Folgt Botschafter
Donald Trump feuert den Scharfmacher Bolton als Nationalen Sicherheitsberater.
WASHINGTON Donald Trumps Neigung, zur Verbal-Keule zu greifen, lässt bisweilen vergessen, mit welchem Programm er einst angetreten ist. Abgesehen davon, dass er an den Nachkriegsallianzen der USA rüttelte, versprach er etwas wie weltpolitische Bescheidenheit. Den Rückzug aus Konfliktgebieten, den Abschied von der Rolle des Weltpolizisten, die das Land schon unter Barack Obama nicht mehr so recht spielen wollte.
Keine Kriege mehr in der Ferne führen, die Truppen aus Afghanistan nach Hause holen, das waren die Leitplanken. Mit dem Rausschmiss John Boltons, seines Sicherheitsberaters, ist Trump gewissermaßen zum Ausgangspunkt zurückgekehrt – unter erheblichem innenpolitischem Druck. Es sind noch 14 Monate bis zum nächsten Präsidentenvotum, und wenn er Chancen auf die Wiederwahl haben will, muss er Erfolge vorweisen. Natürlich vor allem ökonomische: ein Nichtabrutschen in die drohende Rezession, aber eben auch außenpolitische. Zu nennen wären erstens ein Abzug aus Afghanistan, möglichst verbunden mit einem Friedensschluss am Hindukusch, und zweitens Fortschritte bei der nuklearen Abrüstung Nordkoreas, zumindest realistische Aussichten auf eine solche. Drittens wird er verhindern müssen, dass die von ihm selbst mit dem Ausstieg aus dem Atomabkommen geschürten Spannungen im Verhältnis zum Iran so eskalieren, dass ein Waffengang droht. Bolton, der Scharfmacher, erwies sich bei alledem als Störfaktor.
Im Kern steht er für eine Außenpolitik, die ignoriert, wozu eine Mehrheit der US-Wähler, auch der konservativen, heute bereit ist. Das Debakel im Irak führte zu einer Ernüchterung, die in ihrer Langzeitwirkung noch immer alle Debatten prägt. Bolton wirkt in diesem Umfeld wie ein Relikt aus jener Phase, in der die Hybris eines George W. Bush und seiner neokonservativen Ratgeber das Denken bestimmte. Dass Trump nicht ewig an ihm festhalten würde, lag auf der Hand.
Geholt hat er ihn, im April 2018, weil ihn beeindruckte, wie selbstsicher der ehemalige UN-Botschafter als Kommentator bei Fox News, seinem Lieblingssender, argumentierte. Der Mann schien die Idealbesetzung zu sein, um gegenüber Iranern oder Nordkoreanern den „bad cop“zu spielen, dem er, Trump, gegebenenfalls den Part des „good cop“entgegensetzen konnte. Dass Bolton Drohkulissen aufzubauen verstand, passte eine Weile ins Konzept. Nur meinte er es offensichtlich ernst, wenn er Militärschläge empfahl, während die Androhung bewaffneter Gewalt für Trump wohl nur Teil des Spiels war und ist.
Und nun? Im Weißen Haus gibt es keinen mehr, der Trump Paroli bieten könnte. Außenminister Mike Pompeo gibt mal den Falken, mal die Taube, je nachdem, was sein Vorgesetzter erwartet. Die Generäle, mit denen sich Trump anfangs umgab, hat er in den Ruhestand entlassen. Es gibt niemanden mehr, der seine unorthodoxe Außenpolitik in Bahnen lenken könnte, wie man sie seit 1945 aus langer amerikanischer Tradition kennt. US-Medien berichteten, unter den möglichen Kandidaten sei der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell.