Ein Zuhause mit Kunst und Kater
Der Bildhauer Clemens Botho Goldbach lebt in Eller. Am nächsten Wochenende öffnet er sein Atelier bei den „Kunstpunkten“.
Sein neuestes Objekt liegt auf einem Asphaltplatz vor dem Haus. Ein großes Quadrat, dessen Kanten fünf mal fünf Meter messen. Auf den ersten Blick sind Holzleisten in einem Muster zu erkennen – und gelbe Farbe. Kommen einem irgendwie bekannt vor, diese Formen. Aber man muss schon sehr genau hinschauen, um ein Bild zu realisieren, das jeder kennt: das große Geld. Oder genauer das Doppelportal, das unter den Ziffern des 200-Euro-Scheins verewigt ist, nun liegt es da auf dem Boden, dreidimensional und stark vergrößert. So wird bei Clemens Botho Goldbach aus Geld Kunst – nicht umgekehrt.
Für den 39-jährigen Bildhauer ist der Ort, an dem er lebt und arbeitet, ein Glücksfall. Ursprünglich wurden die drei Häuser, die durch ein großes Grundstück wie mit einem grünen Band verbunden sind, als Ersatz-Klassenräume genutzt, als die Dieter-Forte-Gesamtschule in Eller saniert wurde. Danach standen die Gebäude lange leer – bis die Künstler kamen. Im mittleren Gebäude hat sich Goldbach eingerichtet, mit seinem Kater und seiner Kunst. Sein zentrales Thema: Europa. Bei seinen Objekten stellt er infrage, ob der Staatenbund mehr ist als nur noch eine Währungsunion – und setzt sich ganz praktisch mit der Architektur auf den Geldscheinen auseinander. „Das sind fiktive Motive, die europäische Architekturgeschichte zeigen, von der Klassik auf dem Fünf-Euro-Schein, bis zur Moderne auf dem 500-Euro-Schein.“
Fast alle dieser Motive hat er nachgebaut und ausgestellt. „Mich interessiert es, die Architekturmotive plastisch umzusetzen“, wie die zwei Portale auf der 50-er Note, in seiner Arbeit waren sie hoch genug, dass Menschen hindurchgehen könnten. Sie waren auf der „Großen“in Düsseldorf zu sehen und mit über 30 000 Euro teuerstes Objekt der Ausstellung. Das 200-Euro-Portal wird zurzeit in einer Ausstellung in Mannheim ausgestellt. Indem Goldbach dem Architekturmotiv Gestalt gibt, will er auch den Blick darauf lenken, wie fragil die Verbindung der Staaten ist – und jene der zugehörigen Finanzmärkte. Nur in seinen monumentalen Objekten, da ist Europa ganz stabil.
Das gilt auch für die Sterne in der europäischen Flagge, die er in Beton gegossen hat, sie hängen in seinem Wohn-Arbeitsraum an der Wand – mit Lücken, etliche der Objekte sind bereits verkauft. Die Einrichtung dieser drei Räume spiegelt eine grundsätzliche Haltung wider: Nichts wird weggeworfen, fast alles kann wiederverwendet werden. Der weiße Schrank für sein Geschirr stammt aus einem Abrisshaus in Köln, ein Kleiderschrank aus dem Haus der Großeltern, das Bett ist selbst gebaut, ebenso wie das Küchenmobiliar, das Waschbecken hat er auf einer Baustelle gefunden, wie auch die Lampe, die mal ein Baustrahler war. Sein Essund Arbeitstisch hatte eine Vergangenheit in einer Goldschmiede, und der Grafikschrank wurde von einem Archiv ausrangiert. Die rot schimmernden Holzdielen des Fußbodens waren wohl schon immer da. Nur der große Kühlschrank glänzt metallen neu, ein Geschenk seiner Eltern.
Und dazwischen überall Geld. Nein, kein echtes. Aber vergrößerte Kopien von Scheinen, die mal für Objekte verwendet wurden. Und die chinesischen Scheine? Auch keine Zahlungsmittel. Die hat er in einem Chinaladen gekauft und bei einer Aktion verbrannt, um an eine Tradition zu erinnern: Chinesen zünden solche Scheine bei Beerdigungen an, damit die Toten zahlungskräftig bleiben...
Platz zu haben – innen wie außen – ist der große Vorteil dieses Künstler-Domizils etwas abseits von Eller. Außerdem: „Hier gibt es keinerlei Störung, und ich störe auch niemanden mit meiner Arbeit“, sagt Goldbach. Manchmal liest er tagelang keine Mails, ist voll auf seine Objekte konzentriert, arbeitet manchmal über 14 Stunden. „Das ist ein idealer Zustand“, so empfindet der Bildhauer seine Wohnsituation. Dazu zählt wohl auch, dass er rausgehen muss, wenn er Menschen treffen will. „Aber allein zu sein, entspricht eher meinem Naturell.“
Wenn er aus seinen Fenstern schaut, blickt er auf seine selbstgebaute Terrasse und ins Grüne: auf eine Rotbuche, wilde Rosen, Schilf und auf wuchernden Hopfen, Lieblingsplatz seines Katers, der ihm bei der Arbeit im Freien zuschaut – von seinem versteckten Logenplatz aus.