen, die mir wirklich wichtig sind.
Und wenn ich aber in Wahrheit Tänzerin werden will oder Filmwissenschaftlerin, dann ist ein Job in einer PR-Agentur auf dem Weg zum Traumberuf nicht wirklich nützlich.