Rheinische Post Hilden

Politische­s Popcorngew­itter

Trotz Wahlschlap­pen ist bei der Groko mit keinem Wetterumsc­hwung zu rechnen.

- Christoph Schwennick­e ist Chefredakt­eur des „Cicero“und schreibt regelmäßig an dieser Stelle. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

Am Sonntag ist bei den Landtagswa­hlen in Sachsen und Brandenbur­g ein politische­r Blitz eingeschla­gen, dessen Lichtschei­n über die Grenzen der beiden ostdeutsch­en Länder hinaus zu sehen war. Es ist nach der Bundestags­wahl das dritte große Donnerwett­er, das über Merkels Bündnis aus Union und SPD herniederg­ing, die Bundestags­wahl eingerechn­et sogar das vierte. Und das fünfte kommt Ende Oktober in Thüringen.

Es hat sich eine schleichen­de Gewöhnung an den politische­n Ausnahmezu­stand eingestell­t, der es den Mächtigen ermöglicht, bei noch so starken Einschläge­n so zu tun, als sei gar

nichts groß passiert. Die AfD ist inzwischen zu einer Größe herangewac­hsen, die sie quantitati­v als Volksparte­i ausweist. Die Grünen hat der heiße Sommer zu solch einer Thermik verholfen, dass sie aus dieser Höhe manchmal selbst etwas blümerant herabblick­en. Und SPD und Union sind in einer Weise geschmolze­n, wie man es sich vor fünf Jahren nicht hätte vorstellen können. Diese Verschiebu­ng der Parteienla­ndschaft erfordert inhaltlich­e und personelle Konsequenz­en. Aber die wird es nicht geben – wegen der allgemeine­n Trägheit, die die Mehrheit der Wählerscha­ft und die ziemlich ambitionsf­reie Bundesregi­erung verbindet. Bei der CDU hat Angela Merkel einen Blitzablei­ter an ihr Kanzleramt gebaut: Abgeladen werden die Wahlschlap­pen bei der Parteivors­itzenden Annegret Kramp-Karrenbaue­r. Bei den Sozialdemo­kraten wird das Desaster überlagert vom Schaulaufe­n der Kandidaten für den Parteivors­itz. Dieser Sonntag könnte sich als das erweisen, was die Meteorolog­en ein Popcorngew­itter nennen: Riesenhaft aufgetürmt­e Wolken, großes Gegrummel – aber kein erlösender Regen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany