Mehrere Babys mit Fehlbildungen in NRW
In einem Krankenhaus in Gelsenkirchen sind drei Kinder mit fehlgebildeten Händen geboren worden. Auch in Datteln und Euskirchen soll es solche Fälle geben. Die Hintergründe dieser Häufung sind unklar.
GELSENKIRCHEN (seda/dpa) Im Sankt Marien-Hospital im Gelsenkirchener Stadtteil Buer sind zwischen Juni und September drei Neugeborene mit jeweils einer deformierten Hand auf die Welt gekommen. „Fehlbildungen dieser Art haben wir viele Jahre lang nicht gesehen“, teilte Klinik-Sprecher Wolfgang Heinberg mit. „Das mehrfache Auftreten jetzt mag auch eine zufällige Häufung sein. Wir finden jedoch den kurzen Zeitraum auffällig, in dem wir jetzt diese drei Fälle sehen.“In zwei Fällen war die linke Hand betroffen, in einem Fall die rechte. Hebammenvertreterinnen hatten auf die Fälle aufmerksam gemacht.
Bei der Suche nach der Ursache steht die Klinik noch am Anfang. „Wir konnten keine ethnischen, kulturellen oder sozialen Gemeinsamkeiten der Herkunftsfamilien sehen“, teilte Heinberg mit. „Alle Familien wohnen im lokalen Umfeld.“2018 kamen in dem Krankenhaus 1200 Kinder zur Welt.
Durch die Bekanntmachung der drei Fälle ist mindestens ein weiterer Fall bekannt geworden. Im rund 25 Kilometer von Buer entfernten Datteln Sankt Marien-Hospital schreibt. Ursachen für deformierte Hände oder Beine können Infektionen oder so genannten Noxen sein, also zum Beispiel Gifte, Medikamente oder Strahlung. Außerdem können Extremitäten durch die Nabelschnur oder Amnionbänder im Mutterleib abgeschnürt werden.
Die Gelsenkirchener Klinik will die Fälle jetzt in regionalen Qualitätszirkeln der Kinder- und Jugendärzte thematisieren. Auch habe man Kontakt mit Fachleuten der Berliner Charité aufgenommen. Von dort hieß es am Freitag: „Der derzeitige Informationsstand erlaubt weder der Charité noch insbesondere der Embryonaltoxikologie eine inhaltliche Stellungnahme zu diesem Thema.“Auch der Deutsche Hebammenverband lehnte am Freitag eine Stellungnahme ab.
Nach Angaben der Klinik gibt es kein bundesweites Melderegister für Fehlbildungen. Auf Bundesländerebene werden Fehlbildungen beispielsweise in Sachsen-Anhalt erfasst. Dort gibt es das sogenannte Fehlbildungsmonitoring, eine seit 1980 bestehende Einrichtung zur Erfassung von angeborenen Fehlbildungen und Anomalien. Die Institution ist der Medizinischen Fakultät der Universität Magdeburg angegliedert. Nach Beobachtungen dieser Forschungsstelle entfiel im Jahr 2017 auf 1127 Geburten eine sogenannte Reduktions-Fehlbildung von Extremitäten. Im Vergleich zum Zeitraum 2005 bis 2016 sei dies eine Verringerung, hatte das Landessozialministerium im November 2018 berichtet.
„Die Berichte über Fehlbildungen bei Säuglingen müssen wir ernst nehmen“, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Freitag laut einer Mitteilung. „Hierbei helfen allerdings keine Spekulationen. Vielmehr muss den möglichen Ursachen mit der gebotenen Sorgfalt nachgegangen werden.“Neben der Ursachenforschung würden auch die zur Verfügung stehenden Instrumente der Qualitätssicherung greifen. „Mein Ministerium wird beim Krankenhaus einen Bericht anfordern und den Fortgang der Ursachenforschung sehr genau beobachten“, so der Minister.