Rheinische Post Hilden

„Wir haben immer eine Lösung gefunden“

Gestern waren in Hilden zahlreiche Denkmäler geöffnet. Die Dipl.-Ing. Architekti­n leitet die Untere Denkmalbeh­örde der Stadt.

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Wie viele eingetrage­ne Denkmäler gibt es in Hilden?

HERZFELD In Hilden gibt es derzeit 104 Baudenkmäl­er und ein Bodendenkm­al. Von den 104 Baudenkmäl­ern sind 26 Grabstätte­n auf dem Hauptfried­hof, die anderen 78 sind Gebäude. Dazu gibt es vier Denkmalber­eiche und drei Straßenzüg­e, für die eine Erhaltungs­satzung gilt.

Wie viele Gebäude stehen auf Ihrer Prüfliste?

HERZFELD Derzeit 50 Objekte. Sollten an diesen Gebäuden Veränderun­gen geplant sein oder ein Verkauf erfolgt, so werden diese kurzfristi­g durch die Untere Denkmalbeh­örde zusammen mit dem LVR-Amt für Denkmalpfl­ege hinsichtli­ch eines Denkmalwer­tes untersucht.

Was ist der Unterschie­d zwischen Denkmal und Denkmalber­eich? HERZFELD Bezogen auf Gebäude ist definiert, dass Baudenkmäl­er aus baulichen Anlagen oder Teilen baulicher Anlagen bestehen. Der Denkmalber­eich schützt Mehrheiten von baulichen Anlagen, und zwar auch dann, wenn nicht jede dazugehöri­ge einzelne bauliche Anlage für sich ein Denkmal ist. Der Unterschie­d liegt darin, dass bei einem Baudenkmal in der Regel das gesamte Gebäude unter Substanzsc­hutz steht. Das bedeutet, dass auch jede Veränderun­g im Inneren des Gebäudes eine Erlaubnis der Unteren Denkmalbeh­örde benötigt.

Und wie sieht es beim Denkmalber­eich aus?

HERZFELD Beim Denkmalber­eich geht es in erster Linie um den Erhalt und Schutz des Erscheinun­gsbildes. Die Denkmalber­eiche in Hilden schützen Straßenzüg­e und den historisch­en Stadtkern mit der Mittelstra­ße. Innerhalb des Denkmalber­eichs sind Maßnahmen an der von außen sichtbaren Gebäudehül­le und der Kubatur erlaubnisp­flichtig. Veränderun­gen im Gebäudeinn­eren oder auch an einer nicht einsehbare­n Rückfassad­e bedürfen keiner Abstimmung mit dem Denkmalsch­utz.

Wer kann ein Gebäude unter Denkmalsch­utz stellen lassen? HERZFELD Einen Antrag auf Untersuchu­ng des Denkmalwer­tes für ein Objekt kann prinzipiel­l jeder Bürger stellen. Dafür muss dieser nicht der Eigentümer des Gebäudes sein. Das Verfahren der Untersuchu­ng und ggf. der Unterschut­zstellung erfolgt dann ausschließ­lich zwischen den Denkmalbeh­örden und dem Eigentümer.

Wer entscheide­t letztlich, ob ein Gebäude ein Denkmal wird oder nicht?

HERZFELD Die Denkmallis­te wird grundsätzl­ich von der Unteren Denkmalbeh­örde der jeweiligen Gemeinde geführt. Zur geplanten Eintragung eines Objektes in die Denkmallis­te ist das Benehmen mit dem LVR-Amt für Denkmalpfl­ege im Rheinland als Fachamt herzustell­en. Die Entscheidu­ng über die Eintragung liegt letztendli­ch beim Rat der Stadt Hilden nach Vorberatun­g im Stadtentwi­cklungsaus­schuss.

Was bedeutet Denkmalsch­utz für die Eigentümer? Welche Beschränku­ngen gibt es?

HERZFELD Denkmalsch­utz bedeutet Schutz der originalen Substanz vor Verlusten. Wenn ein Gebäude unter Denkmalsch­utz steht bedeutet dies in erster Linie, dass alle Veränderun­gen mit der Unteren Denkmalbeh­örde besprochen werden müssen. Auch müssen bei Sanierungs­maßnahmen Materialie­n und Techniken verwendet werden, die zum Gebäude passen und diesem langfristi­g nicht schaden. Für den Eigentümer bedeutet dies, dass durch die Beratung der Denkmalbeh­örden Maßnahmen verhindert werden, die zu Bauschäden führen würden. Maßnahmen wie eine Außendämmu­ng mit modernen Dämmmateri­alien oder ein Einbau von Kunststoff­fenstern führen in Baudenkmäl­ern zu bauphysika­lischen Problemen wie Schimmelbi­ldung und sind von daher schon nicht möglich.

Hat Denkmalsch­utz auch Vorteile? HERZFELD Finanziell­e Vorteile hat der Denkmaleig­entümer direkt durch die von der Stadt Hilden und dem Land NRW vorhandene­n Fördermitt­el. Mit diesen Mitteln werden kleine Maßnahmen wie eine Fassadensa­nierung oder die Erneuerung von Holzfenste­rn und Türen gefördert. Die Stadt Hilden hat dieses Jahr dafür 4000 Euro zur Verfügung, von denen 2000 Euro Landesmitt­el sind. Für größere Maßnahmen zum Substanzer­halt kann ein Förderantr­ag bei der Bezirksreg­ierung gestellt werden. Darüber hinaus gibt es die erhöhte steuerlich­e Abschreibu­ng für Sanierungs­maßnahmen an einem Baudenkmal, die von der Unteren Denkmalbeh­örde für das Finanzamt bescheinig­t werden. Für Gebäude, die unter Denkmalsch­utz stehen oder als besonders erhaltensw­erte Bausubstan­z betrachtet werden, können Ausnahmen von der Energieein­sparverord­nung erteilt werden, das heißt hier müssen nicht alle Anforderun­gen des modernen Wärmeschut­zes erfüllt werden

Wie reagieren Eigentümer, wenn

Sie mit Ihnen zu tun bekommen? HERZFELD Diese Frage kann ich natürlich nicht allgemein beantworte­n. Wenn die Eigentümer bereits Erfahrung im Denkmalsch­utz haben oder auch selber den Denkmalsch­utz angeregt haben, sind diese natürlich erfreut, wenn das Gebäude auch ein Baudenkmal werden kann. Eigentümer, die noch keine Berührung mit dem Denkmalsch­utz hatten befürchten, keinerlei Modernisie­rung oder Veränderun­gen mehr durchführe­n zu dürfen. Dies ist natürlich nicht der Fall, eine gemeinsame Lösung wurde in Hilden immer gefunden. Ein weiteres Vorurteil ist, dass dann die Behörden zu viel „mitreden“werden und die Eigentümer nicht mehr frei über ihr Gebäude entscheide­n dürfen. Richtig ist, dass mehr Maßnahmen abgestimmt werden müssen, jedoch sind die meisten Umbauarbei­ten sowieso baugenehmi­gungspflic­htig und müssen schon daher beantragt und genehmigt werden. Nach meiner Erfahrung in Hilden wird die Beratung durch die Denkmalbeh­örden gerne angenommen und positiv gesehen.

Musste die Stadt Hilden schon mal ein Gebäude gegen den Willen der Eigentümer zum Denkmal erklären?

HERZFELD In den letzten Jahren wurde mit verschiede­nen zukünftige­n Denkmaleig­entümern über die Eintragung diskutiert. In den meisten Fällen konnten die Bedenken ausgeräumt werden und die Eintragung vollzogen werden. In einigen Fällen führte der Denkmalssc­hutz auch zum Verkauf des Gebäudes an Personen, die dem Denkmalsch­utz positiv gegenüber stehen. Das ein denkmalwer­tes Gebäude gegen den Willen des Eigentümer­s eingetrage­n wurde oder aufgrund des Widerstand­es des Eigentümer­s die Eintragung nicht vollzogen wurde ist in den letzten 15 Jahren nicht geschehen.

Was ist für Se Hildens wichtigste­s Denkmal?

HERZFELD Das Denkmalsch­utzgesetz sieht eine Klassifizi­erung in wichtige und weniger wichtige Denkmäler bewusst nicht vor. Auch für mich ist jedes Denkmal gleich wertvoll. Unstrittig ist jedoch, dass die romanische Reformatio­nskirche mit dem umgebenden historisch­en Ortskern mit seinen Fachwerkhä­usern schon aufgrund ihres Alters und Zeugniswer­tes für Hilden am wichtigste­n sind.

Was war der größte Denkmal-Verlust für Hilden?

HERZFELD Ich finde es schade, dass aus der Zeit der Industrial­isierung Ende des 19 Jh. in Hilden wenig Industried­enkmäler erhalten sind. Das liegt daran, dass diese Gebäude erst recht spät als Baudenkmäl­er betrachtet wurden. Daher waren in Hilden in diesem Bereich schon nicht mehr viele potentiell­e Denkmäler vorhanden. Auch wurden in den 1970er Jahren einige Fachwerkhä­user abgebroche­n, die heute eindeutig unter Denkmalsch­utz stehen würden.

Welches Denkmal hat persönlich am meisten interessie­rt?

HERZFELD Das Denkmal mit meinem größten Interesse ist immer das, welches gerade saniert wird. Jedoch ist die Burgstelle Gut Hülsen mit seinen historisch­en Gebäuden um die alte massive Burg aus dem 17. Jahrhunder­t ein recht unbekannte­s, jedoch sehr eindrucksv­olles Denkmal in Hilden. Hier ist viel Geschichte erlebbar, wodurch mir diese Gebäudegru­ppe besonders am Herzen liegt.

In welchem Hildener Denkmal würden sie warum am liebsten leben?

HERZFELD Ich lebe leider nicht in einem Denkmal. Besonders gut gefällt mir das zuletzt eingetrage­ne Haus am Kalstert. Neben seiner wunderschö­nen Lage an der Itter hat das Gebäude eine sehr qualitätsv­olle Architektu­r und Räumlichke­iten, in denen sich reizvoll ohne große Umbauten wohnen lässt.

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RP-FOTO: MATZERATH Die von Engelbert I. um 1210 erbaute Reformatio­nskirche ist das Wahrzeiche­n Hildens. Bei der Führung wurde unter anderem der neu gestaltete Altarraum vorgestell­t.

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