Politisches Popcorngewitter
Trotz Wahlschlappen ist bei der Groko mit keinem Wetterumschwung zu rechnen.
Am Sonntag ist bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg ein politischer Blitz eingeschlagen, dessen Lichtschein über die Grenzen der beiden ostdeutschen Länder hinaus zu sehen war. Es ist nach der Bundestagswahl das dritte große Donnerwetter, das über Merkels Bündnis aus Union und SPD herniederging, die Bundestagswahl eingerechnet sogar das vierte. Und das fünfte kommt Ende Oktober in Thüringen.
Es hat sich eine schleichende Gewöhnung an den politischen Ausnahmezustand eingestellt, der es den Mächtigen ermöglicht, bei noch so starken Einschlägen so zu tun, als sei gar
nichts groß passiert. Die AfD ist inzwischen zu einer Größe herangewachsen, die sie quantitativ als Volkspartei ausweist. Die Grünen hat der heiße Sommer zu solch einer Thermik verholfen, dass sie aus dieser Höhe manchmal selbst etwas blümerant herabblicken. Und SPD und Union sind in einer Weise geschmolzen, wie man es sich vor fünf Jahren nicht hätte vorstellen können. Diese Verschiebung der Parteienlandschaft erfordert inhaltliche und personelle Konsequenzen. Aber die wird es nicht geben – wegen der allgemeinen Trägheit, die die Mehrheit der Wählerschaft und die ziemlich ambitionsfreie Bundesregierung verbindet. Bei der CDU hat Angela Merkel einen Blitzableiter an ihr Kanzleramt gebaut: Abgeladen werden die Wahlschlappen bei der Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer. Bei den Sozialdemokraten wird das Desaster überlagert vom Schaulaufen der Kandidaten für den Parteivorsitz. Dieser Sonntag könnte sich als das erweisen, was die Meteorologen ein Popcorngewitter nennen: Riesenhaft aufgetürmte Wolken, großes Gegrummel – aber kein erlösender Regen.